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B00BOAFYL0 EBOK

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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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von 100 Dollar gehandelt und jemand gibt mir das Recht (aber nicht die Pflicht), sie von heute ab gerechnet in einem Monat für 110 Dollar zu kaufen. Das wird als Kaufoption bezeichnet. Für mich ist es nur sinnvoll, die Option auszuüben (also den Verkäufer der Option zu bitten, mir die Aktie zu 110 Dollar zu liefern), wenn sie in einem Monat zu einem höheren Kurs als 110 Dollar gehandelt wird. Wenn der Kurs der Aktie auf 120 Dollar steigt, ist meine Option 10 Dollar wert, denn ich kann die Aktie für 110 Dollar kaufen und sie an der Börse für 120 Dollar verkaufen. Die Differenz ist mein Gewinn. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das geschieht, ist nicht sehr groß. Die Option ist »aus dem Geld«, weil ich keinen Gewinn erziele, wenn ich sie sofort ausübe.
    Nehmen wir an, ich kaufe die Option für einen Dollar. Welchen Wert hat die Option meinen Erwartungen zufolge in einem Monat? Die meisten Menschen glauben, der Wert sei null. Das stimmt aber nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Option bei Fälligkeit einen Wert von null hat, ist zwar hoch (sagen wir einmal 90 Prozent), aber sie könnte auch mit vielleicht 10-prozentiger Wahrscheinlichkeit im Durchschnitt 10 Dollar wert sein. Daher streicht der Verkäufer keinen kostenlosen Gewinn ein, wenn er mir die Option für einen Dollar verkauft. Wenn der Verkäufer stattdessen die Aktie selbst zu 100 Dollar gekauft und einen Monat gewartet hätte, wäre es ihm möglich gewesen, sie für 120 Dollar zu verkaufen. Das bedeutet, dass der Gewinn von einem Dollar wohl kaum ohne Kosten erzielt wurde. Auch der Kauf einer Option ist kein Kapitalverzehr. Selbst Profis lassen sich täuschen. Der Grund dafür: Sie verwechseln den erwarteten Wert und das wahrscheinlichste Szenario (der erwartete Wert liegt bei einem Dollar und das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die Option einen Wert von null hat). Sie geben dem wahrscheinlichsten Zustand, nämlich dass die Börse sich gar nicht bewegt, im Geiste eine übermäßig hohe Gewichtung. Die Option ist einfach der gewichtete Durchschnitt der möglichen Zustände, die das zugrunde liegende Wertpapier annehmen kann.
    Der Verkäufer einer Option kann sich noch auf andere Weise ein Gefühl der Befriedigung verschaffen. Es resultiert aus dem stetigen Ertrag und dem Gefühl, kontinuierlich eine Belohnung zu erhalten – was Psychologen als Flow bezeichnen. Es ist sehr angenehm, morgens in der Erwartung zur Arbeit zu gehen, eine kleine Wertsteigerung verzeichnen zu können. Man muss schon sehr charakterfest sein, um mit der Erwartung leben zu können, dass man ein bisschen bluten und kontinuierlich ein paar Cent verlieren muss, selbst wenn sich die Strategie längerfristig definitiv auszahlen wird. Mir ist aufgefallen, dass nur wenige Optionshändler eine Position aufrechterhalten können, die ich als »long volatility« bezeichne: Sie werden bei Fälligkeit höchstwahrscheinlich einen kleinen Betrag verlieren, können aber langfristig aufgrund gelegentlicher Schübe mit einem Gewinn rechnen. Wie ich feststellte, ist kaum jemand bereit, an den meisten Fälligkeitsterminen einen Dollar zu verlieren und ab und zu 10 Dollar zu verdienen, selbst wenn das Spiel gerecht wäre (wenn man also in mehr als 10 Prozent aller Fälle 10 Dollar gewinnen würde).
    Meiner Ansicht nach kann man Optionshändler in zwei Kategorien unterteilen: Prämienverkäufer und Prämienkäufer. Erstere (die auch Optionsverkäufer genannt werden) verkaufen Optionen und machen im Allgemeinen regelmäßige Gewinne, wie John, mit dem wir uns in Kapitel 1 und 5 beschäftigten. Prämienkäufer tun das Gegenteil. Börsianer sagen, Optionsverkäufer würden wie Spatzen essen und Haufen wie Elefanten machen. Leider sind die meisten Optionshändler, die mir im Laufe meiner Karriere untergekommen sind, Prämienverkäufer – und ihren Blow-up erleben sie zumeist mit dem Geld anderer Leute.
    Wie können sich Profis, die angeblich die dahinter stehende (einfache) Mathematik verstehen, sich in eine solche Lage bringen?. Wie an früherer Stelle beschrieben, wird unser Handeln nicht von den rational bestimmten Regionen unseres Gehirns gelenkt. Wir denken mit unseren Gefühlen, daran führt kein Weg vorbei. Daher lassen sich auch ansonsten rationale Wesen von Zigaretten verfuhren oder wagen Kämpfe, die ihnen keinen unmittelbaren Nutzen bringen. Aus dem gleichen Grund verkaufen Händler Optionen, selbst wenn sie wissen, dass dies für sie nicht vorteilhaft ist. Aber es kann noch

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