Babkin, unser Väterchen
Angst zu überwinden: Väterchen Babkin ist wieder da! Was wird nun geschehen – in den nächsten Stunden, den nächsten Tagen? O je, o je, was weiß er jetzt alles, was haben wir ihm alles gebeichtet, in gutem Glauben, er sei hinweggerafft aus dieser Welt.
Der Lehrer Pyljow war der erste, der das Wort ergriff. Noch immer war sein Kopf rot, und seine Augen glotzten wie bei einem Kalb. Sein tiefstes Geheimnis hatte er Babkin preisgegeben – ein Leichtes war es nun für das auferstandene Schwiegerväterchen ihn zu vernichten.
»Sie allein, Bairam Julianowitsch, sind der Schuldige«, sagte Pyljow heiser, »wenn in den nächsten Tagen Schädel eingeschlagen werden! Ihre verdammte Fehldiagnose …«
»Nichts war hier falsch diagnostiziert!« entgegnete Dr. Poscharskij stolz und furchtlos. »Wir haben es mit einem einzigartigen Phänomen zu tun …«
»Also doch eine schlimme Krankheit?« stotterte Nelli ergriffen.
»An der er bald richtig sterben wird?« fragte Nina Romanowna hoffnungsvoll.
»Phänomen kommt aus dem Griechischen!« Lehrer Pyljow hatte wieder einmal Gelegenheit, mit seinem Wissen zu protzen. »Phainomenon heißt es … das ›Erscheinende‹ – ein außergewöhnliches Ereignis, das kaum erklärbar ist. Wenn Wadim Igorowitsch ein Phainomenon ist, kann man nichts machen.«
»Ein … ein griechisches Ereignis?« stammelte Nina, die verhinderte Witwe. »Du lieber Himmel, was hat Babkin mit Griechenland zu tun?«
Pyljow winkte ab. Dämlichkeit widerte ihn seit jeher an. »Babkin war also scheintot?« fragte er Dr. Poscharskij. »Und Sie haben das nicht entdeckt? Welch ein Arzt!«
»Boris Witalowitsch!« rief Dr. Poscharskij und hob warnend die Hand. »Werden Sie nicht unverschämt! Beleidigungen beantworte ich mit Ohrfeigen! Fragen Sie Jurij Andrejewitsch, den Sattler aus der Ulanska Bratja Nummer 9! Ruft mich an, der Kerl, nachts um zwei Uhr, ich solle kommen, sofort, es sei sehr schlimm. Ich rase hin, sehe ihn im Sessel sitzen und frage ihn voller Mitleid: ›Na, Genosse, wo fehlt's denn?‹ Und was antwortet er mir, dieser Verbrecher? ›Doktor, gut, daß Sie da sind, ich weiß mir keinen Rat mehr. Den Drang habe ich, zu scheißen, aber es kommt nichts!‹ Ha! Was habe ich getan? Na? Rechts und links habe ich ihn geohrfeigt, gezüchtigt wie einen ungezogenen Hund. Ich wette: Jurij Andrejewitsch ruft mich nachts um zwei Uhr nicht mehr! Und auf Sie, Genosse Pyljow, warten auch Ohrfeigen, wenn Sie mich weiterhin in dieser Form attackieren!«
»Was ist nun mit Väterchen?« fragte Nelly weinerlich, noch immer auf den Knien liegend. »Wo ist er?«
»Sicher ist eines: Er lebt!« Dr. Poscharskij überhörte das vielfache Aufseufzen um sich herum, das schon mehr wie unterdrücktes Schreien klang. »Er sitzt auf der Bettkante und sinnt darüber nach, was er als angeblicher Toter alles gehört hat.«
»Wer tötet mich?« jammerte Nina Romanowna wieder. »Wer? Schnell muß es gehen … Er wird mich langsam zu Tode martern, wenn er tatsächlich weiterlebt.«
»Darüber besteht gar kein Zweifel. Babkin ist wohlauf.« Dr. Poscharskij kratzte sich die Nase und kam sich insgeheim sehr hilflos vor. »Man muß versuchen, ihn versöhnlich zu stimmen.«
»Ihn? Nie! Eher fließt der Ob nach Süden!« Pyljow sah sich mit wildem Blick um. »Meine Lieben, wir sind unter uns – sehen wir von dem Doktor ab. Laßt uns untereinander auch das Problem lösen. Wadim Igorowitsch ist tot, das weiß jeder in der Stadt, der Totenschein liegt vor – was will man mehr. Fragt jetzt noch einer, woran, wie und wann er gestorben ist? Gehen wir hinein und befördern wir ihn dahin, wohin er laut Bescheinigung gehört: in den Sarg!«
»Umbringen willst du ihn?« schrie Nelli auf. »Väterchen töten?«
»Weiß jemand etwas Besseres? Wir wissen nur, daß Babkin jetzt zuviel weiß und uns alle vernichten kann. Und wenn Babkin etwas kann, dann führt er es auch aus!«
»Nein!« Walentina war's, die zur Tür sprang und sich mit ausgebreiteten Armen davorstellte, als wolle sie Babkin verteidigen. »Nein! Vorher tötet auch mich!«
»Man könnte meinen, wir säßen in einem Theater, und man spielte ein miserables Rührstück!« sagte Dr. Poscharskij, angewidert von soviel unterschiedlichem Familiensinn. »Gleich gehe ich wieder hinein, gebe ihm ein Spritzchen, und dann wird er zwei Tage lang schlafen. In zwei Tagen kann man viel überlegen und einiges tun …«
»Welch eine glänzende Idee, Bairam Julianowitsch!« rief der Lehrer
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