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Titel: B00B5B7E02 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cain
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entnervenden Fans und sogar ohne die Unterstützer des eigenen Teams.
    Der Verhaltensökonom Dan Ariely entdeckte ein ähnliches Phänomen, als er bei einem Experiment 39 Versuchspersonen bat, ein Anagramm zu lösen, entweder allein an ihrem Arbeitsplatz oder während andere zuschauten. 29 Ariely sagte voraus, dass die Versuchspersonen mit Zuschauern besser abschneiden würden, weil sie motivierter wären. Tatsächlich aber zeigten sie schlechtere Leistungen; Zuschauer können zwar motivierend sein, aber sie sind auch ein Stressfaktor.
    Das Problem bei der Bewertungsangst ist, dass man nicht viel dagegen tun kann. Man könnte glauben, dass sie sich mit Willenskraft, Training oder einer Reihe von Regeln für Gruppenprozesse, wie denen von Alex Osborn, überwinden ließe. Doch neueste neurowissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der Gruppendruck viel tiefere und weitreichendere Implikationen hat, als wir bisher dachten.
    Zwischen 1951 und 1956, als Osborn die Macht des Brainstormings in der Gruppe propagierte, führte der Psychologe Solomon Asch eine Reihe von inzwischen berühmten Experimenten über die Gefahren des Gruppeneinflusses durch. 30 Asch lud freiwillige studentische Teilnehmer als Versuchspersonen zu einem Wahrnehmungstest ein. Er zeigte ihnen ein Bild mit drei Linien verschiedener Länge und fragte, wie die Linien sich im Verhältnis zueinander verhielten: welche länger war, welche der Linien einer vierten Linie entsprach und so weiter. Seine Fragen waren so einfach, dass 95 Prozent der Studenten jede Frage korrekt beantworteten.
    Aber als Asch heimlich Schauspieler in die Gruppen einschleuste und alle Schauspieler wie abgesprochen dieselbe falsche Antwort gaben, sank die Anzahl der Studenten, die alle Fragen korrekt beantworteten, auf 25 Prozent. Überwältigende 75 Prozent der Versuchspersonen schlossen sich einer falschen Antwort der Gruppe bei mindestens einer Frage an.
    Die Asch-Experimente zeigten die Macht des Konformismus genau zu der Zeit auf, als Osborn versuchte, Menschen von dessen Ketten zu befreien. Aber was sie nicht erklärten, war, warum Menschen so empfänglich für Konformität sind. Was ging in den Köpfen derjenigen vor, die sich der Gruppenmeinung beugten? Hatte sich ihre Wahrnehmung von der Länge der Linien durch den Gruppendruck geändert, oder gaben sie wissentlich falsche Antworten aus Angst, als Außenseiter zu gelten? Jahrzehntelang rätselten Psychologen über diese Frage.
    Heute kommen wir der Antwort mithilfe der neuesten Technik möglicherweise näher. Im Jahre 2005 beschloss der Neurowissenschaftler Gregory Berns, den wir im vorigen Kapitel kennengelernt haben, eine modernisierte Version von Aschs Experimenten durchzuführen. 31 Berns und sein Team rekrutierten 32 freiwillige Versuchspersonen, Männer und Frauen zwischen 19 und 41 Jahren. Dieses Mal spielten die Versuchspersonen ein Spiel. Den Teilnehmern wurden auf einem Computerbildschirm zwei verschiedene dreidimensionale Objekte gezeigt. Sie sollten entscheiden, ob das erste Objekt, wenn man es entsprechend drehte, mit dem zweiten Objekt übereinstimmte. Bei den Experimenten wurden MRT-Scans vom Gehirn der Versuchspersonen gemacht, als sie entweder mit der Gruppenmeinung konform gingen oder ihr widersprachen.
    Die Resultate waren erschreckend und erhellend zugleich. Zum einen stützten sie Aschs Untersuchungsergebnisse. Als die Versuchspersonen allein spielten, gaben sie nur in 13,8 Prozent der Fälle eine falsche Antwort. Aber als sie mit einer Gruppe spielten, deren Mitglieder einhellig falsche Antworten gaben, stimmten sie der Gruppe in 41 Prozent der Fälle zu.
    Aber Berns Studie warf zum anderen auch ein Licht darauf, warum wir solche Konformisten sind. Als die Versuchspersonen allein spielten, zeigten die Gehirn-Scans Aktivitäten in einem Netzwerk von Hirnarealen, die mit visueller und räumlicher Wahrnehmung in Verbindung stehen, unter anderem im Hinterhauptkortex und im Parietalkortex sowie im Frontalkortex, der mit bewussten Entscheidungen verknüpft ist. Aber als sich die Versuchspersonen der falschen Antwort der Gruppe anschlossen, zeigte ihre Hirnaktivität ein ganz anderes Bild.
    Wie schon erwähnt, wollte Asch wissen, ob Menschen sich anpassten, auch wenn sie wussten, dass die Gruppe unrecht hatte, oder ob ihre Wahrnehmung durch die Gruppe tatsächlich verändert worden war. Sollte Ersteres stimmen, so überlegten Berns und sein Team, dann müssten sie eine stärkere Hirnaktivität in dem mit

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