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grünen Hut aus Samt, der mit einer goldenen Brosche verziert war . Aber das schönste Geschenk bekam ich von Ferdinand zugesteckt. Einen DIN A4 Umschlag, in dem sich der abgeschnittene Zopf von meiner Erzfeindin befand. Ich machte einen Luftsprung und beschriftete sogleich das Couvert mit ihrer Adresse und legte einen Zettel bei, auf dem ich schrieb:
Viele Grüße von Luisa!
Damit war meine Ehre gerettet und Ferdinand vom Schlappschwanz in den Stand eines Edelmannes erhoben.
Jetzt konnte die heiß ersehnte Geburtstagsparty steigen.
Meine Mutter ließ ich in dem guten Glauben, meine Freunde zu einem geselligen Stelldichein in die Pizzeria einzuladen. Aber stattdessen kaufte ich für die zweihundert Mark, die sie mir in die Hand drückte, Unmengen von Alkohohl und Zigaretten. Denn schließlich schwebte mir kein Kindergeburtstag, sondern eine zügellose Sexparty vor . Eine Party, von der man sich noch nach Jahren zu erzählen wusste. Und die sollte im Bücherparadies stattfinden. Der einzige, den ich in mein illustres Vorhaben einweihen musste, war Hugo, da er von mir mit einem Büffet für neun Personen beauftragt wurde. Die Auswahl meiner Gäste, setzte sich aus meiner Freundin, meiner Schwester, und Ferdinands Bandmitgliedern zusammen. Auf drei Mädchen kamen also sechs Jungs. Ein Mischungsverhältnis, das ich in Anbetracht meiner gehegten Ambitionen für geradezu ausgewogen hielt.
Die Fete sollte 19 Uhr starten.
Es war 18 Uhr als meine Mutter den Laden zusperrte, während ich mich mit meinen Einkaufstüten durch den Hintereingang hineinschlich. Ich hatte also noch genügend Zeit etwas Schmackhaftes zusammenzurühren. Da ich kein geeignetes Gefäß für die Bowle fand, entschied ich mich für den großen Glasbehälter, in dem die Goldfische schwammen.
Sowohl Form als auch das Füllvolumen , von zwanzig Litern, entsprach meinen Vorstellungen. Die Goldfische kippte ich ins Waschbecken. Leider vergaß ich dabei den Stöpsel hineinzudrücken.
Anschließend machte ich mich ohne Rezeptvorlage ans Werk und kreierte meine erste Bowle. Ich goss zwei Flaschen Wein, zwei Flaschen Whisky, zwei Flaschen Rum, zwei Flaschen Wodka hinein und fügte aus Traditionsliebe noch ein halbes Glas Cocktailfrüchte hinzu. Danach rührte ich alles um und entnahm eine Kostprobe, die bei mir einen kurzen Atemstillstand auslöste. Ich musste zugeben, mein zusammengebrauter Cocktail hatte nichts mehr mit der gängigen Punschvariante nach Hausfrauenart zu tun, sondern entsprach dem Mischverhältnis eines Molotowcocktails. Deswegen hielt ich es für meine Bürgerspflicht , mit einem selbst gemalten Totenkopf auf die Explosionsgefahr hinzuweisen.
Aber meine Warnung wurde von meinen Gästen in den Wind geschlagen und lediglich als witziger Einfall interpretiert . Was dazu führte, dass sie sich magnetisch von meiner Mixtur angezogen fühlten und sich wie aus einem Suppentopf bedienten. Selbst Hugo, der für unser kulinarisches Wohl sorgte, rang mächtig nach Luft, obwohl er Gewohnheitstrinker war. Immerhin hielt ich Hugos Mienenspiel für gelungen genug, es mit meiner Videokamera für die Nachwelt festzuhalten. Kaum hatte ich das Ding in der Hand, filmte ich alles, was ich als dokumentarisch wertvoll empfand. Eukalyptus, wie er gelangweilt auf der Registrierkasse fläzte und rastlos an einem Maiskolben nagte, und Hugo, der sich zu meinem Argwohn als Bedienung unentbehrlich zu machen versuchte. Er versorgte meine Gäste mit leckeren Häppchen und Getränken, leerte ohne zu murren die Aschenbecher, sammelte die ausgetrunkenen Gläser ein und schlüpfte sogar in die Rolle des Diskjockeys.
„ Wann verschwindet der endlich?“, habe ich mich gefragt und mich darüber gewundert, dass meine Freunde keinerlei Einwände über Hugos Anwesenheit vorzubringen hatten. Verständlich, er hatte ja bereits mit allen Gästen Brüderschaft getrunken und verschaffte sich Gehör, indem er schmutzige Witze erzählte, die ich alle schon kannte.
„ Hugo, musst du nicht noch ein paar Schweinhälften ausliefern?“, fragte ich scheinheilig. In der Hoffnung, dass er endlich abdankte. Aber meine mahnenden Worte verhallten im kreischenden Gelächter wie das Meckern einer Ziege bei einem Jahrhundertgewitter.
Zugegeben, es herrschte eine prächtige Stimmung . Meine Freunde waren aufgestachelt wie Windhunde in den Startboxen, so als würden sie einem Finale entgegenfiebern, von dem noch keiner so genau wusste, wie es ausging. Aber von dem sich alle etwas Grandioses
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