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Titel: B00G7SVP3K EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Dietze
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prallen Pobacken. Aber am meisten war ich von ihrem Schmuck geblendet. Von den vielen Armreifen, die an ihrem Handgelenk klapperten. Die auffallenden Ringe, die bei jeder Handbewegung wie Katzenaugen aufblinkten, und die ich in dieser barocken Pracht nur aus Märchenfilmen kannte.
    Überhaupt sah Tante Kunigunde aus wie aus einer anderen Welt. Wie eine in die Jahre gekommene Fee, die man in den Vorruhestand schickte, weil bösartige Kobolde ihr einen Gen Defekt angedichtet hatten. Nur, weil ihr die ewige Jugend versagt blieb.
    Ich verspürte eine tiefe Zuneigung für sie und wollte ihr gefallen, mich unentbehrlich machen. Mir auf geschickte Art ihre Gunst erschleichen. Wie aus einem Parfümzerstäuber, versprühte ich meinen kindlichen Charme und hoffte, auf die betäubende Wirkung meiner inszenierten Anbahnung.
    Deswegen kämpfte ich mit der niedlichen Unverdrossenheit eines Plüschtieres, gegen ihre diabolisch geschminkten Augen an, die mich immer noch fixierten, als wolle sie prüfen, ob ich die Blüte der Schlachtreife schon erreicht hätte.
    „Du bist viel zu mager!“, stellte sie fest und stemmte ihren Arm in ihre Hüfte.
    „ Siehst ja aus wie eine Holzpuppe. Ich werde dich etwas mästen. Du brauchst mehr Fleisch auf die Rippen. An dir ist ja gar nichts dran!“
    „ Sperrst du mich jetzt in den Stall?“, fragte ich abenteuerlustig und stemmte gleich beide Hände in meine knochigen Hüften.
    Tante Kunigunde kreischte verzückt auf und tätschelte mir wie einer Siegernatur auf meine Wangen.
    „Du gefällst mir Kleine! Bist frech und selbstbewusst. Eben eine waschechte Elster! Hast eben die Erbanlagen deines Vaters und nicht die deiner Mutter. Und das ist auch gut so. Hab sowieso nie verstanden, wie mein Bruder - Gott hab ihn selig, deine Mutter, na ja, was soll ich sagen ... “, sie seufzte kurz, nahm mich an die Hand und ging mit mir die knarrenden Stufen hinauf, blieb kurz stehen, musterte mich nochmals und fuhr fort:
    „ Ich will ja nichts gesagt haben, aber was soll man denn von einer Mutter halten, die ihrem Kind nicht genügend zu essen gibt.“
    Ich ließ Tante Kunigundes Andeutungen mit diplomatischer Zurückhaltung auf mich einwirken . Hielt es aber für unausweichlich, noch etwas Öl ins Feuer zu gießen, indem ich hinzufügte, dass meine Mutter mein Lieblingsspielzeug in die Mülltonne geworfen hatte.
    „ Ach, was war denn dein Lieblinsspielzeug?“, erkundigte sich Tantchen interessiert.
    „ Glasscherben, die haben so schön gefunkelt, wie Diamanten“, klagte ich vielsagend.
    „ Du armes Kind musstest mit Glasscherben spielen?“, murmelte sie ungläubig und legte tröstend ihre Hand auf meine schmächtige Schulter, so dass ihr klapperndes Geschmeide meine glühenden Wangen kühlten.
    Das Eis war gebrochen . Ich hatte Tante Kunigundes Herz im Sturm erobert und schmiegte mich zufrieden an ihre weiche Hüfte. Sie führte mich zu ihrem prunkvoll ausgestatteten Wohnzimmer, das die Größe eines Ballsaals besaß. Es war mit einer Vielzahl von verschnörkelten Kerzenleuchtern ausstaffiert, an denen dicke Wachsspuren klebten und deren unruhig flackernde Kerzen gespenstische Schatten an die Wand warfen. An der mit Fresken bemalten Decke, hing ein riesiger Kronleuchter, den ich gebannt anstarrte, weil die gläsernen Lüstern bei jedem Windzug, geheimnisvolle Laute von sich gaben, die sich für mich wie das melodische Säuseln umherwandelnder Elfen anhörte. Die meterhohen Wände waren mit rosafarbener Tapete ausgeschlagen, auf der mir bronzefarbene Ornamente wie verschlüsselte Zauberbotschaften entgegenschimmerten.
    Ich war dermaßen beeindruckt, dass ich gar nicht mitbekam, dass mich Tantchen zwischenzeitlich auf einen mit wertvolle m Brokatstoff überzogenes Kanapee platziert hatte. Erst als ich gedankenverloren über die goldenen Löwenköpfe strich, die in den geschwungenen Armlehnen eingearbeitet waren, bemerkte ich auch, die vielen Plüschtiere, mit ihren giftgrünen Augen und buschigen Schwänzen, die ringsherum um mich drapiert waren und gelangweilt ins Leere starrten. Spätestens, als ich zwei dieser Exemplare am Schwanz packte und sie kopfüber in eine Ecke warf, um mich gemütlich auszustrecken, musste ich feststellen, dass es sich um lebendiges Dekorationsmaterial handelte. Ich zählte genau fünf zottige Perserkatzen, die sich wie zum Leben erweckte Staubwedel, unter der dicken Franzentischdecke verkrochen und mich angewidert im Auge behielten. Nur gut, dass Tante Kunigunde von meinen

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