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Titel: B00G7SVP3K EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Dietze
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sie, ihr Versprechen einzulösen.
    Verwirrt starrte sie mich an, wie ich bewaffnet mit der spitzen Feder vor ihr stand und ihr diktierte. Sie zögerte für einen kurzen Augenblick, als hätte ich sie gebeten, ihr Todesurteil zu unterschreiben.
    „ Aber Luisa, Kind, das hat doch bis morgen Zeit, es ist schon spät.“
    „ Du hast mich also belogen?“
    „ Nein, aber ...!“
    „ Dann schreib! Morgen kannst du ja schon tot sein. Umgebracht zum Beispiel!“, faselte ich tollkühn.
    „ Wer sollte mich denn umbringen wollen?“, fragte sie verstört, griff zur Feder und schrieb.
    „ Du machst mir richtig Angst. Du hast für dein Alter verdammt viel Selbstbewusstsein, lässt keinen Widerspruch gelten. Du bist genau wie dein Vater! Aber im Prinzip hast du Recht. Schließlich möchte ich nicht, dass der Schmuck in die Hände deiner Mutter fällt. Die würde ihn nur billig verhökern und mit dem Geld ihre Buchhandlung sanieren. Mein Gott, warum zum Teufel, hat Alexander sich nur diesen unscheinbaren Bücherwurm geangelt, als gäbe es keine attraktiven Frauen auf dieser Welt!“
    Noch während sie es sagte, schüttelte sie das bereits beschriebene Blatt Papier in ihrer Hand hin und her, damit die Tinte schneller trocknete.
    „Du siehst ja, Papa ist auch ganz plötzlich gestorben und er war erst 45 Jahre alt“, schmollte ich traurig und griff nach dem Blatt, das immer noch in Tantchens Hand herumflatterte.
    „ Ja, aber der ist durch einen Autounfall ums Leben gekommen, und ich habe kein Auto“, wandte sie ein und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
    „ Aber ein Fahrrad, das ist noch viel gefährlicher!“, verunsicherte ich sie rasch, bevor ich mich dem Schriftstück widmete.
    Zu meinem Erstaunen hatte sich Tantchen nicht lumpen lassen und ein richtiges Testament mit allen nötigen Daten verfasst.
    „ Wahrscheinlich war deine Mutter daran schuld, dass dein Vater verunglückte. Sicher hat sie sich mit ihm gestritten, bevor er auf Geschäftsreise ging“, mutmaßte Kunigunde vor sich hin.
    „ Ja, sie haben sich oft gestritten. Mama hat immer Hurenbock zu ihm gesagt“, murmelte ich gleichgültig, wobei ich mich weiter in das Testament vertiefte und an meinen Fingern zählte.
    „ Sag mal Luisa, was machst du da eigentlich mit deinen Fingern?“
    „ Ich rechne aus, wie alt du schon bist!“
    „ Ach, kannst du es nicht erwarten! Ich bin 56 Jahre alt!“, zischelte sie gekränkt.
    „ Was, schon so alt!“
    Dabei huschte mir ein flüchtiges Strahlen über mein Gesicht . Was Kunigunde veranlasste ein argwöhnisches Gesicht zu verziehen. Ich merkte natürlich sofort, dass ich bei ihr in Ungnade fiel und zügelte meinen Eifer, indem ich das Missverständnis aus dem Weg räumte.
    „ Ich dachte du wärst so alt wie Mama, ich dachte du wärst erst 40 Jahre alt!“
    Als wäre die Sonne durch zwei finstere Gewitterwolken durchgebrochen, verwandelte sich ihr Gesicht in ein vor Wonne strotzendes Antlitz. Ihre grünen Augen leuchteten plötzlich wie Saphire . Ihre Wangen strafften sich zu prallen Apfelbäckchen und schenkten ihrem Gesicht ein erfrischendes Lachen, das ich bewundernd in Augenschein nahm.
    Wie ein Revuestar stolzierte sie in wiegenden Schritten auf und ab, drehte sich wie die Figur einer Spieluhr und jauchzte vor Freude.
    „Ach Kindchen, das hast du aber fein gesagt!“
    Dabei drückte sie mir einen roten Kussmund auf die Stirn, den ich mir sofort an ihrem Ärmel wieder abwischte.
    Eigentlich verstand ich nicht ganz, warum Kunigunde in eine derartige Begeisterung ausbrach, da meiner Äußerung, weniger ein Kompliment, sondern vielmehr eine ernst gemeinte Verwunderung zugrunde lag.
    Niemals hätte ich geglaubt, dass sie älter war als meine Mutter. Dagegen sprach einfach ihre vitale Ausstrahlung. Wie sie sich bewegte, ihren knackigen Hintern wie das Pendel einer Standuhr schwang, und mit ihren gepflegten Händen temperamentvoll gestikulierte, wenn sie sprach. Sie besaß ein hübsches Gesicht, mit liebenswerten Fältchen um Augen und Mund. Kleine Lebensspuren, die weniger von Gram, als vielmehr von Lebensfreude zeugten und ihrer Erscheinung etwas Unwiderstehliches verliehen. Ihre vollen schönen Lippen hätte kein Schönheitschirurg so perfekt modellieren können, und an ihren Beinen blieben sogar die neidischen Blicke der Frauen hängen, wie sie mir stolz erzählte. Sie war ein Vollblutweib, das sich auf eine hinreißende Art selbst hofierte. Die Liebe und den Wein würdigte. Ihre Weiblichkeit zur Schau stellte,

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