Babson, Marian
ermordet wurde?
Warum sollte Tante Bessie den Fall nicht lösen können? Sie wäre wie jeder
andere dazu in der Lage. Und dann lebten sie nach dem Krieg in New York und
Paris.« Karla seufzte glücklich. »Da ergeben sich unendliche Möglichkeiten.«
»Möglicherweise.«
Jetzt war es an Freddie, eine Ladung kaltes Wasser zu verspritzen. »Aber können
Sie die Rechte an Tante Bessie bekommen?«
»Damit muss
ich mich noch befassen. Aber im Moment kann ich mich darum ohnehin nicht
kümmern.« Wieder blickte sie über die Schulter und sah dann die drei
argwöhnisch an. »Das ist alles streng vertraulich. Sie dürfen darüber mit
niemandem reden, schon gar nicht mit Jack. Was ihn angeht, bin ich voll und
ganz mit Miss Mudd beschäftigt und habe keine Zeit, mir irgendwelche anderen
Ideen durch den Kopf gehen zu lassen. Er soll nicht wissen, dass ich über eine
neue Serie auch nur nachdenke.«
»Von mir aus«,
meinte Freddie. »Solange Sie kein Wort über Duke den Spuk verlieren.«
»Abgemacht.«
Karla gab ihr darauf die Hand. »Und Sie beide?«
»Ich würde es
nicht im Traum wagen, irgendwem etwas davon zu erzählen, worüber wir uns heute
unterhalten haben.« Macho strich über Roscoes Rücken, und das tiefe Brummen
klang wie eine Zustimmung. Bloß-gewusst hatte es sich auf der Rückenlehne
seines Sessel gemütlich gemacht und streckte eine Pfote aus, um mit dem Band zu
spielen, das Machos Haare zusammenhielt.
»Ich werde
auch kein Wort verraten«, erklärte Lorinda, die Hätt-ich's etwas fester an sich
drückte. Gegenüber Jack würde sie erst recht nichts verlauten lassen, schließlich
verbrachten sie alle genug Zeit damit, ihm und seiner Kamera aus dem Weg zu
gehen.
»Wann wird
Jack aus dem Krankenhaus entlassen?«, sprach Freddie die Frage aus, die ihnen
allen durch den Kopf ging.
»Bald. Viel zu
bald«, antwortete Karla. »Wann immer es ist, es wird viel zu früh sein. Ohne
ihn ist es so ruhig und friedlich.«
Freddie nickte
zustimmend, ehe sie bemerkte, was sie da tat. Zum Glück hatte Karla davon
nichts mitbekommen. Es herrschte entschieden mehr Ruhe, wenn sie sich das Haus
nur mit Karla teilen musste, aber was würde sein, wenn Jack wieder da war? In
seiner geschwächten Verfassung würde er vielleicht nicht länger in der Lage
sein, sich gegen Karlas Attacken zur Wehr zu setzen.
Apropos
Attacken ... war Jack tatsächlich über die in den Rasen gesteckte Fackel
gestolpert? Oder hatte man ihn gestoßen?
6
Kapitel zwanzig
Miss Petunia
rückte ihren Kneifer zurecht und betrachtete die Uhr an ihrem Revers. Sie
wusste, dies war für sie alle ein sehr arbeitsreicher Tag, dennoch waren Lily
und Marigold außerordentlich spät dran. Sie hätten schon längst von der Saints
Etheldreda & Dowsabel Abbey heimkehren sollen, der vornehmsten Akademie für
junge Ladys auf den britischen Inseln, wo ihnen die große Ehre zuteil geworden
war, Sport beziehungsweise Kunst zu unterrichten. Aber wenn sie nicht bald
auftauchten, würde keine Zeit mehr für eine Tasse Tee bleiben, bevor sie sich
auf den Weg nach Peppercorn Meadow machen mussten.
Dort würde mit
dem Start der Fesselballon-Wettfahrt die Eröffnung des alljährlichen, mit
großer Spannung erwarteten St. Waldemar-Jahrmarkts eingeläutet werden. Und in
diesem Jahr waren sie eingeladen worden, im Ballon der Saints Etheldreda &
Dowsabel Abbey mitzufahren. Das war so aufregend!
Plötzlich
wurde die Haustür zugeworfen, und Miss Petunia lächelte zufrieden, als ihre
Schwestern wie übergroße Welpen ins Zimmer gestürmt kamen.
»Die
Nachmittagspost ist gekommen! Und für jede von uns ist ein Brief dabei!«,
quiekte Marigold freudig und fuchtelte mit der Post. »Das müssen Einladungen sein!
Seht euch nur diese reizende Handschrift an. Ach, wäre das schön, wenn meine
Schüler auch so kunstvoll schreiben könnten.«
Sie riss den
Umschlag auf, die anderen öffneten ihre Briefe deutlich ruhiger ... und dann
breitete sich eine sonderbare Stille im Zimmer aus.
»Oh, oh, oh!«
Marigold zerknüllte ihren Brief, warf ihn weg und brach in Tränen aus.
»Aaaaaah!«,
schrie Lily wutentbrannt und wurde bleich. Sie schaute sich um, als suche sie
nach etwas oder nach jemandem, den sie treten konnte.
Miss Petunia
kniff die Augen zu und presste die Lippen aufeinander, gab aber keinen Laut von
sich. Die Situation war zu ungeheuerlich, um sie in Worte fassen zu können.
Nur Marigolds
Schluchzen war zu hören.
»Ich nehme
an«, brachte Miss Petunia schließlich heraus, »wir
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