Babylon 5 - Krieg der Verschwörer
panzern. Dann brach er höchstpersönlich in die Unterwelt auf.
Londo fegte wie eine Gewitterwolke den Gang entlang. Er trug seinen besten halbformellen Brokatmantel für den Nachmittag und eine graue Seidenweste. Sein Halstuch war ordentlich gebunden, seine Juwelen und Orden perfekt verteilt. Doch trotz seiner tadellosen Kleidung, die ihn normalerweise ganz vergnügt machte, hätte sein momentaner Gesichtsausdruck Milch sauer werden lassen.
Vir hetzte in einiger Entfernung hinter dem Botschafter her. Am liebsten hätte er ihn gebeten, doch langsamer zu gehen, wagte es jedoch angesichts Londos schlechter Laune nicht.
»Oh, Botschafter«, sprudelte Semana hervor und eilte auf ihn zu. »Es tut mir ja so leid. Wegen dieser ganzen Sicherheitsvorkehrungen habe ich eine Ewigkeit gebraucht, um herzukommen.« Ich bin freilich erst vor zehn Minuten losgegangen. In Wirklichkeit war sie pünktlich gekommen und hatte eine Weile auf und ab gehen müssen, bevor Mollari anmarschiert kam. Ich dachte schon, du würdest überhaupt nicht mehr kommen . »Alle wollten in die Schachtel hineinschauen. Ich mußte all meine Überredungskünste aufbieten, um sie davon abzuhalten.« Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu. Dann hielt sie ihm die schwarze Schachtel hin. »Ihr Eigentum, Herr Botschafter.«
»Öh, meine Liebe«, sagte Londo und strahlte sie an. Er nahm die Schachtel voller Ehrfurcht entgegen. »Zugegeben, mir sind schon Zweifel gekommen, was Sie betrifft«, erzählte er spontan.
Sie sah ihn erstaunt an und drohte ihm spielerisch mit dem Zeigefinger. »Nun, haben Sie nicht etwas für mich?« fragte sie.
»Ja, natürlich.« Er griff in seine Tasche, nahm einen Umschlag heraus und gab ihn ihr ein wenig widerwillig. »Bevor Sie gehen«, sagte er schnell, »sollte ich vielleicht einen Blick in die Schachtel werfen.« Er lächelte.
Sie zuckte anmutig mit den Schultern und steckte den Umschlag ein. »Also, ich vertraue Ihnen.«
»Wie Sie wünschen«, antwortete Londo und sah sich die Schachtel zum ersten Mal etwas genauer an. Sie war exakt würfelförmig und nirgendwo war eine Öffnung oder etwas Ähnliches zu erkennen. Er versuchte den oberen Teil zur Seite zu schieben, dann drehte er sie herum, immer schneller und schneller. »Was ist das?« erkundigte er sich.
»Sie hat einen Trickverschluß«, erklärte Semana. »So kann niemand aus Zufall hineinsehen und na ja… Sie wissen schon.«
»Wie macht man sie auf?« Londo sah sie wütend an. Er war bereits spät dran. Das mußte dieser Närrin doch klar sein.
»Sie reagiert auf Berührung. Man muß den Deckel herunterdrücken, dann nach rechts schieben und leicht drehen.« Aber nichts geschah, und Semana biß sich auf ihre volle Unterlippe. »Nein, nicht so. Sie müssen mit der linken Hand drücken und gleichzeitig mit der rechten…«
»Ich habe dafür jetzt keine Zeit«, sagte Londo. Er wurde langsam ungeduldig. Obwohl er lächelte, wirkte er nervös und verärgert.
»Hier«, sagte sie und streckte die Hand aus, »lassen Sie mich das machen!« Semana nahm die Schachtel und drückte, stieß und zog daran herum. Sie grollte frustriert. »Es tut mir leid, aber jetzt haben Sie mich zu nervös gemacht.«
Londo legte seine Hände auf die ihren. »Das ist schon in Ordnung. Wir machen sie später auf.« Er nahm ihr die Schachtel wieder ab und gab sie Vir. »Bring sie bitte in mein Quartier!«
Vir öffnete und schloß seinen Mund ein paarmal kurz hintereinander.
»Geh schon!« sagte Londo und runzelte leicht die Stirn. Er schnippte mit den Fingern, und Vir eilte davon. Dann nahm er Semanas Hand und küßte sie. »Wir sehen uns heute abend auf dem Empfang, ja?«
»Ja, Botschafter. Ich habe Ihre Einladung heute morgen erhalten. Vielen Dank.«
»Ich muß jetzt gehen«, sagte Londo und rang sich ein Lächeln ab. Dann eilte er davon. Dir würde ich nie trauen , dachte er, wenn ich nicht wüßte, daß dein Name auf keiner der Passagierlisten steht und daß eine halbe Stunde vor und fünf Stunden nach Ankunft der Gesandten keine Schiffe von Babylon 5 starten . Und davor werde ich sicher noch Zeit haben, diese verdammte Schachtel aufzukriegen. Diese Frau war nicht dumm. Sie wußte genau, was er mit jemandem anstellen würde, der versuchte, ihn hereinzulegen.
Semana eilte unterdessen einen kleinen Seitengang entlang und holte sich ihre Tasche von dem Sicherheitsmann zurück, der sie für sie aufgehoben hatte. »Vielen Dank. Sie haben mir das Leben gerettet.« Sie gab ihm einen
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