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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pyljow und wurde sichtlich ruhiger. »Klüger sind Sie, als ich annehmen wollte. Ein Spritzchen … Babkin wird es nicht verweigern, es kommt ja von einem Arzt. Und wenn Sie die fünffache Menge nehmen, Genosse Doktor, dann …«
    »Das wäre Mord!« sagte Dr. Poscharskij steif.
    »Ein Versehen, Doktor. Ein unangenehmer Rechenfehler. Jedem kann das passieren. Ist der Mensch denn vollkommen? Babkin aber wird selig einschlafen – und alles ist so, wie es auf dem Totenschein steht: Herzversagen. Genial, Genosse Doktor …«
    »Mord!« wiederholte Bairam Julianowitseh dumpf. »Mord! Mit mir? Ausgeschlossen! Ich werde Babkin nur beruhigen, ihn einschlafen lassen. Was dann in diesen zwei Tagen geschieht, ist eure Sache. Ich weiß von nichts.«
    »Aber der jetzige Totenschein gilt?« rief Pyljow fast jubelnd.
    »Tot ist tot.« Eine weise Antwort war das. Für Dr. Poscharskij konnte sich damit die große Sorge verflüchtigen, lächerlich gemacht zu sein, weil er einen Scheintod nicht erkannt hatte.
    Tatsächlich, das war ein guter Weg. Babkin wurde begraben, nunmehr wirklich von dieser Erde genommen … Es wurde praktisch nachgeholt, was zwei Tage vorher schon bescheinigt worden war. Und welcher Arzt guckt sich einen Toten noch einmal an, wenn er den Totenschein schon unterzeichnet hat? Nie würde ihn, Poscharskij ein Vorwurf treffen, zumal alle hier das größte Interesse hatten, Babkins Tod als endgültig anzusehen. »Ich gehe jetzt zu ihm, meine Lieben, und werde Babkin beruhigen. Spätestens in einer halben Stunde schläft er.«
    Der Arzt schob Walentina zur Seite, die noch immer mit ausgebreiteten Armen die Tür versperrte, und klopfte höflich an. Von drinnen antwortete Babkins Stimme, bei der alle heftig zusammenzuckten, und dann trat Dr. Poscharskij ein und schloß die Tür hinter sich.
    Pyljow atmete tief auf. »Wir sind eine Familie«, sagte er und blickte sich zu allen anderen um, »in Freud' und Leid und Verderben verbunden. Jeden von uns trifft Babkins Zorn, das steht außer Zweifel. Tragen wir jetzt gemeinsam die schwere Bürde: Noch heute muß es geschehen! Und morgen wird er begraben! Dann ist Ruhe bis an unser Lebensende …«
    Alle nickten stumm, sogar Walentina, Babkins Augenstern.
    So ist es im Leben, liebe Genossen: Wer zuviel von anderen weiß, kann frühzeitig sterben …
    Babkin saß noch immer auf der Bettkante, die Hände zwischen die Knie geklemmt, und starrte gegen die tapezierten Wände. Schon darin zeigte sich der Luxus, in dem die Babkins lebten – die meisten Zimmer in Ulorjansk waren nur getüncht, zweimal: einmal weiß als Grundfarbe, und dann in einer anderen Farbe mit einer Gummirolle, die ein Muster aufdruckte.
    »Nun?« fragte Babkin, als Dr. Poscharskij ins Zimmer kam.
    »Was – nun?«
    »Hat sich schon jemand von den Halunken aufgehängt?«
    »Wadim Igorowitsch, Sie sehen die Probleme zu scharf …«
    »Betrogen haben sie mich alle – jetzt werde ich kassieren!«
    »Vergessen Sie nicht, daß Sie mit Nina Romanowna zweiunddreißig Jahre verheiratet sind …«
    »Von denen sie mich dreiunddreißig Jahre betrogen hat! Mit Narinskij und Blistschenkow, Sapanow und Afanasjew … O Himmel, das sind nur die Namen, die ich jetzt kenne. Wer ist da noch, von dem ich keine Ahnung habe? Welch ein Weib, Bairam Julianowitseh! Gebiert mir drei Kinder und hintergeht mich Tag für Tag! Was steckt bloß in ihr? Habe ich so versagt, mein Guter?«
    »Wer weiß das? Sie fragen mich? Lag ich neben euch im Bett?«
    »Ha! Welch ein Gedanke!« Babkin zuckte hoch. »Auch Sie hätten ein Liebhaber von Nina sein können! Waren Sie es? Gestehen Sie es, Poscharskij. Alle haben gebeichtet – tun Sie's auch! Haben Sie auch bei Nina gelegen?«
    »Pfui! Schämen Sie sich, Wadim Igorowitsch.« Dr. Poscharskij war beleidigt und stellte sich ans Fenster, mit dem Rücken zu Babkin. »Ich bin Arzt. Meine Therapien auch bei hysterischen Frauen sind wissenschaftlicher Natur. Sie haben meine Seele getroffen, Babkin.«
    »Wem kann man noch glauben? Wem?« Babkin schlug die Hände zusammen. »Was ich alles gehört habe, was sie mir alles erzählten – nur, weil ich endlich tot war … Das war die Hölle, Doktor! Nur so kann sie sein!«
    »Und Sie?«
    »Was heißt das: Und Sie?«
    »Wenn alles nach innen blickt und sich Lasten von der Seele redet – wie ist's mit Ihnen, Wadim Igorowitsch? Ist Ihr Gewissen rein wie eine Engelshaut? Haben Sie nichts zu bereuen?«
    »Davon ist jetzt nicht die Rede.« Babkin winkte ab. »Aber

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