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Ereignisses noch so gering sein mag. Dieser Betrag ist stets variabel; er hängt vom kumulierten Gewinn ab, den er in einem bestimmten Jahr erzielt hat. Wegen seiner Risikoaversion kann er nicht so viel Geld verdienen wie andere Händler an der Wall Street, die oft als »Herren des Universums« bezeichnet werden. Die Firmen, für die er arbeitet, stellen im Allgemeinen Händlern mit einem anderen Ansatz als Nero mehr Geld zur Verfügung – Menschen wie John, den wir gleich noch kennen lernen werden.
Nero macht es nichts aus, kleine Summen zu verlieren. »Ich nehme kleinere Verluste gerne in Kauf«, sagt er. »Ich muss nur sicherstellen, dass meine Gewinne hoch sind.« Unter keinen Umständen will er Opfer jener seltenen Ereignisse werden wie panikartiger Verkaufswellen oder plötzlicher Börsencrashs, die einen Händler über Nacht ruinieren können. Ganz im Gegenteil: Er will davon profitieren. Wenn er gefragt wird, warum er sich so konsequent von Verlustbringern trennt, antwortet er mit schöner Regelmäßigkeit, er sei »beim größten Hasenfuß von allen« in die Lehre gegangen – dem Chicagoer Händler Stevo, der ihm das Geschäft von der Pike auf beibrachte. Das stimmt nicht; die eigentlichen Gründe für seine Vorsicht sind seine Ausbildung in der Wahrscheinlichkeitslehre und seine angeborene Skepsis.
Es gibt einen weiteren Grund, weshalb Nero nicht so reich ist wie andere in seiner Position. Aufgrund seiner Skepsis legt er sein eigenes Geld ausschließlich in Staatsanleihen an. Daher verpasste er die große Hausse der neunziger Jahre. Als Grund dafür gibt er an, dass sie sich in eine Baisse hätte umkehren und als Falle erweisen können. Nero argwöhnt, dass der Aktienmarkt eine Art Investmentbetrug sein könnte, und kann sich nicht dazu durchringen, eine einzige Aktie zu kaufen. Im Unterschied zu den Menschen um ihn herum, die mit Aktien reich wurden, hatte er hohe liquide Mittel, aber der Wert seines Vermögens kletterte – im Gegensatz zu den Depots anderer – nicht in Schwindel erregende Höhe (der Wert seiner Staatsanleihen hat sich kaum verändert). Er sieht sich als Gegensatz zu einer der Start-up-Firmen aus dem Technologiesektor, die einen deutlich negativen Cashflow auswiesen, aber zum Liebling der Massen wurden. Die Eigentümer dieser Firmen definierten ihren Reichtum über die Bewertung ihrer Aktien und waren somit abhängig von der willkürlichen Auswahl der Börsengewinner. Der Unterschied zu seinen Freunden in der Investmentzunft besteht darin, dass Nero sich nicht auf den »Bullenmarkt« verließ und ein »Bärenmarkt« ihm somit auch keinerlei Angst einjagt. Sein Vermögen ist nicht von der Anlage seiner Ersparnisse abhängig, denn reich werden will er nicht durch Investments, sondern durch den von ihm erarbeiteten Verdienst. Bei seinem Ersparten geht er kein Risiko ein, sondern legt es in den sichersten Wertpapieren an, die er finden kann. US-Staatsanleihen sind sicher; sie werden von der amerikanischen Regierung emittiert, und eine Regierung kann wohl kaum bankrott gehen, da sie zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten ungehindert ihr eigenes Geld drucken kann.
Keine Arbeitsmoral
Nach 14 Jahren im Geschäft kann der heute 39-jährige Nero von sich behaupten, er sei gut etabliert. Sein persönliches Depot enthält mittelfristige US-Staatsanleihen im Wert von mehreren Millionen Dollar – genug, um sich keine Sorgen um die Zukunft machen zu müssen. Was ihm am Eigenhandel am besten gefällt, ist die Tatsache, dass er dafür weitaus weniger Zeit aufwenden muss als für andere hoch bezahlte Berufe. Anders ausgedrückt: Diese Tätigkeit ist wie geschaffen für seine Arbeitsmoral, die rein gar nichts mit den Werten der Mittelklasse gemein hat. Börsenhändler sind gezwungen, scharf nachzudenken; wer einfach nur hart arbeitet, verliert im Allgemeinen seine Fokussierung und seine geistige Dynamik. Darüber hinaus werden die hart arbeitenden Menschen gern zu Spielbällen des Zufalls; Nero zufolge verleitet die Arbeitsmoral die Menschen dazu, sich nur noch auf die Nebengeräusche und nicht mehr auf die Signale zu konzentrieren (in der Bedeutung, die wir in Tabelle 1 gesehen haben).
In seiner Freizeit kann Nero einer Vielzahl persönlicher Interessen nachgehen. Da er Bücher geradezu verschlingt und viel Zeit im Fitnessstudio und in Museen verbringt, kann er sich nicht mit den Arbeitszeiten eines Rechtsanwalts oder eines Arztes anfreunden. Er fand die Zeit, zur statistischen Fakultät
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