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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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machen (erinnern Sie sich an den Abschnitt Die Herdplatte ist heiß in Kapitel 3). Nur Selbstentdecktes bleibt mir im Gedächtnis haften.
    Eine Ausnahme bilden hier die Thesen von Sir Karl, die ich über die Schriften des Börsenhändlers und selbst erklärten Philosophen George Soros entdeckte (oder wiederentdeckte). Soros scheint es als eine seiner Aufgabe im Leben zu sehen, für Karl Popper die Werbetrommel zu rühren. Was ich von George Soros gelernt habe, entspricht möglicherweise nicht ganz dem, was er uns beibringen wollte. Mit seinen Ausführungen zum Thema Wirtschaft und Philosophie stimmte ich nicht überein. Obwohl ich ihn sehr bewundere, teile ich die Meinung berufsmäßiger Denker, dass philosophische Spekulationen nicht zu Soros’ Stärken gehören. Dennoch sieht er sich selbst als Philosoph – was ihn in mehr als einer Hinsicht liebenswert macht. In seinem ersten Buch Die Alchemie der Finanzen scheint er einerseits Thesen zur wissenschaftlichen Erklärung zu erörtern, indem er komplexe Etiketten wie »deduktiv-nomologisch« einstreut. Das ist immer suspekt, weil es an postmoderne Autoren erinnert, die sich durch komplizierte Referenzen als Philosophen und Wissenschaftler aufspielen. Andererseits versteht er seine Begrifflichkeiten offenbar nicht gut. Beispielsweise führt er ein »Handelsexperiment« durch, wie er es nennt, und impliziert anhand des Erfolgs dieser Transaktion, dass die dahinter stehende Theorie schlüssig war. Das ist grotesk: Ich könnte durch Würfeln meinen religiösen Glauben beweisen und positive Ergebnisse als Beweis für die Richtigkeit meiner Thesen werten. Die Tatsache, dass Soros’ spekulatives Portfolio einen Gewinn abwarf, beweist sehr wenig. In einem vom Zufall geprägten Umfeld kann man aus einem einzigen Experiment nicht viel folgern – Kausalkomponenten setzen seine Wiederholbarkeit voraus. Zweitens stellt Soros die Ökonomie pauschal an den Pranger, was durchaus gerechtfertigt sein mag, doch hat er hier seine Hausaufgaben nicht gemacht. So schreibt er etwa der Kategorie, in die er »Volkswirtschaftler« steckt, den Glauben zu, dass sich alles auf ein Gleichgewicht zubewegt. Dies gilt jedoch nur für einige neoklassische Ökonomen. Es gibt eine ganze Reihe von Wirtschaftstheorien, die davon ausgehen, dass die Abkehr von einem Preisniveau zu weiteren Abweichungen und kaskadenartigen Feedback-Schleifen führen kann. Dieser Effekt wurde recht gründlich untersucht, etwa in der Spieltheorie (in den Arbeiten von Harsanyi und Nash) oder in der Informationsökonomie (in den Studien von Stiglitz, Akerloff und Spence). Alle Volkswirtschaftler über einen Kamm zu scheren zeugt von einer gewissen Ungerechtigkeit und mangelnder Präzision.
    Trotz – oder vielleicht gerade wegen – einiger unsinniger Ausführungen in seinen Schriften, mit denen er sich wahrscheinlich überzeugen wollte, dass er nicht einfach nur ein Händler war, erlag ich dem Charme dieses Ungarn, der sich – wie ich selbst – dafür schämt, ein Händler zu sein und es vorzieht, seine Börsentransaktionen als beiläufiges Anhängsel seines intellektuellen Lebens zu betrachten, selbst wenn seine Essays nicht viel Gelehrsamkeit enthalten. Menschen mit viel Geld beeindruckten mich noch nie (und im Laufe meines Lebens habe ich viele getroffen), und sie geben auch bestimmt kein gutes Vorbild für mich ab. Möglicherweise stellt sich ja sogar die gegenteilige Wirkung ein: Im Allgemeinen finde ich die Reichen abstoßend, was meist auf den Heldenkult zurückzuführen ist, der in der Regel mit jenen getrieben wird, die rasch zu Kapital gekommen sind. Soros war anscheinend der Einzige, der meine Wertvorstellungen teilte. Er wollte ernst genommen werden als mitteleuropäischer Professor, der reich geworden war, weil seine Thesen sich als richtig erwiesen hatten (erst als ihm die Akzeptanz anderer Intellektueller versagt blieb, versuchte er, durch sein Geld eine dominierende Position zu erreichen – ähnlich wie ein Freier, der nach vergeblichem Werben sich Beiwerk wie einen roten Ferrari zulegt, um die Dame seines Herzens für sich zu gewinnen). Außerdem weiß Soros, wie man mit dem Zufall umgehen muss, auch wenn er in seinen Abhandlungen nichts Sinnvolles zu Papier brachte: Mit kritischem, wachem Verstand scheut er sich nicht, seine Meinungen zu ändern, ohne sich groß dafür zu schämen (eine Nebenwirkung davon ist, dass er Menschen urplötzlich fallen lassen kann). Er erzählte jedem, dass er fehlbar

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