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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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wenigen Minuten Sendezeit über ihre Hypothesen auszulassen. Häufig sieht man respektable Personen, die lächerliche (aber ungemein clever klingende) Behauptungen über Eigenschaften der Finanzmärkte aufstellen. Einige dieser Thesen verstoßen eklatant gegen die Wahrscheinlichkeitsregeln. Eines Sommers, als ich gewissenhaft ins Fitnessstudio ging, hörte ich häufig Aussagen wie diese: »Der reale Markt liegt nur 10 Prozent unter seinen Höchstständen, während die durchschnittliche Aktie 40 Prozent unter ihrem Hoch schloss.« Dies wurde als Anzeichen für gravierende Störungen oder Anomalien gewertet – ein Vorbote einer Baisse.
    Die Tatsache, dass die durchschnittliche Aktie 40 Prozent unter ihrem Hoch liegt, ist keineswegs unvereinbar mit der Aussage, dass der Durchschnitt aller Aktien (also der Markt) 10 Prozent unter seinen Höchstständen liegt. Man muss bedenken, dass die einzelnen Titel nicht alle gleichzeitig ihre Höchstkurse erreichten. Da Aktien nicht hundertprozentig miteinander korrelieren, könnte Aktie A ihr Hoch im Januar erreichen und Aktie B im April, aber der Durchschnitt der beiden Aktien A und B irgendwann im Februar. Ferner kann es bei negativ miteinander korrelierenden Aktien vorkommen, dass Aktie A genau zu dem Zeitpunkt ihren Höchststand erreicht, zu dem Aktie B auf ein Rekordtief gefallen ist. Dann könnte der Durchschnitt der beiden Aktien 40 Prozent unter seinem Hoch liegen, während der Aktienmarkt ein Rekordniveau erreicht! Ein Wahrscheinlichkeitsgesetz, das die Verteilung der Höchstwerte von Zufallsvariablen beschreibt, besagt, dass der Höchstwert eines Durchschnitts grundsätzlich weniger starken Schwankungen unterworfen ist als der durchschnittliche Höchstwert.

Sie sind eigentlich bereits tot
    Das erinnert mich an eine weitere häufige Verletzung der Wahrscheinlichkeitsregeln durch die Finanzexperten, die ihre Ansichten zur besten Sendezeit zum Besten geben und vermutlich wegen ihres Aussehens, Charismas und Präsentationsgeschicks gewählt wurden, aber sicherlich nicht wegen ihres Scharfsinns. Ein Trugschluss, den ich häufig bei einer prominenten Dame und renommierten Börsenmoderatorin beobachtete, lautete wie folgt: »Der Durchschnittsamerikaner hat eine Lebenserwartung von 73 Jahren. Wenn Sie also 68 Jahre alt sind, können Sie erwarten, noch fünf Jahre zu leben, und sollten entsprechend planen.« Dann gab sie präzise Empfehlungen ab, wie jemand für einen Zeithorizont von fünf Jahren investieren sollte. Was aber, wenn Sie 80 Jahre alt sind? Beträgt dann Ihre Lebenserwartung minus sieben Jahre? Diese Journalisten verwechseln hier die konditionale und unkonditionale Lebenerwartung. Bei Ihrer Geburt kann Ihre unkonditionale Lebenserwartung 73 Jahre betragen. Je älter Sie aber werden, desto mehr erhöht sich auch Ihre Lebenserwartung im Laufe Ihres Lebens. Der Grund: Andere sterben und nahmen so Ihren Platz in der Statistik ein, denn die Erwartung entspricht dem Durchschnitt. Wenn Sie also 73 Jahre alt sind und sich guter Gesundheit erfreuen, könnten Sie immer noch vielleicht neun Jahre erwarten. Aber die Erwartung würde sich ändern, und im Alter von 82 Jahren hätten Sie noch weitere fünf Jahre – vorausgesetzt natürlich, Sie sind immer noch am Leben. Selbst ein 100-Jähriger hat noch eine positive konditionale Lebenserwartung. Wenn man darüber nachdenkt, so unterscheidet sich diese Aussage nicht sonderlich von folgender: Unsere Operation hat eine Sterblichkeitsrate von einem Prozent. Bisher haben wir 99 Patienten mit großem Erfolg operiert. Sie sind unser hundertster Patient. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie auf dem OP-Tisch sterben werden, beträgt also 100 Prozent.
    TV-Börsenmoderatoren mögen einige Menschen verwirren. Das ist einigermaßen harmlos. Weitaus besorgniserregender ist jedoch der Informationsfluss von Laien zu Profis, und daher werden wir uns als Nächstes den Journalisten zuwenden.

Die Bloomberg-Erklärungen
    Auf meinem Schreibtisch steht ein Gerät, das als Bloomberg ™ bezeichnet wird (nach dem legendären Unternehmensgründer Michael Bloomberg). Es erfüllt vielfältige Aufgaben: sicherer E-Mail-Dienst, Nachrichtenticker, Zugang zu historischen Daten, Chartsystem und wertvolles Analyseinstrument. Nicht zuletzt ist es mit einem Monitor ausgestattet, auf dem Kurse von Wertpapieren und Währungen angezeigt werden. Ich bin so süchtig nach meinem Bloomberg, dass ich ohne ihn gar nicht arbeiten kann, da ich mich dann von der Welt

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