Baby-Bingo
plötzlich eine Riesenanspannung in mir löst.
Alles wird gut. In Gedanken sehe ich mich schon mit dickem Bauch zur wöchentlichen Ultraschalluntersuchung in die Praxis watscheln, mit diesem verträumten Lächeln auf dem Gesicht, das nur werdende Mütter haben.
Nachdem mir die Sprechstundenhilfe Blut abgenommen hat, vereinbaren wir, dass ich mich am Nachmittag telefonisch melde, um meine Hormonwerte abzufragen.
Kaum bin ich aus der Praxis, rufe ich Marie an.
»Marie, du hast mich gerettet. Frau Doktor Steinberger war ein super Tipp. Jetzt muss sich nur noch dein gutes Karma auf mich übertragen, und dann bin ich hoffentlich auch ganz schnell schwanger.«
Schließlich lief bei uns im Leben fast immer alles parallel. Selbst unser Zyklus hatte sich im Laufe der Jahre angepasst. Ein Phänomen, das sogar schon wissenschaftlich untersucht wurde. In den Sechzigerjahren befragte Martha McClintock, Biologiestudentin am Wellesley College in Massachusetts, 135 Bewohnerinnen eines Studentenwohnheims, wann sie ihre Periode hatten. Die Auswertung zeigte: Bei engen Freundinnen lag der Zeitpunkt direkt nach den Sommerferien im Schnitt sechseinhalb Tage auseinander, sieben Monate später waren es nur noch viereinhalb Tage. Bis heute gilt die Studie als Beleg dafür, dass soziale Interaktion eine wichtige Rolle bei der Synchronisierung des weiblichen Zyklus spielt.
»Wusste ich doch, dass dir Doktor Steinberger gefällt. Dann gib mal Gas, damit wir unsere Kinder noch gemeinsam im Kinderwagen durch die Gegend schaukeln können.«
Genauso haben wir es uns früher immer vorgestellt. Wir sind alle eine Big-Happy-Familie, unsere Kinder spielen zusammen, und jeden Sommer fahren wir gemeinsam in Maries Haus nach San Gimignano.
Nachmittags rufe ich in der Praxis an.
»Gutes Timing«, sagt Frau Doktor Steinberger. »Die Blutwerte haben ergeben, dass Ihr LH-Wert bereits gestiegen ist und Sie kurz vor Ihrem Eisprung stehen. Wenn Sie in den nächsten 24 bis 36 Stunden mit Ihrem Mann Geschlechtsverkehr haben, ist die Chance, schwanger zu werden, am höchsten. Machen Sie bei meiner Assistentin dann bitte noch einen Termin zur Blutabnahme für die nächste Woche aus, damit wir Ihren Progesteronwert überprüfen können.«
Ich trage diesen Termin gleich in meinem Outlook-Kalender ein, dabei fällt mein Blick auf den nächsten Monat. Südafrika , steht da mit roter Schrift markiert. Oh nein, das hatte ich total vergessen. Einer meiner Kunden plant eine große Fotoproduktion in Kapstadt und bat mich schon vor Wochen, das Shooting persönlich zu betreuen. Eigentlich ein Traumjob, zehn Tage Südafrika. Während hier in Deutschland die Tage immer kürzer und dunkler werden, fängt in Kapstadt gerade der Sommer an. Ein Grund für viele Firmen, ihre Werbekampagnen zu dieser Jahreszeit dort zu fotografieren.
Ich merke, wie mein Gedankenkarussell sich zu drehen beginnt. Darf man in den ersten Schwangerschaftsmonaten überhaupt so lange fliegen? Marie hat mir erzählt, dass sie in den ersten drei Monaten nicht mal innerhalb Deutschlands geflogen ist, um sich auf keinen Fall einem Risiko auszusetzen.
Carla, das ist wieder so typisch für dich! Du bist noch nicht mal schwanger und machst dir schon jetzt Gedanken, ob ein Flug deinem ungeborenen Kind schaden kann. Ich schließe meinen Kalender und widme mich wieder den Rechnungen auf meinem Schreibtisch.
Auf der Rückfahrt nach Hause überlege ich, wie ich den Abend mit Martin am geschicktesten gestalte. Soll ich ihm sagen, dass heute der Tag der Tage ist und meine Ärztin uns grünes Licht für die Kinderplanung gegeben hat? Oder soll ich ihm nichts davon erzählen, um keinen unnötigen Druck aufzubauen?
Kürzlich las ich im Internet, dass Stress die Qualität von Spermien beeinflusst. Studien haben gezeigt, dass männliche Studenten während des Examens ein schlechtes Spermio gramm hatten oder teilweise sogar vorübergehend unfruchtbar waren, während die Spermienqualität nach der Prüfung wieder anstieg. Unglaublich, wie sensibel diese Jungs doch sind.
Doch die Entscheidung wird mir abgenommen. Martin ist auch auf Kuschelkurs, die Stimmung passt, und entgegen seiner Schlafgewohnheiten landen wir schon kurz vor Mitternacht im Bett. Gemeinsam.
Die Ergebnisse meiner zweiten Blutuntersuchung ergeben, dass ich unter einem leichten Progesteronmangel leide. Ein wichtiges Gelbkörperhormon, das die Gebärmuttermuskulatur entspannt und damit die Einnistung der befruchteten Eizelle unterstützt. Wie mir
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