Babel 2 - Dämonenfieber
zitternden Beinen erhob sich Babel aus dem Stuhl und taperte ins Badezimmer hinüber. Im grellen Licht der Deckenstrahler wusch sie sich den Brei von den zitternden Händen und spritzte sich anschließend kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie ihr Gesicht im Spiegel sah, erschrak sie selbst über den Anblick.
Ihre Augen glühten beinahe, als würde das Dämonenfieber noch immer in ihnen lodern.
Ihre Wangen waren eingefallen, die Lippen spröde, und die blauen Flecken hoben sich deutlich gegen eine aschfahle Haut ab. Das Ritual hatte ihr alle Kraft abverlangt, der Kick des Schmucks und der Dämonenebene hatte nicht lange gehalten.
Mühsam richtete sie sich auf und stützte sich auf den Waschbeckenrand. Im Spiegel sah sie Judith im Türrahmen stehen. Sie drehte sich zu ihr um, das Wasser tropfte noch von ihrer Haut.
»Wie geht’s dir?«, fragte Judith.
Selten hatte Babel diesen ernsten Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen. »Glänzend. Und dir?«
»Du hast es wirklich geschafft. Die Toten sind weg.« In ihrer Stimme schwang etwas wie Ehrfurcht mit.
Aber es wäre beinahe schiefgegangen. Ich darf wirklich nie wieder auf die Dämonenebene. Mit jedem Mal wird das Fieber schlimmer.
Judith schüttelte den Kopf. »Ehrlich, Babel, das war ein beängstigender Anblick. Es war wie damals …« Sie brach ab und sah verlegen zur Seite. Diese alte Geschichte zwischen ihnen hatte sie nicht ansprechen wollen, nicht jetzt, wo Babel ihr diesen Riesengefallen getan hatte.
Babel fuhr sich mit den feuchten Fingern durch die Haare, bis sie ihr nicht mehr in wirren Strähnen ins Gesicht fielen. »Es tut mir leid, Judith. Was damals passiert ist, meine ich.«
»Wir sind quitt, würde ich sagen.«
Zögernd nickte Babel, trat auf sie zu und umarmte ihre Schwester. Es war einer jener seltenen Momente zwischen ihnen, in denen sie tatsächlich spüren konnte, dass sie eine Familie waren. Da war sie plötzlich da, diese Nähe zwischen Schwestern, von der immer gesprochen wurde.
Als sie Judith losließ, sagte Babel leise: »Du hattest übrigens recht. Auguste ist nicht der Nekromant, der diese Toten auf dich angesetzt hat. Aber irgendjemand war es, und wir sollten rausfinden, wer. Du hast dir irgendjemanden zum Feind gemacht, der bereit ist, sehr weit zu gehen, um dich zu vernichten. Das solltest du nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
Judith nickte. »Ich kümmer mich darum. Geh du erst mal nach Hause und ruh dich aus. Du siehst ziemlich fertig aus.«
Erschöpft lachte Babel und klopfte ihr kurz auf die Schulter, bevor sie das Bad verließ. Draußen wartete Karl bereits ungeduldig. Aufmunternd drückte sie ihm den Arm.
»Alles erledigt?«, brummte er.
»Ja, alles, wie es sein soll.«
»Hältst du das etwa für eine gesunde Gesichtsfarbe, Mädel?«
»Fragt mich der Mann, der seinen ersten Zigarillo noch vor dem ersten Kaffee anzündet?«
Er runzelte die Stirn. »Glaub bloß nicht, dass sich die Sache erledigt hat, wir reden noch drüber, Mädel. Du hast mir da vorhin nämlich eine Scheißangst eingejagt, das kann ich dir sagen.«
»Ich weiß«, gab sie zu. »Du kannst mich später anschreien, ich brauch erst mal eine Pause.« Sie wandte sich an Auguste, der wieder in seinem Sessel Platz genommen hatte. Judith stand neben ihm und hatte die Hand auf seine Schulter gelegt. Babel musste zugeben, dass die beiden ein schönes Paar waren. Ihre Gegensätze ergänzten sich auf beinahe gespenstische Weise.
Sie trat zu den beiden und streckte Auguste die Hand entgegen. Die Worte fehlten ihr, aber er schien die Geste auch so zu verstehen, wie sie gemeint war: als Friedensangebot.
An den Gedanken, dass ihre Schwester ein Verhältnis mit einem Ombre hatte, würde sich Babel vielleicht nie gewöhnen können, aber sie konnte wenigstens versuchen, ihm nicht den Kopf abzureißen.
»Dir ist klar, dass du ihn irgendwann Mutter vorstellen musst?«, sagte sie zu Judith.
»Ich versuche es hinauszuzögern, solange es geht.«
»Vermutlich weiß sie längst von ihm.«
Schulterzuckend lächelte Judith, wobei sich auf der linken Wange ein Grübchen bildete. »Davon gehe ich aus. Wobei es mir ein völliges Rätsel ist, wie sie immer über alles Bescheid wissen kann.«
»Du weißt auch mehr, als gut für dich ist, weil deine Tauben ständig auf meinen Bäumen sitzen und durch meine Fenster glotzen.«
»Mutter betreibt keine Tiermagie, das weißt du so gut wie ich. Sie ist allergisch.«
Irritiert schaute Auguste zwischen ihnen hin und her. Sein
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