Babel 2 - Dämonenfieber
wie getrocknetes Blut aussah, dafür brauchte sie keinen Nekromanten. Der Spiegel half dem Nekromanten bei seinen Ritualen. Er war groß für ein Utensil, aber auch mächtig. Wahrscheinlich hatte er damit seine Fähigkeiten trainiert.
Spiegel waren gut dazu geeignet, auf anderen Ebenen Tote oder Dämonen anzulocken. Hexen konnten sich ihrer bedienen, um die andere Ebene sichtbar zu machen, wenn es ihnen nur schwer gelang, selbst hinüberzukommen.
Es war auf jeden Fall die weniger gefährliche Variante während eines Rituals, denn es sparte Kraft.
Wie hypnotisiert hob sie die Hand und ertastete mit ihren Energien das magische Muster.
»Nicht!«, rief Sam, als er sah, was sie tat, und sie warf ihm einen spöttischen Blick über die Schulter zu.
»Sag bloß, dir beschert’s eine Gänsehaut?«
»Dir etwa nicht?«
»Doch, aber das ist ein Gegenstand von großer Macht.«
Mit Widerwillen sah er sich um. »Die Toten sind einfach nichts für mich.«
»Ich weiß, was du meinst.«
Auch wenn Dämonen eine andere Lebensform waren und keinen stofflichen Körper besaßen, so waren sie doch trotz allem irgendwie am Leben. Sie besaßen noch Streben und Verlangen. Den Toten fehlte dieser Impuls. Hatten sie endlich Ruhe gefunden, wollten sie nichts weiter, als diese Ruhe zu erhalten. Ihre Verbindungen zur lebendigen Welt waren nur dünn.
Als würde man einen alten Schulfreund treffen.
Man hat sich mal gekannt, das wusste man noch, aber nun hatte man sich nichts mehr zu sagen.
»Es fühlt sich an wie Winter«, flüsterte er.
Das stimmte, stellte sie überrascht fest. Seine Herkunft machte Sam sensibel, wenn es um magische Energien ging, auch wenn er selbst keine Magie wirken konnte. Die Winterkälte der Toten erfüllte auch diesen Raum, so oft waren hier die Ebenen vermischt worden. Zuerst merkte man es nicht, doch wenn man sich länger darin aufhielt, begann einen zu frösteln.
»Der Zombie ist nicht hier«, stellte sie fest. »Aber er hat sie hier geschaffen, daran besteht kein Zweifel.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Warten.«
21
In der Zwischenzeit sahen sie sich die Tränke an, die der Zombie bereits hergestellt hatte. Die Aufkleber auf den Gläsern verstanden sie beide nicht.
»Wir sollten sie zerstören«, sagte Babel.
»Bist du sicher? Ich meine, das ganze Zeug ist ein Vermögen wert.«
Sie hob ein Glas in die Höhe und wackelte damit herum. Die zähflüssige Masse darin bewegte sich träge von einer Seite auf die andere. »Aber nur, wenn es auch funktioniert.«
»Dann sollten wir es testen.« Sam grinste, aber Babel tippte sich an die Schläfe.
»Na klar, lass uns einen Schluck nehmen von der unbekannten Substanz. Vielleicht werden wir ja zu Dr. Jekyll und Mr Hyde.« Sie stellte das Glas zurück.
Lange dauerte es jedoch nicht, bis Babel das Näherkommen des Nekromanten spürte – und auch das der wandelnden Toten. Beinahe im selben Augenblick sagte Sam: »Da kommt er.« Er stand an einem der Fenster und beobachtete die Straße.
»Er muss einen Alarm installiert haben.« Sie ging zu ihm und sah auf die zwei Gestalten hinunter, die sich der Fabrik näherten. Babel erkannte Sonjas rotes Haar, doch diese schlurfende, eingefallene Frau ähnelte ansonsten nicht im Geringsten der Salonherrin, die sie einmal gewesen war. Wie ein schmutziges Abziehbild ihres früheren Selbst trottete sie hinter dem Nekromanten her.
Von ihm war nicht viel zu erkennen, er trug Jeans und Jacke wie Tausende andere Männer auch.
»Kommt er dir bekannt vor?«, fragte Sam.
»Nein, aber auf die Entfernung kann ich sein Gesicht nicht erkennen.«
Als hätte der Nekromant sie gehört, hob er den Kopf und blickte an der Fassade empor.
Sofort packte Sam sie am Handgelenk und zog sie vom Fenster zurück. »Hat er uns gesehen?«
»Nicht durch den Dreck.« Babel deutete auf die staubbedeckte Scheibe, die wohl mehr als einen Frühjahrsputz umgangen hatte.
»Spürt er, dass du hier bist?«
»Vermutlich. Wahrscheinlich ist er zurückgekommen, weil wir Alarm ausgelöst haben. Hier liegt so viel Magie in der Luft, dass ich das nicht gemerkt habe.«
»Tja, wenigstens müssen wir nicht stundenlang in diesem Loch auf ihn warten.« Er ließ die Schulter kreisen, knackte mit den Fingern und positionierte sich in der Mitte des Raums, das Gesicht zur Tür. »So viel zum Überraschungselement.«
»Wo er wohl mit ihr war?«, überlegte Babel laut, während sie sich neben Sam stellte und ihre Magie aktivierte. »Er wird jedenfalls keinen
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