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Nachahmung: Vgl. Dugatkin (2001).
Evolution und kleine Wahrscheinlichkeiten: Hauptsächlich ein probabilistisches Konzept. Lässt es sich vom Zufall täuschen? Könnten die Schwächsten überleben? Ein vorherrschender Zweig des Darwinismus, der so genannte naive Darwinismus, vertritt die Auffassung, dass jede Spezies beziehungsweise deren Angehörige, die zu einem bestimmten Zeitpunkt dominant ist, von der Evolution ausgewählt wurde, weil sie einen Vorteil gegenüber anderen aufweist. Dies führt zu einem häufigen Missverständnis lokaler und globaler Optima, vermischt mit der Unfähigkeit, sich des Glaubens an das Gesetz der kleinen Zahlungen zu entledigen (Überinferenzen aus kleinen Datensätzen). Angenommen, zwei Personen verbringen ein Wochenende in einem Zufallsumfeld, etwa in einem Spielkasino. Einer der beiden wird erfolgreicher sein. Für einen naiven Beobachter besitzt der Erfolgreichere einen Überlebensvorteil gegenüber dem anderen. Wenn er größer ist oder ein Merkmal aufweist, das ihn vom anderen unterscheidet, wird dieses vom naiven Beobachter als Erklärung für die unterschiedliche Stärke interpretiert. Manche Menschen verfahren bei Börsenhändlern ebenso – sie lassen sie in einem formalen Wettbewerb gegeneinander antreten. Die naive evolutionäre Denkrichtung postuliert auch die »Optimalität« der Auswahl. Der Begründer der Sozialbiologie stimmt bezüglich seltener Ereignisse nicht mit einer solchen Optimalität überein. E.O. Wilson (2002) schreibt: »Das menschliche Gehirn entwickelte sich offensichtlich so weiter, dass es sich emotional nur auf einen kleinen geografischen Raum, eine begrenzte Verwandtschaftsgruppe und zwei oder drei Generationen in die Zukunft verpflichtet. Im darwinistischen Sinne ist es elementar, weder zeitlich noch räumlich den Blick zu weit schweifen zu lassen. Wir neigen von Natur aus dazu, entfernte Möglichkeiten zu ignorieren, die noch keine Analyse erfordern. Man sagt, dies entspräche einfach dem gesunden Menschenverstand. Warum denken Menschen so kurzsichtig?
Aus einem einfachen Grund: Es ist ein fester Bestandteil unserers paläolithischen Erbes. Seit Hunderten von Jahrtausenden lebten diejenigen, die innerhalb einer kleinen Gruppe von Verwandten und Freunden auf kurzfristige Gewinne hinarbeiten, länger und hinterließen mehr Nachkommen – selbst wenn ihr kollektives Streben zum Zusammenbruch ihrer Stammesfürsten und Reiche führte. Eine langfristige Perspektive, die ihre entfernten Nachkommen gerettet hätte, erforderte einen instinktiv schwer zu mobilisierenden Weitblick und erweiterten Altruismus.«
Siehe auch Miller (2000): »Evolution ist nicht vorausblickend. Ihr fehlt der langfristige Weitblick der Geschäftsleitung von Arzneimittelfirmen. Eine Spezies kann kein Risikokapital zur Bezahlung ihrer Rechnungen beschaffen, während ihr Forschungsteam [...] Jede Spezies muss in jeder Generation biologisch profitabel bleiben, sonst stirbt sie aus. Arten haben immer Liquiditätsprobleme, die spekulative Investitionen in ihre Zukunft verhindern. Genauer gesagt, jedes Gen, das einer potenziellen Neuerung zugrunde liegt, muss eine höhere evolutionäre Ausbeute hervorbringen als konkurrierende Gene, bevor sich die Neuerung überhaupt weiterentwickelt. Damit werden Neuerungen schwer erklärbar.«
Kapitel 6
Genarrt durch negative Schiefe: Erste Erklärungsansätze für die Beliebtheit eines negativ verzerrten Nutzens sind in der frühen Literatur zum Verhalten unter Unsicherheit in Form des »Problems der kleinen Zahl« zu finden. Tversky & Kahneman (1971) schreiben: »Wir behaupten, dass Menschen eine nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Stichprobe aus einer Population als höchst repräsentativ betrachten, d. h. in allen wesentlichen Eigenschaften einer Population ähnlich.« Daraus folgt der induktive Trugschluss: übermäßiges Vertrauen in die Fähigkeit, allgemeine Merkmale aus beobachteten Fakten abzuleiten, »ungebührliches Vertrauen in frühe Trends«, die Stabilität der beobachteten Muster und die Ableitung von Schlussfolgerungen mit mehr Konfidenz, als angesichts der Daten gerechtfertigt wäre. Am schlimmsten ist, dass der Proband kausale Erklärungen oder vielleicht distributive Eigenschaften findet, die seine unangemessene Verallgemeinerung bestätigen. Es ist leicht einzusehen, dass die »kleinen Zahlen« von der Schiefe verschlimmert werden, da der beobachtete Mittelwert sich die meiste Zeit über vom wahren Mittelwert unterscheidet
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