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Babel 1 - Hexenwut

Babel 1 - Hexenwut

Titel: Babel 1 - Hexenwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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konnte sie sich nicht lenken lassen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Aura und begann, die Energien in ihre Richtung zu schieben. Wie eine Welle brandeten sie dagegen und wirkten auf den Farbstrudel der Seele ein. Es kostete Babel Kraft, aber sie wollte das, was an dem Mädchen verschoben war, wieder begradigen. Später würde sie sich dann wieder einmal fragen, ob man sich in diesem Maße in das Schicksal eines anderen Menschen einmischen durfte.
    Der Schmerzensschrei drang dumpf an ihre Ohren, während das Mädchen vor ihr in die Knie ging. Sie musste den Einfluss auf ihre Aura wie Hundebisse spüren. Kein Mensch interessierte sich dafür, dass sie schrie, während Babel versuchte, ihre Aura zu begradigen. Die Gasse blieb leer.
    Das Rot wurde blasser. Immer heller, bis es nur noch ein Altrosa war und der Atem des Mädchens gleichmäßig ging. Am Ende kniete Babel genau wie sie in der Gasse und hätte fast geweint um all die Leidenschaft, die sie aus dem Mädchen herausgetrieben hatte. Aber es nützte nichts, sie würde sich damit nur selbst zerstören. Trotzdem blieb ein fahler Nachgeschmack. Babel wollte noch etwas sagen, aber als sie den Kopf hob und ihr ins Gesicht blickte, ließ sie es, weil ihr einfach nichts einfiel.
    Gauguins Mädchen war verblasst, und sie war schuld daran.
    Ihr könnt euch nicht raushalten. Eure Fähigkeiten geben euch die Macht, ob ihr wollt oder nicht, hatte ihre Mutter immer gesagt. Von Demokratie hielt sie nicht viel. Es entsprach nicht ihrem Naturell, und sie war davon überzeugt, dass ihre Töchter dieses Naturell geerbt hatten, schließlich waren sie Hexen wie sie. Für Moral war stets Babels Vater zuständig gewesen. Er hatte auch darauf bestanden, dass sie die Ritualtiere anständig im Garten begruben, anstatt sie einfach in den Müll zu entsorgen. Er hatte oft behauptet, Hexen wären manchmal wie Tiere - und Babels Mutter hatte ihm nie widersprochen.
    Als sich ihr Atem wieder normalisiert hatte, stand Babel auf und klopfte sich den Staub von den Knien. Das Mädchen hockte noch immer gegen die Hauswand gelehnt da und starrte ins Nichts. Erst nach einer Weile würde sie die Kraft finden, sich zu erheben und die Gasse zu verlassen. Sie würde nach Hause gehen, im Kopf einen dumpfen Schmerz wie nach einer durchzechten Nacht, und am nächsten Tag ihr Leben neu beginnen. Aber das alles war nicht mehr Babels Problem. Sie hatte erledigt, wofür sie bezahlt wurde. Auftrag ausgeführt.
    Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ sie die Straße.
    Genau so hast du es damals gemacht, sagte Hilmars Stimme in ihrem Kopf.
    Entschlossen lief sie weiter. Als sie die Hauptstraße erreicht hatte und um die Ecke bog, atmete sie tief durch. Gerade wollte sie nach dem Handy greifen, als sie plötzlich von einer magischen Welle erfasst wurde. Ihr Arm wurde heiß, als hätte sie zu nah am Feuer gestanden. Mitten in der Bewegung hielt sie inne und blieb stehen. Im Bruchteil einer Sekunde aktivierte sie das Feld, das sie vor anderen magischen Energien schützte. Auf der Suche nach der zweiten Magiequelle schaute sie sich hastig um und entdeckte schließlich auf der anderen Straßenseite einen jungen Mann, der sie mit in den Hosen gesteckten Händen beobachtete.
    Es war Clarissas Enkel. Nikolai. Die Magie, die von ihm ausging, war noch immer schwach und verriet lediglich, dass er magisch aktiv war. Aber er wirkte keinen Zauber, und irritiert blickte Babel zu ihm hinüber.
    Es war sicher kein Zufall, dass er hier war. Wahrscheinlich war er ihr gefolgt. Aber warum, wenn er nun nicht gegen sie vorgehen wollte? Hatte Clarissa ihn geschickt? Zögernd ging sie ihm entgegen, darauf gefasst, jederzeit ihre eigene Magie gegen ihn anzuwenden. Unter den Energien, die von ihr ausgingen, zuckte er zusammen.
    »Was willst du hier?«, fuhr sie ihn an, als sie bei ihm angekommen war, und es kümmerte sie nicht, dass die vorbeigehenden Passanten ihnen neugierige Blicke zuwarfen.
    »Mit dir reden.«
    »Und dazu musst du mir hierher folgen? Du hättest im Büro anrufen können.«
    Nervös blickte er sich um. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, in den letzten Nächten schien er wenig geschlafen zu haben. »Können wir reden?«, fragte er leise und vergrub die Hände noch ein Stück tiefer in den Hosentaschen.
    Das ist eine Falle, hüte dich.
    Aber Nikolai besaß große Ähnlichkeit mit einem geprügelten Hund, wie er da so vor ihr stand. Deshalb nickte sie zögerlich und deutete auf das Cafe nicht weit von ihnen

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