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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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leer.
    »Und? Was jetzt?«, fragt Sam ungeduldig.
    Roman greift nach ihren Händen. »Du hast die Hände deines Vaters.«
    »Ja! Das ist offenbar das Einzige, was ich von ihm habe. Obwohl er darauf besteht, dass ich so etwas wie kaufmännisches Denken ebenfalls aus seiner Linie geerbt habe.«
    »Kann sein.« Roman räuspert sich. Verzweifelt blickt er Sam an. »Ich würde hier nicht sitzen und das ganze Thema aufwärmen. Aber deine Großmutter wollte es. Sie hat mich ermutigt. Wahrscheinlich … nun, ich nehme an, sie schafft es nicht, dir reinen Wein einzuschenken.«
    Sam ahnt, was Roman gleich sagt. Du siehst Grace ähnlich. Alles spricht dafür, dass du Grace’ Tochter bist. Und nicht Victorias. Doch Sam will das nicht hören. Es ist erschreckend genug, wenn sie es selbst denkt. Der schreckliche Verdacht geistert längst durch ihr Unterbewusstsein, und bisher hat sie es wirklich gut hinbekommen, ihn unter dem Deckel zu halten.
    Sie muss einen kühlen Kopf behalten. Mit dem Prosecco funktioniert das nicht. Sie bestellt ein Glas Mineralwasser und weiß dabei, dass es nicht am Alkohol liegt, wenn sie gleich durchdreht.
    »Victoria hat dich adoptiert. Du bist Grace’ Tochter. Deine Großmutter hat es mir erzählt. Grace wollte dich nicht, und Victoria wünschte sich Kinder und bekam keine. Erst später – da kamen noch deine Brüder.«
    »Hat sie Grace umgebracht, um mich zu bekommen?«
    »Sie hat niemanden umgebracht, Sam. Und ganz bestimmt nicht Grace. Grace ist auferstanden, sozusagen. Als Eleni Tsiadis.«
    »Das ist unmöglich.«
    Roman malt mit der Hand eine Spirale in die Luft. »Es gibt solche Sachen! In meinem früheren Berufsleben habe ich eine Menge Geschichten der Kategorie ›unwahrscheinlich‹ aufgetan. Menschen, die Flugzeugabstürze überlebten. Andere, die sich in Luft auflösten und irgendwann später als Ölmagnate in Saudi-Arabien wieder zum Vorschein kamen. Leute, die klinisch gesehen tot waren, unerklärlicherweise zum Leben zurückfanden und von Tunneln und Lichtern faselten.«
    »Warum sagst du mir das?«
    Roman seufzt.
    »Eleni Tsiadis ist in Coburg. Sie wohnt im selben Hotel wie deine … wie Victoria.«
    Sam lacht auf. In einem Zug trinkt sie das Mineralwasser aus.
    »Aber ich habe Roberts Hände!« Sie sieht auf ihre Finger. »So lange Zeigefinger hat sonst niemand in der Familie.«
    Roman nickt verständnisvoll und teilt den Rest des Prosecco zwischen ihnen auf.
    Sam beißt auf ihre Unterlippe, während sie konzentriert ihre Hände betrachtet, die vor ihr auf dem weißen Tischtuch liegen. Der linke Zeigefinger ist verpflastert, sie hat sich beim Stoffzuschneiden mit der Schere verletzt. Ich muss dieser Sache ins Auge schauen, denkt sie. Am besten jetzt gleich. Umso schneller ist alles überstanden.
    »Jetzt verstehe ich, was Victoria meinte. Dass Grace in dieser einen Sache nicht gelogen hatte.«
    »Dein Vater hatte ein Verhältnis mit Grace.«
    »Mit seiner Schwägerin.« Sam schüttelt den Kopf. Ihr Vater, ein Schwerenöter. Der brave, zurückhaltende, immer für die Familienmitglieder einspringende Robert, der seiner Frau den Rücken für die Kunst freihielt.
    »Das kommt vor.«
    Sam birgt ihr Gesicht in den Händen. Sie möchte weinen, aber sie kann nicht. Sie fühlt sich schwer und unförmig. Sie ist ein Stein. Durch und durch gefühllos.
    »Blanca vermutet, es wäre nur eine kurze Sache gewesen. Grace war mit einem Künstler zusammen, der sie emotional und wohl auch finanziell ausbeutete. Sie machte mit ihm Schluss. War einsam, am Boden. Dein Vater und sie gingen eins trinken. Kamen sich näher. Wie das eben so ist.«
    »Ja. Es gibt keinen Grund, deswegen zu verzweifeln. Es sei denn, man geht selbst als Embryo aus so einer versoffenen Nacht hervor.«
    Roman lächelt schief. »Nimm es nicht so schwer. Es wurden schon ganz andere Genies im Suff gezeugt.«
    Sam schüttelt den Kopf. »Das ist es nicht. Warum konnten sie es mir nicht sagen?« Obwohl sie es selbst nicht begreift, hat sie Verständnis für ihren Vater. Er, ein Gefangener der Mays, der als Individuum nicht existierte. Nur in Rollen. Als Vater. Als Mann. Als Schwiegersohn. Der ihr immer vorkam, als habe er keine eigene Vergangenheit, sondern habe die seiner angeheirateten Familie übergestülpt wie eine Kapuze.
    »Sie wollten, dass du nicht zweifeln musstest an der Liebe deiner Eltern. Dass du in einer warmen Familie aufwächst, in der jeder gefördert wird. Um das zu werden, was in dir steckt.«
    »Ist das nicht sehr

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