Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babel 17

Babel 17

Titel: Babel 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
Vom Netzwerk:
55 muß sabotiert worden sein. Nein, ich weiß nicht, wie. Ich schlage vor, Sie setzen sich mit General Forester in Verbindung …«
    »Kapitän, der Kontrollturm meldet in diesem Moment, daß Sie Startsignale geben! Ich habe hier keine offizielle Autorität, aber Sie müssen …«
    »Maschinenraum! Starten wir?«
    »Ja, wieso? Sie haben doch gerade eben Befehl gegeben, einen Notstart in Hyperstasis zu machen!«
    »Brass ist noch nicht mal auf seiner Station, Sie Idiot!«
    »Aber vor einer halben Minute haben Sie mir persönlich den Start freigegeben! Natürlich ist Brass angeschlossen. Ich habe gerade mit ihm gesprochen!«
    Brass stampfte zornig zum Mikrophon und bellte hinein: »Ich stehe direkt hinter ihr, Knallkopf! Was wollt ihr machen, in die nächstbeste Sonne eintauchen? Oder vielleicht im Innern einer Nova herauskommen? Wenn ein Schiff treibt, hält es immer auf die größte Masse in der Gegend zu!«
    »Aber Sie haben doch eben …«
    Irgendwo unter ihnen wurde ein Knirschen hörbar. Ein Vibrieren ging durch das Schiff, dann ein plötzliches Beschleunigen.
    »Kapitän Wong!« rief Albert Verdorcos Stimme aus dem Lautsprecher.
    »Idiot!« schrie Rydra. »Schalten Sie die Stasis-Generatoren aus!«
    Aber die Generatoren pfiffen bereits so laut, daß sie ihre Stimme übertönten. Wieder gab es einen Beschleunigungsstoß. Sie wurde in den Sessel gepreßt, sah Brass an der Wand kleben, Entsetzen in den Augen.
     

 
III. Teil: DSCHEBEL TARIK
     
1.
     
    Abstrakte Gedanken in einem blauen Raum, der rund und warm und glatt war. Komisch, wie manche Sprachen nur mit Singular und Plural auskamen. Die Indianersprachen unterschieden nicht einmal die Zahl. Bis auf die Siouxsprache, in der es einen Plural nur für belebte Objekte gab. Und während man im Spanischen jedem Objekt ein Geschlecht beigesellen mußte, war es im Ungarischen unmöglich: er, sie, es wurden alle mit dem gleichen Wort bezeichnet. Wörter sind Namen für Dinge. In Platons Zeit waren Dinge Namen für Ideen – gab es eine bessere Beschreibung des platonischen Ideals? Aber Wörter waren auch Symbole für ganze Kategorien von Dingen. Nur ein Individuum war ein Ding, für das Symbole unzulänglich waren, und so mußten Namen erfunden werden. Ich bin erfunden. Ich bin nicht ein runder, warmer, blauer Raum. Ich bin jemand in diesem Raum.
    Ihre halbgeschlossenen Lider öffneten sich ganz, und sie starrte verdutzt und in plötzlichem Erwachen umher, richtete sich auf.
    Sie saß in einer breiten Hängematte, und der Raum schien eine Art Krankenzimmer zu sein. Wo war sie gewesen? Was war geschehen? Ihr schwindelte, als sie sich an einen Traum erinnerte, den sie gehabt hatte – einen Traum, den sie in Babel 17 gedacht hatte. Oder war es kein Traum gewesen? Sie wußte es nicht zu sagen, denn schon verblaßte die Erinnerung.
    Sie sah die anderen in ihren Hängematten liegen, Brass und Carlos rechts und links von ihr, beide schlafend, und eine dritte Gestalt, die sie nicht identifizieren konnte.
    Dann machte sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung aus und sah einen Teil der Wand zurückgleiten. Drei Männer kamen herein und auf sie zu. Der erste hatte ein Gesicht wie aus braunem Sandstein gemeißelt. Er trug eine schwarze, umhangähnliche Jacke und eine enge Hose, die bis zu den Knien mit den Schnüren seiner abgetragenen Sandalen umwickelt waren. Seine einzige chirurgische Verschönerung war unechtes silberweißes Haar. An einem ausgedehnten Ohrläppchen hing ein dicker silberner Ring. Seine rechte Hand ruhte auf der Strahlwaffe in seinem Gürtel, als er von Hängematte zu Hängematte blickte.
    Der zweite Mann war schlank, mit den Mitteln der plastischen Chirurgie phantastisch zu etwas herausgeputzt, das halb wie ein sagenhafter Greif und halb wie ein Seepferdchen aussah, mit grobschuppiger Haut, Gefieder auf Kopf und Rücken und einem mächtigen, gebogenen Raubvogelschnabel anstelle des Mundes.
    Rydra wartete, daß einer von ihnen etwas sagte. Ein paar Worte nur, und sie würde wissen, ob sie es mit Anhängern der Allianz oder mit Invasoren zu tun hatte.
    Das Trio kam näher, und nun sah sie auch den dritten, der ein paar Schritte zurückgeblieben war. Größer und breiter als die anderen, trug er nur eine ausgefranste Hose, über der sich ein leichter Bauch vorwölbte. Seinen Handgelenken und Fersen entwuchsen dolchähnliche hornige Sporen, wie sie von Kampfhähnen getragen wurden – manche Leute aus der Transport-Unterwelt schätzten sie als nützlichen

Weitere Kostenlose Bücher