Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
B00BOAFYL0 EBOK

B00BOAFYL0 EBOK

Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
Vom Netzwerk:
Wirtschaftsvertreter. Im Gegensatz zu mir (ich kann ungemein kränkend werden, wenn jemand mit plumper Aufgeblasenheit bei mir aneckt) zeichnet sich Nero unter solchen Umständen aber durch eine sanfte Distanziertheit aus.
    Also wechselte Nero in den so genannten Eigenhandel. Hier werden Händler als unabhängige Einheiten organisiert – als interne Fonds mit ihrer eigenen Kapitalzuweisung. Man lässt ihnen freie Hand, vorausgesetzt natürlich, ihre Ergebnisse stellen das Topmanagement zufrieden. Der Name »Eigenhandel« rührt daher, dass sie mit dem Eigenkapital des Unternehmens arbeiten. Zum Jahresende erhalten sie sieben bis zwölf Prozent der erwirtschafteten Gewinne. Eigenhändler genießen alle Vorteile einer selbstständigen Tätigkeit, ohne sich mit den profanen Einzelheiten eines eigenen Unternehmens belasten zu müssen. Sie können ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen, nach Lust und Laune reisen und sich allen möglichen persönlichen Interessen widmen. Für einen Intellektuellen wie Nero, der manuelle Arbeit verabscheut und außerplanmäßige Meditationen liebt, ist das ein Paradies. Er ist inzwischen seit zehn Jahren im Eigenhandel tätig und wird von zwei verschiedenen Wertpapierhandelsfirmen beschäftigt.

Modus operandi
    Ein paar Worte zu Neros Methoden. Bei seinen Transaktionen ist er so konservativ, wie man in einem solchen Geschäft nur sein kann. In der Vergangenheit hatte er gute und weniger gute Jahre – aber praktisch keine wirklich »schlechten«. Im Laufe der Zeit hat er für sich einen hübschen Notgroschen beiseite gelegt, dank eines Einkommens zwischen 300 000 Dollar und bis zu 2,5 Millionen Dollar. Im Durchschnitt konnte er einen Nettoverdienst von 500 000 Dollar jährlich mit nach Hause nehmen (aus einem Gehalt von durchschnittlich einer Million Dollar); diesen Betrag zahlt er direkt auf sein Sparkonto ein. 1993 hatte er ein schlechtes Jahr, worauf man ihm in seinem Unternehmen das Leben schwer machte. Andere Händler schnitten deutlich besser ab. Folglich wurde ihm erheblich weniger Kapital zur Verfügung gestellt, und es wurde ihm angedeutet, dass er in dieser Organisation nicht mehr erwünscht sei. Also suchte er sich genau den gleichen Job einschließlich eines identisch eingerichteten Büros bei einer anderen Firma, die ihm freundlicher gesonnen war. Im Herbst 1994 setzten die Händler, die um die Auszeichnung für die beste Performance wetteiferten, aufgrund des internationalen Rentenmarktcrashs im Gefolge der willkürlichen Zinserhöhungen der US-Notenbank alle gleichzeitig ihre Investments in den Sand. Inzwischen sind sie alle nicht mehr an der Börse tätig, sondern erfüllen eine Vielzahl anderer Aufgaben. Die Mortalität in diesem Geschäft ist hoch.
    Warum ist Nero nicht reicher? Aufgrund seines Ansatzes im Börsenhandel – oder vielleicht wegen seiner Persönlichkeit. Risiken verabscheut er geradezu. Neros Ziel besteht nicht in der Maximierung seiner Gewinne; vielmehr möchte er vermeiden, dass man ihm diese amüsante Geldmaschine namens Börsenhandel wegnimmt. Ein Fiasko würde bedeuten, dass er wieder in die Langeweile des universitären Lebens oder der Welt außerhalb des Börsenhandels zurückkehren muss. Wenn seine Risiken steigen, hält er sich jedes Mal das Bild stiller Korridore an der Hochschule vor Augen – und die langen Vormittage, die er an seinem Schreibtisch mit der Überarbeitung eines Artikels verbrachte, wach gehalten von schlechtem Kaffee. Nein, er will nicht wieder zurück in die ehrwürdige Universitätsbibliothek, wo er sich fast zu Tode langweilte. »Ein langes Leben ist mein Ziel«, pflegt er zu sagen.
    Nero hat oft miterlebt, wie Händler mit Pauken und Trompeten untergingen, und will selbst ein solches Desaster vermeiden. Im Fachjargon nennt man so etwas einen »Blow-up«, und dieser Begriff ist ganz präzise definiert: Es bedeutet, dass ein Händler mehr Geld verliert, als man jemals erwartet hätte, so dass er unter Umständen sogar gezwungen wird, seinen Beruf an den Nagel zu hängen (so ähnlich, als würde einem Arzt oder Rechtsanwalt die Zulassung entzogen). Nero zieht sich bei einem im Voraus definierten Verlust sofort aus einer Transaktion zurück. Er verkauft niemals »ungedeckte Optionen« (eine Strategie, die ihn großen potenziellen Verlustrisiken aussetzen würde). Er bringt sich niemals in Situationen, in denen er mehr als beispielsweise 1 000 000 Dollar verlieren kann – auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines solchen

Weitere Kostenlose Bücher