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war das Bücherparadies für mich ein Jagdparadies für paarungswillige Leseratten geworden. Und ich, das triebgeile Monster, war mittendrin und blies das Jagdhorn. Es verging kaum ein Tag, an dem ich nicht auf schmackhafte Beute traf. Beobachten, heranpirschen und vernaschen, war meine Devise. Es war so einfach. Ich schlich mich aus dem Hinterhalt heran . Tippte dem ausspionierten Opfer auf die Schulter und fragte verführerisch: „Darf ich ihnen helfen, kann ich irgendetwas für sie tun?“
Ebenso hätte ich auch fragen können: „Willst du mit mir vögeln?“
Aber dieser direkte Weg, hätte mit Sicherheit zu Verwirrungen geführt. Man hätte mich wahrscheinlich ungläubig angestarrt . Meine Kompetenz als Buchhändlerin in Frage gestellt und mich als gewöhnliches Flittchen abgestempelt. Als wäre es ein Widerspruch beide Qualifikationen unter einen Hut zu bringen.
Trotzdem verinnerlichte ich dieses Wahrscheinlichkeitsprinzip und war entsprechend erfolgreich. Der Aufenthaltsraum des Bücherparadies’, der mit einer Klappcouch, einem Tisch, einem Kühlschrank und mit diversen Aktenschränken ausgestattet war, diente mir als Lasterhöhle, in der ich mich mit meiner Beute nach Geschäftsschluss verabredete. Hinter dem Aktenschrank war meine Videokamera versteckt, die ich heimlich einschaltete, bevor ich die ersten zaghaften Regieanweisungen hauchte, um mein Opfer in einen hypnotischen Zustand zu versetzen. Ich legte es darauf an, möglichst zügig meine erotischen Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Bloß keine Verlegenheit aufkommen lassen, die dazu zw ang zur Flasche zu greifen, oder dazu führte, sich in zähflüssigen Dialogen zu verfangen. Ich wollte einem wollüstigen Sinnesrausch verfallen, meine Sexualhormone sollten Sirtaki tanzen, bis mich die Ekstase in den Liebestod trieb, und gleichzeitig ein erotisches Zeitdokument erschaffen, das mich als zahnlose Greisin noch vom Nachtopf riss. Sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Bis auf die unausgereifte Schrittfolge meiner Hormone und ein paar missglückten Zwischenfällen, in denen meine Beute unbedingt auf Dämmerlicht bestand, oder die Klappcouch wie ein Buch zusammenklappte, entsprach mein Aufnahmematerial so ziemlich meinen Vorstellungen.
Arbeitstitel: Spontansex, mit durchaus erkennbaren Grundzügen von Leidenschaft.
Trotzdem war ich mit meiner Ausbeute noch nicht ganz zufrieden, ohne es richtig erklären zu können. Es fehlte das Salz in der Suppe. Nein falsch! Die Suppe war versalzen. Die Dosierung stimmte irgendwie nicht. Was vielleicht an der Auswahl meiner meist unerfahrenen Beute lag, die sich zwar gern unterordnete und sich dankbar meinen Willen fügte, aber keinerlei Eigeninitiative entwickelte. Eine Spezies von Suppenkaspern eben, die jede Suppe auslöffelte, die man ihnen vorsetzt. Möglicherweise war es ein Fehler, allzu sehr auf optische Kriterien zu vertrauen, anstatt meine Fangnetze einer erfahrenen Klientel überzustülpen, dachte ich.
Also wartete ich geduldig, bis ich glaubte, ein derartiges Kaliber ausgespäht zu haben.
„Darf ich ihnen helfen, kann ich irgendetwas für sie tun?“, fragte ich den attraktiven Herrn, der gleich mehrere altgriechische Bildbände unter seinem Arm geklemmt hatte und bei mir den Eindruck erweckte, dass er eigentlich genau wusste was er will, und auf meine aufdringliche Hilfe gar nicht angewiesen war.
Er war schätzungsweise Ende dreißig, groß und schlank. Seine Bewegungen wirkten akkurat, aber schwungvoll, was meiner Meinung nach, auf ein gutes Körpergefühl hindeutete. Über seiner ausgewaschenen Jeans, trug er ein schwarzes Sakko, an seiner Hand einen Ehering . Und auf seiner markanten Nase, einer dieser filigranen Lesebrillen, die wie improvisierte Drahtgeflechte aussahen, aber dem Träger ein gewisses intellektuelles Flair verliehen. Er blickte mich durch sein Ziergeflecht an wie ein Osterhase, der seine Eier nicht herausrücken wollte.
„ Danke!“, antwortete er einsilbig und wandte sich ab.
Ich tippte ihn mit meinem Zeigefinger auf die Schulter.
„Danke ja, oder danke nein?“, erkundigte ich mich rebellisch, ohne mir meine Verwirrung anmerken zu lassen, denn schließlich war ich es gewohnt, dass Männer im fortgeschrittenen Alter, gern meine Hilfe als Vorwand in Anspruch nahmen.
„ Danke nein!“, erwiderte er schroff.
Er benahm sich, als hätte ich mich angeboten, ihm bei der Straßenüberquerung zu helfen , oder ihm mein Sitzplatz in der Straßenbahn zur Verfügung
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