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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wissen solltest. Hat's dich nicht gewundert, daß ich nie geheiratet habe? Gib es zu, ein ansehnlicher Mann bin ich doch. Es gab Zeiten, da verdrehten die Weibchen die Augen nach mir, und wenn ich die Lippen spitzte, wackelten sie mit den Hintern wie rossige Stuten. Aber ich bin allein geblieben, ohne Frau. Es gibt keine, die sich Afanasjewa nennen kann. Woher wohl dieser Zustand? Fragst du dich das nicht, mein liebster Freund? Oh, tiefe Gründe hat das. Ein Mädchen gab es mal, das hieß Nina Romanowna und wurde die Frau des widerlichen Babkin. Nie hast du erfahren, daß sie vorher in meinen Armen gelegen hatte, und nie hast du erfahren, daß sie später, eine reife schöne Frau und damals schon Mutter von zwei Töchtern, wieder in meinen Armen lag, während du dich um deine Kohlfässer gekümmert hast. Und höre, mein Guter: das Grundstück mit allem, was jetzt darauf steht, mit dem großen schönen Wohnblock und den Gärten drumherum, ich hab's in meinem Testament deiner Nina vermacht. Meinem Seelenfrieden zuliebe hab ich's getan, und so bleibt alles nun doch in der Familie Babkin, zumal ich glaube, daß Walentina, dein jüngstes Töchterchen, der Zeitrechnung nach auch von mir sein könnte …«
    Erst Narinskij, der Metzger, Sapanow und Blistschenkow und jetzt auch noch Afanasjew, dieser Gauner! O Ninotschka, wer hat dir sonst noch den Rock ausgezogen? Ein Blinder war ich, wirklich ein Blinder, ein Trottel, ein Clown! Alle lachten über mich, und ich habe gedacht, sie lachten mir zu aus Freundlichkeit und Nächstenliebe. Hatte ich ein armes Leben, o je! Den Babkins gehört also irgendwann das Grundstück wieder, großzügig geschenkt im Bett … Wenn es wirklich eine Hölle gibt, Viktor Viktorowitsch, dann muß eine besondere Abteilung ganz allein für dich eingerichtet werden!
    Geh endlich hinaus, Afanasjew! Und ich danke dir … Ich bin so froh, nicht mehr unter euch Bestien zu leben.
    Babkin wartete ab, bis Afanasjew leise das Zimmer verlassen hatte, nicht, ohne vorher ein Gebet am Fußende des Bettes zu sprechen, und fragte sich, ob nun noch etwas kommen könnte, das alles bisherige übertraf. Unvorstellbar war das … Wo gab es eine Steigerung über Afanasjews Gemeinheiten hinaus?
    Ist denn kein einziger guter Mensch in meiner Umgebung, dachte Babkin traurig. Gibt es keine guten Seelen mehr? Da kommen sie herein zu mir, laden ihren Dreck ab, und dann gehen sie erleichtert davon, als sei nichts geschehen. Muß man sich das bieten lassen, auch als Toter?
    Babkin hielt den Atem an, als die Tür sich wieder öffnete.
    O nein, das darf nicht sein, durchfuhr es ihn. Er auch? Mein lieber, lieber Gott im Himmel, schick einen Blitz herunter und erschlag sie alle.
    Aljoscha Sidorowitsch Sawitzkij war ein Nachbar, den Babkin von Kindheit an mit bösen Blicken betrachtet hatte.
    Sawitzkij, fünf Jahre älter als Babkin, hatte im kindlichen Alter ein Spiel daraus gemacht, den Nachbarjungen Wadim Igorowitsch zu verprügeln, wo immer er ihn traf. Und das war oftmals am Tag, in der Schule, auf der Straße, am Fluß, im Birkenwald, am Seeufer.
    »Na, Mamasöhnchen?« sagte dann der starke Aljoscha Sidorowitsch etwa. »Hast heute noch nicht das Höschen vollgemacht? Helfen wir dem sofort ab …« Und schon ging's los, mit Faustschlägen, Fußtritten, ekelhaften Ringergriffen – alles nur so zum Spaß, bis dem armen kleinen Babkin nichts anderes übrig blieb, als vor Angst tatsächlich in die Hose zu machen.
    Zu Hause erzählte er nichts davon, aber er schwor sich, dem giftigen Sawitzkij einmal alle Schmach zurückzuzahlen. Jahre konnte das dauern, groß und stark mußte man dafür werden, um gegen ihn zu bestehen, und Babkin trainierte und unterzog sich allen Mühen, deren Endziel es war, starke Muskeln zu bekommen und jedermann Respekt einzuflößen. Er stemmte Hanteln und Gewichte, ließ sich im Boxring puddingweich schlagen, krachte auf die Ringmatten, zog Expander und wirbelte beim Judo durch die Luft, daß es eine wahre Pracht war.
    Als Babkin sechsundzwanzig war, dünkte er sich so weit, um gegen Sawitzkij anzutreten und ihm alle Kinderschmach zu vergelten.
    Am Ufer des Sees war's, als sie an einem Sommernachmittag zusammentrafen. Aljoscha Sidorowitsch lagerte da mit seiner Angebeteten, der hübschen Nina Romanowna, briet einen selbstgefangenen Fisch auf dem Holzfeuer und blickte schon sehr nachdenklich drein, als er Babkin heranschlendern sah.
    »Jetzt verpestet er uns sogar die schöne Luft!« sagte Sawitzkij auch

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