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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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eine Kuriertasche in der Hand.
    »Den Friseurtermin habe ich schon ausgemacht. Um elf bist du dran.«
    »Friseurtermin?«
    »Liebste Sam! Du hast Monate für die Ausstellung geschuftet. Ein bisschen Glamour hast du dir verdient!« Aus ihrer Kuriertasche holt Luna eine Flasche Moët et Chandon.
    »Hast du deine Lebensversicherung ausgezahlt bekommen?«, witzelt Sam überrascht.
    »Stell sie in den Kühlschrank. Zuerst ist Anprobe.«
    Luna hat ein Matrosenkleid geschneidert. Es ist eng bis zu den Hüften, mit tief sitzendem Rock, erinnert ein wenig an die Charlston-Kleider aus den 20ern. Der Stoff changiert in einem tiefen Ultramarinblau mit leicht violettem Glanz. Der Saum am Ausschnitt und auf dem Überschlag am Rücken ist im Kreuzstich bestickt; in Weiß. Auch diese Farbe wechselt, wenn das Licht über das Kleid streicht. Von Weiß zu Hellgrau.
    »Luna!« Sam ist hin und weg. »Wann hast du …«
    »Wir haben uns doch gegenseitig die Maße genommen, um die Prototypen für die Frankfurter Bestellung auf unsere Größen zu schneidern!« Luna lacht breit. »Clever von mir eingefädelt, wie?«
    Sam grinst. »Clever ist gar kein Ausdruck. Richtig heimtückisch bist du.«
    »Zieh an!«
    Sam schlüpft aus ihren Klamotten. Sie streift das Kleid über.
    »Sitzt wie angegossen!«
    »Von wegen.« Kritisch zupft Luna an dem Stoff. »Hier müssen wir den Abnäher ein bisschen tiefer setzen. Ansonsten … schenk mir ein Lächeln.«
    »Das ist schwerer als gedacht!« Sam kommen die Tränen. Eilig tritt sie vor den Spiegel im Schlafzimmer, um sich in voller Größe zu bewundern. Trotzdem rinnen ihr die Tränen über die Wangen, heiß und salzig bleiben sie in ihren Mundwinkeln hängen.
    Luna nimmt sie in die Arme. »Pass auf, Süße. Mag die Welt auch zusammenbrechen: Zieh dir wenigstens die Lippen nach und leg die Perlenkette an.«
    »Ich habe keine Perlenkette.«
    »Hm«, macht Luna.
    Sam will sich zusammenreißen. »Luna, das Kleid ist phänomenal. Aber wofür ist es schon gut? Für diese verdammte Vernissage, die bigotten Kunstfreaks und meine durchgeknallte Familie?«
    »Unsinn. Für dich selbst. Vielleicht ist der eine oder andere Vertreter der Gattung Mensch dabei, den du gerne siehst.«
    Sam wendet sich von ihrem Spiegelbild ab. Ein verheultes Gesicht passt nicht zu dem Kleid.
    »Du brauchst noch richtig elegante Schuhe. Habe deine Größe in meinem Lieblingsladen zur Auswahl mitgenommen. Was nicht passt, geben wir zurück.«
    »Jetzt mach mal einen Punkt!«
    »Du hast gar keinen Vorschuss gekriegt für das Frankfurter Projekt«, schmunzelt Luna. »Das Garantiehonorar kommt also in Klamotten.« Sie kippt den Inhalt ihrer Kuriertasche aus. Drei Paar Schuhe fallen heraus. Ein Paar dunkelblaue Ballerinas, die Luna selbst sofort beiseite stellt, ein Paar klassische Pumps in Schwarz, und schließlich ein Paar hellgraue Sandalen mit dicken Sohlen und merklichem Absatz, die mit einem seidenen Band an den Fesseln befestigt werden. »Die sind meine Favoriten. Zieh an.«
    Sam setzt sich aufs Bett. Sie beißt sich auf die Unterlippe, wünscht die Tränen zum Teufel. Die Sandalen passen.
    »Famos!« Luna reibt sich die Hände. »Dein Haar kriegt eine Tönung in Honigblond, oder was Blasseres, Silbriges, mal sehen. Du wirst schick sein wie nie. Deine Mutter dreht durch.«
    Sam lacht los und weint zeitgleich, woraufhin Luna die Champagnerflasche holt. Der Korken knallt, sie gießt den Champagner in zwei Kelche. »Auf dich, Sam!«
    Sam stößt mit Luna an, dann fällt sie der Freundin um den Hals, wobei die perlende Flüssigkeit auf Lunas Shirt tropft.
    »Pass auf das Kleid auf!« Luna lacht ausgelassen.
    Sam schenkt sich nach. Der Champagner perlt so frisch auf ihrer Zunge, dass ihre Laune sich einfach heben muss.
    Es klingelt.
    »Und? Wer ist das?«, fragt Luna.
    »Schauen wir.« Sam bekommt nie Besuch. Nicht dass sie wüsste. Roman hat sie vergrault, Luna ist sowieso hier, und ihre liebe Familie … daran will sie gar nicht denken. Mit dem Champagnerglas in der Hand drückt sie auf den Türöffner und wartet gespannt ab. Die Post. Genau. Es muss die Post sein. Sie beugt sich über das Treppengeländer.
    Ihre Großmutter steigt langsam die Treppe hinauf. Sie trägt ein Einkaufsnetz mit Obst in der einen Hand, mit der anderen stützt sie sich am Geländer ab. Als nur noch drei Stufen zu überwinden sind, hebt sie den Kopf. Sie sieht Sam an. Lächelt bewundernd und schüchtern.
    »Das ist eine Art Versorgungsbesuch«, keucht sie.

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