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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nannte, hatte einen großen Haufen abzutragen. Aber wo kam der her bei Sawitzkij? Außer dem Viehkauf gab es nichts, was die Babkins mit den Sawitzkijs verband. Oder doch? Ihr guten Heiligen, was kommt jetzt ans Tageslicht? War ich denn in meinem Leben nur von Halunken umgeben?
    »Wir haben uns nie gemocht, mein Bester, nie! Wenn wir uns sahen, rumorte in unseren Herzen der Wunsch: Schlag ihm jetzt den Schädel ein!«
    Ehrlich ist er, dachte Babkin zufrieden. Genau so war's, Freundchen. Wir grüßten uns freundlich und knirschten innerlich mit den Zähnen. Und das vierunddreißig Jahre lang. Ist das eine Zeit! Aber so ist das Dasein, man schleppt lebenslang Dinge mit sich herum, die mit einem verwachsen sind wie ein Leberfleck. Du, Aljoscha Sidorowitsch, warst mein Leberfleck, den ich haßte, so oft ich ihn betrachtete. Daß du mich überlebt hast, ist eine Gemeinheit des Schicksals. Gott hätte das nicht zulassen dürfen. Im Himmel werd' ich ihn fragen, wer ihn dazu überredet hat, mich eher von der Erde wegzunehmen als dich! Da muß wirklich ein Irrtum vorliegen in der göttlichen Gerechtigkeit.
    »Eigentlich ist es nicht viel, was ich dir zu sagen habe«, fuhr Sawitzkij fort. »Nur eine Kleinigkeit ist's, von minderer Bedeutung und eigentlich nicht wert, daß man darüber lange spricht. Aber ich will dich ruhig ziehen lassen, unbelastet von jeglicher Unwissenheit.«
    Das klang direkt philosophisch und verbreitete natürlich Schrecken in Babkins Seele. Wenn jemand derartig weihevoll spricht, muß er mit seinem Gewissen schon arg am Boden liegen. Aber Sawitzkij und ein Gewissen! Da muß man lachen, Genossen! Das wäre, als wenn ein Fuchs mit einer Gans sonntags spazieren ginge …
    »Das war nämlich so, Wadim Igorowitsch«, sagte Sawitzkij mutig, »daß mir fast das Herz stehenblieb, als du vor vier Jahren zu mir kamst und erklärtest, du wolltest deinem Betrieb eine Dosenwurstherstellung angliedern. Gierig wie immer, hab' ich gedacht. Kann sich mit Rubelscheinen den Hintern abwischen, der Babkin, aber nein, nicht genug hat er, sondern muß immer weiter Geld scheffeln. Immer fetter wird er dabei und eines Tages in seinem Reichtum ertrinken. Ja, ersticken wird er in seinen Rubeln! Und nun liegst du da und hast Platz in einer hölzernen Kiste. Das ist das einzige, was ich dir gönne! Aber vor vier Jahren, da war ich sprachlos, zugegeben. Und was hast du gesagt? ›Aljoscha Sidorowitsch‹, hast du gesagt, ›kannst du mir gute Schweinchen und zarte Kälbchen liefern? Beste Qualität natürlich, aber billig müssen sie sein. Ein Sonderpreis, unter Freunden … ‹ Ja, das hast du gesagt: Unter Freunden! Hinterher habe ich mich erkundigt, ob du in Behandlung beim Nervenarzt bist, aber keiner wußte etwas davon. Auch besoffen warst du nicht … Ich habe keine Wodkafahne an dir gerochen. Er meint es tatsächlich ernst, dachte ich. Wirklich, er will von dir Vieh kaufen, um Wurst daraus zu machen und noch reicher zu werden. Na warte, du Rubelschlund … das Beste, was ich bekommen kann, sollst du haben! Und so geschah's, Wadim Igorowitsch! Und du warst zufrieden mit jeder Lieferung, auch mit dem Preis.«
    Das stimmt genau, dachte Babkin verwundert. Was soll das, Aljoscha? Über Dinge, die in Ordnung sind, hat bis jetzt noch keiner an meinem Sterbebett gesprochen. Du, ausgerechnet du, wolltest mich Armen damit erfreuen?! Das wäre eine zu harte Strafe, die ich mitnehme in die Ewigkeit. Tu mir das nicht an, bei all unserer Feindschaft nicht!
    Sawitzkij beugte sich vor, ordnete seine Blumen auf Babkins Bauch und legte dann los.
    »Wenn du wüßtest, mein Guter, wie ich dich betrogen habe! Ha! Wie jedesmal läuft mir auch jetzt bei diesem Gedanken ein Wonneschauer über den Rücken! Was hast du von mir gekauft – du ahnst es nicht! Schöne Schweinchen, ja, zarte Kälbchen, ja – und bezahlt hast du dafür einen gerechten Preis. Unter Freunden, wie du sagst. Mir hüpft das Herz, wenn ich daran denke. Gekauft hast du Fleisch, das vom Veterinär abgelehnt wurde. Wegwerfen hätte ich es müssen, kein Stempelchen hatte es bekommen. Es waren allesamt Notschlachtungen wegen Krankheit; Schweinepest, Tuberkulose, was weiß ich. Nichts als wertloses Fleisch – und Babkin kauft es zu einem Freundschaftspreis! Muß man da nicht jubeln, Wadim Igorowitsch?«
    Sawitzkij rieb sich die Hände. Tatsächlich, das tat er an einem Totenbett, vor einem, der dem Himmel nahe war und den er so schmählich betrogen hatte. Welch ein verdorbener

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