Babson, Marian
war.
»Freddie sieht
in letzter Zeit nicht sehr gut aus«, sagte er. »Sie scheint... unter Stress zu
stehen.«
»Ach ja?« Das
musste er gerade sagen. Vielleicht hatte er sich seit einer Weile nicht mehr im
Spiegel betrachtet.
Lorinda stellte
die Unterteller mit dem Futter auf den Boden. Hätt-ich's inspizierte zunächst,
wie groß die Portion war, dann warf sie ihrem Frauchen einen verletzten Blick
zu, weil sie mit so wenig abgespeist werden sollte. »Du kannst Nachschlag
haben, wenn du willst«, bot sie ihr an und führte Macho ins Wohnzimmer.
»Was kann ich
dir anbieten?« Wenn sie sich beeilte,
würde sie noch
ein paar Schlucke trinken können, bevor die Katzen kamen und Nachschlag
forderten.
»Was hast du
denn im Haus?« Misstrauisch nahm er die kleine Sammlung Spirituosen zur
Kenntnis. »Da ist doch kein Tequila dabei, oder?« »Nein, leider nicht. Wolltest
du einen?« »O Gott, bloß nicht!« Er schüttelte sich demonstrativ. »Von dem
Gesöff möchte ich nie wieder etwas hören oder sehen.« Während er ihr diese
Worte regelrecht hinspuckte, sah er erneut über die Schulter, sodass sich
Lorinda zu fragen begann, ob das nur ein Tick war, den er in den letzten Tagen
entwickelt hatte.
»Ich nehme
einen trockenen Sherry«, entschied er. »Einen großen.«
»Probleme mit
dem neuen Buch?«, fragte sie mitfühlend, gab ihm sein Glas und schenkte sich
selbst ebenfalls einen Sherry ein.
»Der Verlag
will ihm den Titel Blondinen sterben schreiend geben.« Er trank einen
großen Schluck und starrte finster in sein Glas. »Im ganzen Buch kommt keine
Blondine vor, und außerdem habe ich gesagt, dass jedes Opfer eines
Serienvergewaltigers und Mörders schreiend stirbt, und zwar ohne Rücksicht auf
die Haarfarbe.« »Und welchen Titel willst du haben?« »Kümmert das irgendwen?«
Oh ja, er war tatsächlich schlecht gelaunt. »Ich bin ja nur der
Verfasser.« Er ließ sich in den Sessel fallen und stierte vor sich hin.
Plötzlich zuckte er und drehte sich nach links und rechts. »Was war das?«
Es war nur das
Geräusch der Teller, die von den Katzen über den Küchenboden geschoben wurden,
während sie die letzten Futterreste aufleckten. Wenn Macho dieses vertraute
Geräusch nicht wiedererkannte, dann konnte mit ihm etwas nicht stimmen.
»Was ist los,
Macho?«, versuchte sie es erneut. »Kann ich irgendetwas für dich tun?«
»Tun? Tun?« Er
lachte so freudlos auf wie sein Romanheld, wenn der sich in einer scheinbar
ausweglosen Situation befand. »Niemand kann noch irgendetwas für mich tun ...
außer ...« Er hob den Kopf und sah Lorinda eigenartig an.
»Ja?«,
forderte sie ihn zum Weiterreden auf.
»Lorinda, wenn
mir ... etwas zustößt, dann würdest du dich doch um Roscoe kümmern, oder? Ich
meine, du würdest ihn doch adoptieren, nicht wahr? Er versteht sich so gut mit
deinen beiden, das wäre nicht so wie bei Fremden. Ich glaube, er wäre bei dir
glücklich.«
»Macho, hast
du was? Bist du krank?« War er während ihrer Abwesenheit davon in Kenntnis
gesetzt worden, dass seine Tage gezählt waren?
»Nein, nein,
darum geht es nicht.« Er hatte ihren Gedanken erraten. »Es ist nur so, dass man
mich vielleicht... wegbringen wird.«
»Wegbringen? Macho, was
ist los? Was hast du getan?« Sie wusste, er war ein etwas hektischer
Autofahrer, doch für gewöhnlich war er recht umsichtig. Hatte er in einem
unaufmerksamen Augenblick im Nebel jemanden überfahren? Und Fahrerflucht
begangen? Sie konnte sich gut vorstellen, wie er in Panik geriet, wenn er
merkte, dass das Unfallopfer tot war. Er würde nach Hause fahren, weil er sich
dort sicher und geborgen fühlte. Und wenn er dann eine Weile über alles nachgedacht
hatte, würde ihm bewusst werden, in was für eine Situation er sich gebracht
hatte (Macho Magee flieht nach tödlichem Unfall, würde die Boulevardpresse
titeln), schließlich kannte er sich mit der Polizeiarbeit aus. Er wüsste, die
Polizei wartete nur noch auf die Ergebnisse der forensischen Untersuchungen,
und er würde rätseln, was die Spurensicherung gefunden hätte - Lacksplitter,
Reifenabdrücke, ein Barthaar -, das unweigerlich zu ihm führen würden. Kein
Wunder, dass er so nervös war und ständig über seine Schulter blickte.
»Nichts!«,
erklärte er mit Nachdruck, als hätte er abermals geahnt, in welche Richtungen
ihre Überlegungen gingen. »Ich habe gar nichts getan. Noch nicht jedenfalls.
Und vielleicht wird auch gar nichts passieren. Aber falls doch ...« Er sah sie
flehend an.
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