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Titel: B00G7SVP3K EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Dietze
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ich fasziniert von allem was glitzerte, glänzte und mir verlockend entgegenfunkelte. Anfangs sammelte ich noch Glasscherben in allen möglichen Farbschattierungen. Sortierte sie nach Farbstich, Form und Beschaffenheit und breitete sie mit der nötigen Sorgfalt auf dem Parkettboden meines Kinderzimmers aus.
    In solchen Augenblicken war ich tief ergriffen. Bis eines Tages meine Mutter dieses Ritual zerstörte. Ohne anzuklopfen, stürmte sie in mein Zimmer und trampelte mit ihren nackten Füßen meine Kostbarkeiten nieder.
    Sie schrie . Ich schrie. Während sie wie Rumpelstilzchen von einem Bein aufs andere sprang, bezeichnete ich sie als Trampeltier. Für meine sprachliche Entgleisung, verbannte sie meine Glasbrillanten in die Mülltonne, und mich, zu vier Wochen Stubenarrest. Das ließ ich mir nicht bieten und bin noch in der selbigen Nacht, aus dem dritten Stock meines Kinderzimmers, an dem angrenzenden Weinstock, hinabgeklettert. Auf dem Rücken, meinen Schulranzen, in der Hosentasche, den Inhalt meines erschlagenen Sparschweins und im Kopf, den entschlossenen Gedanken, mich von meiner Mutter scheiden zu lassen. Ich vertagte meinen Auszug auf unbestimmte Zeit und inszenierte meinen Abgang entsprechend dramatisch. Ich hinterließ einen Abschiedsbrief, in dem ich darauf verwies, dass ich nun an das Ende der Welt gehe.
     
     

Kapi tel 2
     
    Das Ende der Welt, war ein paar Straßen weiter. Bei meiner Tante Kunigunde. Die wohnte in einer heruntergekommenen Villa, auf deren Dach kleine Bäume und Sträucher wucherten, und deren marode Steintreppen mit Moos gepflastert waren.
    Das alte Haus stand inmitten eines verwilderten Gartens, in dem unzählige Krähen in dem verwachsenen Geäst der Bäume ihre Nester aufgeschlagen hatten und das gesamte Anwesen in eine verwunschene, fast gespenstische Atmosphäre tauchten.
    Meine Tante Kunigunde war eine urkundlich beglaubigte Frau Elster und somit verpflichtet, ein blutsverwandtes Elsterküken in ihre Obhut aufzunehmen. Sie war die einzige Wahrsagerin hier in der Gegend und entsprechend verpönt. Kein Wunder also, dass ich mir gerade von ihr den nötigen Beistand erhoffte. Allerdings wusste ich auch, dass sie Kinder nicht mochte. Sie genau genommen, verabscheute, und die Gesellschaft einer fauchenden Perserkatze jederzeit, der eines blöd daherplappernden Kindes, bevorzugte. Da ich aber glaubte, ein braves Kind zu sein, hatte ich keinerlei Bedenken bei Tante Kunigunde in Ungnade zu fallen. Blöd war nur, dass die Türglocke nicht funktionierte. So dass ich gezwungen war, mit meinen beiden Fäusten gegen die Eingangstür zu trommeln und aus vollem Hals schreien musste:
    „ Kunigunde! Hilfe! Meine Mutter hat mich geschlagen!“
    Es dauerte geraume Zeit, bis sich im Hausflur etwas regte und ich die Absätze von Kunigundes Schuhen vernahm, die sich zügig mit einem bedrohlichen Klacken der robusten Eingangstür näherten.
    „Wer macht sich da an meinem Haus zu schaffen?“, hörte ich sie wie ein bösartiges Weib grollen.
    Inspiriert vom niederschmetternden Klang ihrer Stimme, hauchte ich zurück:
    „Der Wind, der Wind - Luisa das verstoßene Kind ...“
    Blitzartig stieß sie die Tür auf, und meine Kinderaugen starrten in die Mündung einer Schrotflinte. Meine Hände verselbständigten sich und streckten sich wie ferngesteuert gen Himmel.
    „Hallo liebes Tantchen ... du brauchst dich nicht zu ängstigen, ich bin doch nur die kleine Luisa“, stammelte ich mit erhobenen Armen, während Tantchen ihren Gewehrlauf etwas nach unten korrigierte, so dass die Gewehrmündung nun meine Stirn fixierte.
    „ Bitte tu das Schießgewehr weg“, flehte ich sie mit ergebenen Stimmchen an, weil mir meine Arme langsam schmerzten.
    Sie stellte die Flinte zur Seite und hielt mir einen altertümlichen Kerzenleuchter vors Gesicht und begutachtete mich mit kritischer Miene. Wobei ich gelassen meine Lackschuhe auf der grasüberwachsenen Türschwelle abstrich und sie dabei wohlwollend, ohne meinen ehrerbietigen Blick von ihr abzuwenden, anlächelte.
    Tante Kunigunde war in meinen Augen eine imposante Erscheinung, die mein kindliches Gemüt stark beeindruckte, und meine märchenhaft geprägten Kinderphantasien mächtig anheizte.
    Sie trug einen bodenlangen bunten Seidenkimono, auf dem
    feuer speiende Drachen und züngelnde Riesenschlangen abgebildet waren. Ihre Füße steckten in hochhackigen Pantoletten, die bunte Glitzersteine zierten, und ihre langen blonden Haare, hingen ihr flachsartig über die

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