Babson, Marian
sollte.«
»Meinen Sie,
das genügt Ihnen?«, fragte sie ganz ernst. »Wären Sie damit zufrieden? Wären
Sie glücklich? Würden Sie es ertragen, nie wieder zu schreiben? Oder ...« Sie
machte eine lange Pause und sah ihn herausfordernd an. »Oder planen Sie längst
heimlich eine neue Serie? Wie so viele von uns?«
Sie hatte ins
Schwarze getroffen. Freddie wurde unruhig, Lorinda schaute in die Ferne. Es
waren nicht nur die Katzen, überlegte sie, die mit einem Unruhestifter in ihrer
Mitte konfrontiert werden könnten. Und sie hatten alle gedacht, die Gefahr
ginge von Gemma und Plantagenet aus.
»Ich habe durchaus
das Gefühl ...«, sprach Macho betont langsam, »... dass ich auch anderes
schreiben kann. Vermutlich fragt sich jeder, ob er auch zu anderen Dingen in
der Lage ist.«
»Das kannst du
laut sagen!« Freddie beugte sich vor. »Manchmal hängt mir Wraith O'Reilly so
zum Hals raus, dass ich sie am liebsten umbringen möchte.« Dann folgte eine
Pause, als würde sie sich anhören, was sie da gerade gesagt hatte, und
schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Auch wenn das nicht viel ändern
würde, da sie jetzt schon ein halber Geist ist.«
Sie hatte so
recht, und alle waren froh, dass Freddie es selbst gesagt hatte. Wraith
O'Reilly, eine rothaarige irische Vollwaise, lebte in New York City, aber da
ihr Herz noch in Irland war, wanderte sie durch die Straßenschluchten der
Großstadt und nahm nur am Rande die bedrohlichen Schatten um sich herum wahr.
Ihr Hobby war es, alte Friedhöfe zu erkunden und Grabinschriften zu sammeln.
Beschützt wurde sie nur durch ihre Unschuld und einen völlig unbegründeten
Glauben an das Gute im Menschen (das Mädchen würde es nie lernen!), während sie
auf den Abschaum der Gesellschaft traf, ihn als ebenbürtig behandelte und die
Morde in erster Linie mittels Intuition löste, um dann zum nächsten Fall
weiterzutreiben. Und die ganze Zeit über stellte sie sich die Frage, ob die
Rosenbüsche noch blühten, die sie im Garten ihres kleinen Cottage in Galway Bay
gepflanzt hatte.
»Manchmal
überlege ich«, sagte Freddie, »ob ich die Fälle nicht von einem richtigen Geist
lösen lassen sollte. Das wäre doch Vergeltung aus dem Grab heraus. Natürlich
nicht zu blutrünstig und nicht zu modern.« Ihre Augen nahmen einen
nachdenklichen Ausdruck an. »Ein Geist aus einem früheren Jahrhundert.
Selbstverständlich ein Aristokrat. Ein englischer Titel macht sich immer gut.
Duke der Spuk. Er hält sich seit Jahrhunderten im Anwesen seiner Vorfahren auf,
und er langweilt sich jeden Tag etwas mehr. Dann mietet eine Amerikanerin die
Burg für einen Sommer und zieht mit ihrer gar nicht so reizenden Familie und
deren Gefolge dort ein. Einer von denen versucht, sie umzubringen, was ihr
nicht klar ist, aber dem Duke sehr wohl.«
Erstaunt nahm
Lorinda zur Kenntnis, dass Freddie sich diese Idee sehr gründlich durch den
Kopf hatte gehen lassen. Sie spielte ernsthaft mit dem Gedanken, eine neue Serie
zu beginnen.
»Zwar weiß sie
nichts davon, aber sie hat einen leichten Hang zum Übersinnlichen, weswegen
sich der Duke zu ihr hingezogen fühlt. Was sich um sie herum abspielt,
veranlasst ihn dazu, in ihrer Nähe zu bleiben.« Freddie beugte sich vor, ihre
Augen funkelten, und der noch verbliebene amerikanische Akzent trat deutlicher
in den Vordergrund. Ihre Hände beschrieben weit ausholende Gesten. So musste
sie auch ausgesehen haben, wenn sie in ihrer Werbeagentur eine Idee
präsentierte.
»Der Duke war
seinerzeit von einem Verwandten ermordet worden, von dem er glaubte, er könne
ihm vertrauen. Genau das ist auch seine Motivation, ihr zu helfen. Er konnte
sein eigenes Leben nicht retten, also will er versuchen, sie vor dem Tod zu
bewahren.«
»Vor allem
dank der übersinnlichen Kräfte, die ihm zur Verfügung stehen.« Macho nickte
zustimmend und wurde von einem stürmischen Enthusiasmus erfasst. »Das würde
funktionieren.«
»Je mehr er
für sie empfindet, umso mehr muss er der Versuchung widerstehen, sie kurzerhand
auf seine Seite zu holen, um mit ihr sein Dasein auf eine Weise zu teilen, die
nicht möglich ist, solange sie lebt. Sie ist jung und hat noch ein langes Leben
vor sich, er dagegen hat nichts anderes zu tun, als rumzuhängen. Er kann
warten, und da er sie nun kennengelernt hat, ist sein Leben oder das, was er
als Leben bezeichnen würde, nicht mehr so langweilig. Also rettet er sie, lockt
den Schurken in eine Falle und winkt ihr nach, als sie nach New York
zurückkehrt.
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