Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babson, Marian

Babson, Marian

Titel: Babson, Marian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze mit den sieben Leben
Vom Netzwerk:
ihrem Schreibtisch
gesessen, ihre Schreibmaschine benutzt — und ihre Charaktere entführt. Auch
wenn das Ganze als Streich abgetan werden konnte, sollte sich irgendwer dazu
bekennen; so schwang da aber doch auch eine unterschwellige Boshaftigkeit mit,
die etwas Beunruhigendes vermittelte. Jemand hatte in ihren Unterlagen
geblättert, er war während ihrer Abwesenheit in ihr Haus eingedrungen.
    Wer konnte das
gewesen sein? Nicht Freddie. Ihre Freundin war über jeden Verdacht erhaben.
Aber wer dann?
    Die letzte
Woche über hatte sie sich in London aufgehalten, um all die Dinge zu erledigen,
die sie seit dem Umzug aufs Land vor sich hergeschoben hatte. Ein Besuch beim
Zahnarzt, eine Lesung in einer Vorstadtbibliothek, Mittagessen mit ihrem
Agenten, Recherche in der London Library, Abendessen mit Freunden und
Theaterbesuche, um dort auf dem Laufenden zu bleiben. Es war ihr sogar
gelungen, einen Teil der Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Die Woche war wie im
Flug vergangen, und sie hatte sie in vollen Zügen genossen, da sie wusste, Freddie
hütete ihre Katzen.
    Ihr wäre nie
in den Sinn gekommen, dass auch jemand auf das Haus hätte aufpassen müssen.
Freddie war die Einzige, die einen Zweitschlüssel besaß. Sie hätte niemals
einen Fremden ins Haus gelassen, vermutlich nicht mal einen Bekannten.
Natürlich konnte immer jemand mit dem erprobten Spruch »Ich habe ihr ein Buch
geliehen, und das muss ich unbedingt zurückhaben« ankommen, und es war denkbar,
dass sogar Freddie darauf hereinfiel. Sie würde sie fragen müssen, ob irgendwer
etwas in dieser Art versucht hatte.
    Vorausgesetzt,
es war ein Dritter beteiligt. Wieder regte sich in ihrem Hinterkopf das
heimliche Entsetzen, sie könnte diese Seiten vor der Abreise nach London
geschrieben und ihre Existenz unmittelbar danach völlig vergessen haben. So etwas
konnte durchaus vorkommen.
    Aber das waren
Fälle von gespaltenen oder sogar multiplen Persönlichkeiten, die sich
untereinander bekämpften, die einander hassten, die seltsame Dinge taten, um
sich für Vergehen zu bestrafen, für die sich außer ihnen niemand interessierte.
Sie war keiner von diesen Fällen. Oder doch?
    Sie atmete
tief und zitternd durch, bis sie wieder zur Ruhe kam. Von solchen Überlegungen
durfte sie sich nicht
    ins Bockshorn
jagen lassen. Dieser Weg führte in den Wahnsinn. Falls der Wahnsinn sie nicht
schon längst...
    Plötzlich
wurden Hätt-ich's und die auf einer Ecke des Schreibtischs zusammengerollt
liegende Bloß-gewusst hellhörig und schauten wachsam zur Tür, wo sie wie für
Katzen typisch etwas bemerkten, was der menschlichen Wahrnehmung verborgen
blieb. Lorindas Nackenhaare sträubten sich, und sie musterte ängstlich die
leere Türöffnung.
    Hätt-ich's
näherte sich der Tür, Bloß-gewusst folgte ihr, und im nächsten Moment kam
Roscoe hereingeschlendert. Die Katzen begrüßten sich gegenseitig, indem sie
sich mit den Nasen anstießen.
    »Oh, Roscoe!«
Lorinda sackte vor Erleichterung in sich zusammen. »Ich hatte die Katzenklappe
gar nicht gehört.« Gelegentlich, wenn er sich Zeit ließ und nicht blindlings
seinen Artgenossinnen folgte, schaffte es Roscoe, trotz seines Körperumfangs,
durch die Klappe zu gelangen, ohne stecken zu bleiben. Vielleicht lag die große
Schlemmerei nach dem letzten Fest auch schon lange genug zurück. Ein verrückter
Gedanke schoss ihr durch den Kopf, doch der war so verrückt, dass sie ihn
gleich wieder verwarf. Kein Mensch war in der Lage, sich durch die Katzenklappe
zu zwängen. Der arme Roscoe hatte damit ja schon seine liebe Mühe, und seine
Körpergröße war weit von der Statur eines erwachsenen Menschen entfernt —
selbst von der eines Jugendlichen. Und abgesehen davon ... Jugendliche stiegen
in fremde Häuser ein, um Dinge mitgehen zu lassen, aber nicht, um dort etwas zu
deponieren.
    Die Katzen
beendeten ihre lautlose Begrüßung, drehten sich um und
warfen ihr leicht vorwurfsvolle Blicke zu. Worüber
hatten sie sich unterhalten? Und warum ver schwendeten
wir so viel Zeit, Energie und Geld, um mit außerirdischen Lebensformen Kontakt
aufzunehmen, wenn wir nicht mal in der Lage waren, die freundlichen Kreaturen
zu verstehen, die unsere eigene Welt bevölkerten?
    Ich kann
alles erklären, wollte sie zu ihrer Verteidigung sagen, doch sie
wusste, das konnte sie gar nicht. Und das wussten die Katzen auch.
    Das Klingeln
des Telefons kam ihr vor wie ein in letzter Sekunde aufgetauchter Rettungsring.
Hastig griff sie nach dem Hörer.

Weitere Kostenlose Bücher