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Spielberg, Larry Page und J. K. Rowling. 12
Wie die Wissenschaftsjournalistin Winifred Gallagher schreibt: »Das Großartige an einer Veranlagung, mit der man über Sinnesreize nachdenkt, statt sich überstürzt auf sie einzulassen, ist ihre häufige Verknüpfung mit intellektueller und künstlerischer Leistung. Weder E = mc 2 noch Das verlorene Paradies wurden von einem Partylöwen ersonnen.« 13 Selbst bei Tätigkeiten, die weniger introvertiert erscheinen, wie Finanzen, Politik und Bürgerbewegungen, verdanken wir einige der größten Fortschritte den Introvertierten. In diesem Buch werden wir sehen, dass Menschen wie Eleanor Roosevelt, Al Gore, Warren Buffett, Gandhi und Rosa Parks nicht trotz , sondern wegen ihrer Introvertiertheit das erreichten, was sie erreichten.
Doch wie noch zu zeigen sein wird, sind viele der wichtigsten Institutionen des modernen Lebens auf Menschen zugeschnitten, die Spaß an Gruppenprojekten und einem hohen Maß an Stimulation haben. In den Schulen werden die Tische zu Vierecken zusammengeschoben, um bei Kindern das Lernen in der Gruppe zu fördern, und wie Untersuchungen belegen, glaubt die große Mehrzahl der Lehrer, der Idealschüler sei extravertiert. In den heutigen Fernsehserien sind die jungen Stars nicht Kinder von nebenan, sondern Teenage-Rockstars und -Moderatoren von Internetshows mit einer künstlich überhöhten Persönlichkeit wie Hannah Montana, die Jonas Brothers und Carly Shay von »iCarly«.
Als Erwachsene arbeiten viele Menschen in Firmen, die sich Teamarbeit auf die Fahne geschrieben haben; sie haben einen Arbeitsplatz ohne Wände, und ihre Vorgesetzten schätzen vor allem soziale Kompetenzen. Um Karriere zu machen, wird von uns erwartet, dass wir uns selbst ungeniert anpreisen. Die Wissenschaftler, die Forschungsgelder an Land ziehen, haben meist ein selbstsicheres, vielleicht zu selbstsicheres Auftreten. Die Künstler, deren Werke die Wände der modernen Museen zieren, haben gewöhnlich beeindruckende Auftritte bei Vernissagen. Autoren – früher als öffentlichkeitsscheue Spezies akzeptiert – werden inzwischen von den Presseagenten ihrer Verlage gedrillt, wenn ihr Buch veröffentlicht wird, damit sie bei Talkshows eine gute Figur machen. (Sie würden dieses Buch nicht in der Hand halten, wenn ich meinen Verlag nicht davon überzeugt hätte, dass ich genug pseudoextravertierte Anteile in mir habe, um das Buch bekannt zu machen.)
Sind Sie introvertiert, wissen Sie auch, dass die Voreingenommenheit gegen alles Stille einen tiefen psychischen Schmerz hervorrufen kann. Als Kind haben Sie vielleicht zufällig mit angehört, wie Ihre Eltern sich für Ihre Schüchternheit entschuldigt haben. (»Weshalb kannst du nicht ein bisschen mehr wie die Kennedy-Jungs sein?«, bekam ein Mann, den ich interviewte, immer wieder von seinen in den Kennedy-Mythos vernarrten Eltern zu hören.) Oder vielleicht wurden Sie in der Schule aufgefordert, aus »Ihrem Schneckenhaus« zu kommen – eine boshafte Formulierung, die nicht gelten lässt, dass gewisse Menschen so wie auch bestimmte Tiere von Natur aus immer einen Schutz mit sich herumtragen.
»Sämtliche Bemerkungen in meiner Kindheit, denen zufolge ich faul, dumm, langsam und langweilig war, hallen noch immer in mir nach«, schreibt der Teilnehmer eines Internetforums, das sich Introvert Retreat nennt. »Als ich endlich alt genug war, um zu begreifen, dass ich einfach nur zu den Introvertierten gehöre, war die Annahme, etwas stimme grundsätzlich nicht mit mir, schon zu einem Teil von mir geworden. Ich wünschte, ich könnte die Reste dieses Selbstzweifels auffinden und beseitigen.«
Auch als Erwachsener haben Sie vielleicht noch immer Schuldgefühle, wenn Sie eine Einladung zum Abendessen zugunsten eines guten Buches ausschlagen. Oder Sie gehen vielleicht gern allein essen und könnten gut auf die mitleidigen Blicke der anderen Gäste im Restaurant verzichten. Oder man sagt Ihnen, Sie seien zu »kopflastig«, was stillen, intellektuellen Menschen immer wieder vorgeworfen wird.
Natürlich gibt es ein anderes Wort für diese Menschen: Denker.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für Introvertierte ist, sich über ihre eigenen Talente klarzuwerden – und wie sehr es sie stärkt, wenn sie es schließlich tun. Über zehn Jahre habe ich meinen Klienten jeder Art – Anwälten in Firmen und Studenten, Hedgefonds-Managern und Ehepaaren, Führungskräften im Medienbereich und Sozialarbeitern – die Kunst
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