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galt.
„ Warte ich hol sie dir, die liegt im Auto!“, bot sich Hugo an und erhob sich.
Er brachte mir meine Kamera in mein Zimmer und bemerkte vielsagend, dass alles noch an seinem Platz sei.
„ Auch das Band“, fügte er hinzu.
„ Sehr verwunderlich! In jener Nacht sind seltsame Dinge passiert, eigentlich beinahe unglaublich, dass das Band sich nicht in Luft aufgelöst hat“, antwortete ich spitz.
Hugo lachte gekünstelt und dampfte ab. Unschlüssig hielt ich das Videoband in meinen Händen und war mir im Klaren darüber, dass dieses Band, auf dem drei Stunden aufgezeichnet waren, meine Fragen beantworten könnte. Aber ich sträubte mich davor, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und vernichtete das Corpus Delicti.
Ab diesem Tag beschloss ich mein Leben zu ändern. Ich ging nicht mehr auf Partys, was mir nicht schwer fiel, weil mich keiner mehr einlud. Ferdinand ging mir seither aus dem Weg. Er schlug auffällige Haken, als wäre mir von heute auf morgen ein Klumpfuß oder ein Bart gewachsen. Irgendetwas Dramatisches musste in jener Nacht vorgefallen sein, was ihn zu dieser Ignoranz bewog. Aber ich verdrängte diese Frage und widmete mich lieber dem Bücherparadies.
Was ursprünglich als Busgang gedacht war, entwickelte sich zu meinem Erstaunen rasch zu einem hochinteressanten Zeitvertreib, den ich auf keinen Fall mehr missen wollte und mich bestärkte Buchhändlerin zu werden. Ich ging in meiner neuen Rolle auf wie der Hefeklos im kochenden Wasser. Durch meine Unbefangenheit hatte ich keinerlei Hemmungen auf Leute zuzugehen und ihnen Bücher zu empfehlen, die ich selbst gar nicht gelesen hatte. Das Kurzexpose auf dem jeweiligen Buchdeckel reichte aus, um das Werk in den höchsten Tönen anzupreisen. Meine Wissenslücken ersetzte ich durch eine schnelle Auffassungsgabe und meinen zuvorkommenden Charme.
Suchte jemand nach einem Kochbuch, gab ich mich als Hobbyköchin aus und erklärte das Buch zum kulinarische n Hochgenuss, dass den Leuten das Wasser im Munde zusammenlief. Hatte jemand eine Vorliebe für den Garten, mutierte ich zur begnadeten Botanikerin und streckte meinen grünen Daumen heraus. Und wenn Großeltern für ihre Enkel ein Buch kaufen wollten, verwies ich auf den pädagogischen Wert gleich mehrerer Bücher. Das düstere Mittelalter verkaufte sich, dank der Inquisition, am Einfachsten. Je mehr Streckbänke knarrten, Knochen krachten und Scheiterhaufen, bestückt mit schamlosen Satansbräuten, loderten, umso höher war die historische Bedeutsamkeit. Ich schreckte auch nicht davor zurück, mich der Fachliteratur anzunehmen. Egal, ob es sich um Ornithologien oder Ontologien handelte. Die meist gestandenen Herren nahmen es mir nicht übel, wenn ich die Vogellehre mit der Lehre des Seins verwechselte. Alles halb so schlimm, wenn ich mit meiner engen Jeans auf die Regalleiter stieg und sich ihre wissensdurstigen Gesichter an meinem knackigen Hintern labten, lehrte das Sein sowieso nichts anderes, als mich zu vögeln.
Überhaupt hielt ich es für klug, mich dieser Klientel, als reizendes Dummchen zu präsentieren und ihre Ideale wie ein Humusboden mit Nährstoffen zu versorgen. Ich hatte keinerlei Hemmungen in Punkto Dämlichkeit neue Standards zu setzen. Wie in einem Buch konnte ich von ihren betagten Augen ablesen, dass sie der Gedanke, mich in Punkto Sex vielleicht auch aufklären zu müssen, regelrecht beflügelte.
Kaum verwunderlich, dass meine Verhaltensstrategie fruchtete. Meine stillen Verehrer entpuppten sich als zahlungskräftige Kunden. Je wertvoller ihr Einkauf war, umso entrückter schaute ich zu ihnen auf. Für mich war es ein kleiner Triumph, dass mein Umsatz auch auf dem Nährboden der schmutzigen Phantasie gedieh.
Dank meines geschickten Verkaufstalents , verdoppelte sich der Umsatz. Darauf war ich dermaßen stolz, dass ich nicht müde wurde, meine Mutter darauf hinzuweisen, wer bitteschön für diese beachtliche Umsatzsteigerung verantwortlich war. Unerbittlich ließ ich mich mit Lob und Anerkennung überschütten. Bis ich den Eindruck hatte, meine Bewährungsstrafe bestanden zu haben und bei meiner Mutter vom triebgeilen Monster zum profitgeilen Bücherwurm mutiert war. Was natürlich nicht hieß, dass ich mich von meiner Lasterhaftigkeit lossagte und meine sexuelle Begierde gegen die Profitgier eintauschte. Keineswegs. Ich pflegte auch weiterhin mein frivoles Ansinnen. Nur etwas bedachter, indem ich meinen Wirkungskreis einen etwas engeren Rahmen verlieh.
Schon längst
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