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zurück.
»Buche ich uns jetzt zwei Tickets?« Er hat sein Smartphone in der Hand.
»Okay.« Sie legt die Hand an die Tür. »Schickst du mir eine SMS, wann es losgeht?«
»Klar.«
»Gute Nacht!« Fluchtartig verlässt Sam das Auto und eilt den Gartenweg entlang. Als sie den Schlüssel im Schloss umdreht, ruft Blanca aus der Küche: »Sam?«
Sam wirft die Tür hinter sich zu, ein wenig zu laut, wie sie selbst findet. Sie hat ihre Hände und Füße nicht gut im Griff.
»Ja, ich bin es!« Sie geht in die Küche, küsst ihre Großmutter auf das seidige Haar und setzt sich ihr gegenüber. Blanca hat ein Glas Wein vor sich stehen.
»Eleni Tsiadis«, sagt Sam.
»Und?«
»Hast du die Bilder gesehen?«
Blanca nickt langsam. In ihren Augen steht Angst. Ihre Hände zittern.
»Roman und ich fliegen morgen nach Venedig. Dort hat Eleni Tsiadis eine Ausstellung, am Sonntag ist Finissage.«
Blanca sieht Sam lange in die Augen. Schließlich fragt sie: »Warum?«
»Ich muss die Bilder sehen. In natura. Du weißt warum.«
Blanca steht auf, holt ein zweites Weinglas. Es ist eines von den schweren, kristallenen aus dickem roten Glas, in dem der Wein eine blutrote Farbe annimmt. Blanca verschüttet ein paar Tropfen.
»Sie sind grässlich«, sagt sie.
Sam nickt. Was sie auf Romans Handy gesehen hat, reicht für ein erstes Urteil. »Sie machen einem Angst.«
Blanca treten Tränen in die Augen. Zwei silberne Tropfen kullern in Zeitlupe über den Lidrand und rinnen über ihre Wangen.
»Ich komme spätestens am Sonntagabend oder Montagmorgen zurück!« Sam beugt sich vor und legt ihre Hand auf Blancas.
»Darum geht es nicht. Du reitest dich in etwas rein. Rührst an Dinge, die dich in den Abgrund reißen können.«
Roman hat recht, denkt Sam. Immer hat die Familie mir vorgekaut, was richtig und falsch ist. Welchen Weg ich einschlagen soll und welchen nicht. Wo Schaden lauert und wo nicht. Und ich finde nicht raus aus diesem Irrgarten.
»Die Einzige aus der Familie, die in einen Abgrund gerissen wurde, scheint mir Grace zu sein«, entgegnet sie scharf.
Blanca fährt hoch.
Bin ich grausam?, fragt sich Sam. Die Dominanz der Familie, die ihr jahrelang Schutz und Geborgenheit bedeutete, erstickt sie jetzt. Wie will sie da rauskommen, wenn nicht mit Gewalt? »Ich muss damit klarkommen, dass die Dinge in der Familie May ganz anders gelagert sind, als ich bisher dachte. Dass du eine zweite Tochter hattest, das Andenken an sie aber vernichtet hast. Welche Mutter kann so etwas tun?«
Blanca zieht ihre Hand unter Sams hervor.
Sie ist zu weit gegangen! Sams Magen krampft sich zusammen.
»Es gibt Mütter«, erläutert Blanca sachlich, »die noch ganz andere Dinge tun. Denk daran. Gute Nacht.«
Sie steht mühsam auf und geht aus der Küche, wobei sie stark hinkt und sich für Augenblicke am Türrahmen festhält.
Sam starrt ihr nach. Die Küche um sie scheint zu zerbrechen wie dünnes Glas. Panisch kämpft sie um Luft. Blancas schwere Schritte draußen auf der Treppe verklingen. Sam lehnt sich gegen die Wand. Sie will weinen, endlich alles loswerden, aber die Tränen muss sie sich abringen, ihrem Körper mit aller Kraft entreißen. Doch dann kommt die lang erwartete Eruption. Der Vulkan, so lange unbemerkt, spuckt alles Üble, Dunkle, Brennende aus den Tiefen von Sams Seele.
Sie schlägt mit den Fäusten auf den Tisch, gegen die Wand. Sie beugt sich über die Spüle, weil sie meint, sich erbrechen zu müssen, aber es kommt nichts. Schließlich sinkt sie auf den Boden und hämmert mit den Händen auf die kalten Fliesen, bis ihr die Handballen wehtun. Irgendwann sinkt ihr Kopf nach hinten. Sie lässt ihren Schädel ein paar Mal gegen den Küchenschrank knallen, während sie blind vor Tränen an die Decke starrt und um Atem ringt.
»Lass das!« Die Stimme ist nicht unfreundlich. Etwas Weiches schmuggelt sich zwischen Sams Kopf und den Küchenschrank. Blanca hat Mühe, sich neben ihre Enkelin zu hocken. »Na, na!« Sie legt Sam den Arm um die Schulter. »Kleines! Mein Schmuckstück!«
Sam kann nichts sagen. Sie ist wütend auf Blanca und gleichzeitig erstarrt vor Angst, durch ihre unbedachte Bemerkung vorhin den einzigen Menschen verloren zu haben, den sie wirklich von Herzen liebt und an dem sie hängt, mit jeder Faser ihres Lebens.
»Es tut mir leid«, schluchzt Sam.
Blanca lacht leise. »Weiß ich doch.«
»Es ist alles so schwer.«
Blanca murmelt besänftigende Worte, während sich Sams Atem endlich beruhigt. Wie von fern
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