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Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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drunten bei Imām Ssināt Sich große, starke Reiterhorden sehen.
    Scheik
(prallt zurück, wie vor etwas ganz Fremdem, besinnt sich aber rasch):
    Die Krieger der Schukūk!
    Vorbeter
(mit Betonung):
    Die uns noch fehlten!
    Scheik
(tief Atem holend):
    Allāh sei Dank, die Freunde kommen alle!
    Wie wird das Herz mir leicht! Der Sieg ist unser!
    Der Sieg, der Sieg für meine Ān’allāh, Für mich, Abū Kitāl, des Kampfes Vater, Für den Islām und für – – –
    (stockt, besinnt sich auf das Vorhergehende)
     
    und Bēnt’ullāh?
     
    (vergißt die Anwesenheit des Negers, wird von seiner Erregung hin und her getrieben)
     
    Und Bēnt’ullāh – – –! die von dem Tod Erwachte – – –!
    Die Mutter meines Sohnes – – –!
     
    (erschrickt)
     
    Meines – – – Erben!
    Der mir als Scheik zu folgen – – – – – – – –– – – – – – – – Bēnt’ullāh!
    Du glaubst an Einen, der dir höher steht, Als der Islām und alle Paradiese.
     
    (abwägend)
     
    Bei dir find ich das Glück, das Himmelreich, Und hier den Ruhm, die Herrlichkeit der Erde.
     
    (ratlos)
     
    Was soll ich tun? Was soll ich wählen? Sag!
    Ich frage mich und frage das Geschick, Doch keine Antwort kommt. So muß ich beten!
     
    (faltet die Hände, ängstlich)
     
    »Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Lob und Preis sei Gott, dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tage des Gerichtes! Dir wollen wir dienen, und zu dir wollen wir flehen, auf daß du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die deiner Gnade sich freuen, nicht den Weg derer, denen du zürnest und nicht den Weg der Irrenden!«
     
    (dreht sich um, da steht der Vorbeter noch vor ihm; zurückweichend)
     
    Was willst du noch? Was hast du noch zu sagen?
    Vorbeter
(hebt warnend den Arm, genau so, wie am Schlusse des Nachmittagsgebetes, als der Scheik ihn fortwies):
    Daß es – – – mit dir – – – zum raschen Ende geht!
    Scheik
(verständnislos):
    Wie meinst du das?
    Vorbeter:
    Erinnre dich, o Scheik!
    Soeben hast du sie gebetet!
    Scheik:
    Was?
    Vorbeter:
    Die heilge Fāt’ha!
    Scheik
(zusammenfahrend):
    Wirklich?
    Vorbeter
(die Hand wie zum Schwur erhebend):
    Bei Allāh!
     
    Vorhang nieder.
     
    Ende des ersten Aktes.

Zweiter Akt
Situation

    Alle Veränderungen, welche die Szene während des ersten Aktes erlitten hat, sind aufgehoben worden. Auch der Thron steht wieder so, wie er ursprünglich stand. Die Schattenspieler haben nicht wieder zu erscheinen, und das auf sie verwendete Personal kann anderweit beschäftigt werden.
    Schēfakā ist auch in diesem Akte unablässig als Wirtin tätig. Das gehört zu ihrer Rolle als »Seele«. Und Jeder bemüht sich, ihr zu zeigen, wie gern man sie hat. Alles, was sie tut und spricht, ist innerlich begründet, wie z.B. nur allein sie es sein darf, welche den Befehl, das Innere des Turmes zu erleuchten, in Ausführung bringt.
    Der Klang der »Hämmer« muß sehr ernst genommen werden. »Kulūb« ist der Plural des arabischen Wortes für »Herz«. Die Herzensqualen, welche der nach oben strebende, von seinen Widersachern gemarterte Mensch in der Schmiede von Kulūb auszustehen hat, sind durch diese Hammerschläge anzudeuten, welche sofort erklingen, sobald der Scheik von der Enttäuschung und vom Schmerz ergriffen wird. Diese Wirkung kann nicht durch irgend eine akustische Spielerei hervorgebracht werden, sondern durch wirkliche Hämmer, die in Moll zusammenklingen und von so verschiedener Größe sein müssen, daß die folgende Klangfigur zu erreichen ist:
    (für vier Hämmer)

     

    Schließlich noch die vielleicht nicht ganz unnötige Bemerkung, daß, um der Regie die größtmögliche Freiheit zu lassen, über »An« und »Ab« der handelnden Personen keine Vorschriften gemacht werden. Man hat sich den Beratungsplatz der Ān’allāh nach rechts und links so offen zu denken, daß kein Zwang stattzufinden braucht, durch irgend eine bestimmte Kulisse zu kommen oder zu gehen.
Erster Auftritt
    Dieselbe Szene wie im ersten Akte.

    Es ist gegen Mitternacht. Kein Mond und auch nur wenige Sterne am Himmel. Flackerndes Herdfeuer, also unruhiges, ungewisses Licht.
    Die Vorhänge des Zeltes sind geschlossen.
    Man hört, noch ehe der Vorhang sich hebt, vom entfernten Duar
3 her eine schrille, arabische Musik, in welche von Zeit zu Zeit auch Menschenstimmen mit den bekannten Interjektionen klingen. Wie es scheint, werden da drüben Reden gehalten, denen man Beifall spendet. Während der Pausen

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