Babel 2 - Dämonenfieber
und es schien auch, als wäre die Wirkung der Dämonenebene schlimmer als je zuvor, denn mit jedem Übertritt spürte sie den Sog zu bleiben stärker.
Am Rand ihres Bewusstseins nahm sie die Dämonen wahr, magisch aufgeladene Energiewolken, deren bunte Farben sie an Picasso-Bilder erinnerten. Der Rausch, der sie erfasste, nahm ihr die Ängste. Auch jene, nicht zurückzukehren. Wie Schlangen glitten Babels magische Wellen vorwärts, den Dämonen entgegen.
Als die ersten vor ihnen zurückwichen, spürte Babel wieder die Erregung, die sie damals mit Sam erfasst hatte. Die alten Gefühle vermischten sich mit neuen Eindrücken, alles wirbelte durcheinander, bis Babel nicht mehr wusste, wo ihr Selbst anfing und die Dämonenebene aufhörte.
Alles floss ineinander, und sie wurde eins mit den Energien, die sie umgaben. Sie konnte noch sehen, was auf ihrer eigenen Ebene geschah, dass Judiths Gesicht einen panischen Ausdruck angenommen und Karl seinen Platz an der Wand verlassen hatte. Er war näher getreten und sah besorgt aus.
Aber es war ihr egal. Alles war so leicht um sie herum …
Judith rief etwas, aber wieder drang ihre Stimme nicht zu Babel durch. Sie wollte nach ihr greifen, aber Babel entzog sich. Ihre Hände glitten aus der Schüssel, der Knochen-Milch-Brei matschte auf den Tisch und tropfte von der Platte.
Aber auch das spielte keine Rolle mehr.
Sie brauchte dieses Hilfsmittel nicht mehr, um einen leichteren Kontakt zu den anderen Ebenen herzustellen. Ihre Magie war stark genug, um alles zu tun, was sie sich vorstellte.
Und sie wollte bleiben.
Das Glühen der Energien nahm zu, immer schneller drehten sich die Dämonenwolken. Sie wurde von diesem Wirbel angezogen, und die Menschen um sie herum verloren an Bedeutung. Sie konnte sie noch sehen, wusste, dass Judith ihre Schwester war, aber sie fühlte nicht mehr für sie als für eine Fremde.
Teilnahmslos sah sie zu, wie sich Judiths Lippen bewegten und ihren Namen formten.
Doch plötzlich wurde sie von etwas gepackt. Stechende magische Energien drangen auf sie ein. Auguste war in ihr Sichtfeld getreten, und ein Ruck durchfuhr sie. Er hatte den Stuhl, auf dem sie saß, zu sich gezogen. Im Hintergrund stritten Judith und Karl. Sie hielt ihn davon ab, sich auf den Ombre zu stürzen.
Die Eisriesen dürfen den Himmel nicht betreten, dachte sie verwirrt und hörte das dröhnende, gehässige Lachen.
Aber das ist doch nicht der Himmel, du Lamm. Hast du das wirklich geglaubt?
Der Ombre nahm ihr Gesicht in seine Hände, und bevor sie sich versah, war er bei ihr auf der Dämonenebene. Noch stärker drangen seine Energien auf sie ein, und das sie umgebende Meer verlor an Wärme. Die kalte Totenenergie, die mit seinem magischen Netz verbunden war, übertrug sich auf Babel.
Es war wie ein Eimer kaltes Wasser.
Und der Schock war ernüchternd. Die Hitze wich von ihr. Weit genug, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen.
Ich muss zurück.
Sie starrte in seine grauen Nebelaugen, denen die Iris fehlte, und konzentrierte sich auf den Weg zurück. Seine Kälte hüllte sie lange genug ein, um die Dämonenebene zu verlassen und wieder auf ihre eigene zu wechseln.
Schwer atmend saß sie in dem Stuhl, und ihre Magie sackte in sich zusammen wie ein Soufflé. Die magischen Wälle fielen ein, und dort, wo Auguste sie gepackt hatte, kühlte ihre Haut aus.
Einen Moment lang brauchte sie, um zu sich zu finden, während er vor ihr hockte, seine Hände auf ihren Knien, und der Milchmatsch zäh von ihren Händen auf den Teppich tropfte.
»Was für eine Sauerei«, sagte sie irgendwann und war dabei kaum zu verstehen, so trocken war ihr Hals.
»Alles in Ordnung, Babel?«, fragte Karl besorgt, und Judith nahm endlich die Hand von seinem Arm, damit er auf Babel zugehen konnte.
Sie nickte schwach, bevor sich ihr Blick auf Auguste richtete, der wieder seine ganz normalen dunkelbraunen Augen besaß, weil die Holzasche die Energie aufgebraucht hatte.
Langsam stand er auf und brachte etwas Abstand zwischen sie. Sofort ließ das Stechen auf ihrer Haut nach.
»Danke«, sagte sie leise, und er nickte.
»Kein Problem.«
Sprachlos schaute sie ihn an, denn sie wusste nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Er hatte sich für sie weit aus dem Fenster gelehnt, denn genau wie sie lief er Gefahr, von einer Ebene auf die andere zu wechseln, wenn er ihre eigene Existenzebene erst einmal verlassen hatte. Ihr beider Glück war nur gewesen, dass die Dämonen nicht seine Schwäche waren.
Mit
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