Babylon: Thriller
ergriff sanft ihren Arm. Ich musste sie noch um einen Gefallen bitten, ehe wir uns trennten.
»Diane, ich überlege gerade, ob du mir bei einer ganz bestimmten Angelegenheit helfen könntest.«
»Klar, wobei?«
»Ich hatte heute Nacht ein Riesenproblem. Ich habe mit dem, was da passiert ist, nicht das Geringste zu tun, aber ich will mich ganz aus der Sache heraushalten. Falls jemand fragen sollte, könntest du dann sagen, ich sei gegen Mitternacht bei Kenny’s aufgetaucht?«
»Falls jemand fragt? Wer denn? Die Polizei?«
»Das wäre möglich.«
»Schwörst du, dass du in dieses … Problem nicht verwickelt bist?«
»Ich schwöre. Wahrscheinlich wird dich sowieso niemand darauf ansprechen.«
»Ich denke, das ist okay.«
»Was ist mit Stan?«
»Keine Sorge, er hält den Mund.«
»Das ist gut«, sagte ich. »Hey, Diane, vielen Dank.«
Sie winkte einem Taxi, stieg ein und schickte mir eine Kusshand, als es losfuhr.
Ich blieb an der Ecke Broadway und Bleecker stehen und fragte mich, ob es sicher war, nach Hause zu gehen. Ich schlenderte das Stück zu meinem Apartmenthaus, sah die Schar der Vergnügungssüchtigen, die die nächtliche Straße bevölkerten, und entschied, das Wagnis einzugehen. Der Portier, der in dieser Woche die Nachtschicht hatte, Amir, kam herüber, kaum dass ich die Vorhalle betreten hatte. »John! Hattest du die Stadt für einige Zeit verlassen? Es ist eine halbe Ewigkeit her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe.«
»Ich habe mich seit dem Unfall ein wenig rargemacht.«
Er senkte die Stimme. »Das ist so schrecklich mit deinem Bruder. So ein wunderbarer Mensch.«
»Das war er. Mir fällt es schwer zu glauben, dass er wirklich nicht mehr da ist. Amir, war heute Nacht irgendjemand hier und hat nach mir gefragt?«
»Eine Dame war hier, um dich zu besuchen. Sie hat eine Ewigkeit gewartet. Sie hat mich mindestens ein Dutzend Mal gebeten, bei dir anzurufen. Schließlich erklärte ich mich bereit, sie nach oben zu begleiten, damit sie an deine Tür klopfen konnte.«
»Du hast was?«
Amir hob die abwehrend die Hände. »Was hätte ich sonst tun sollen? Sie war total aufgeregt. Sie sagte, sie versuche schon seit Wochen, dich zu erreichen.«
»Sie kann sehr überzeugend sein, Amir. Das war nur gespielt. Wenn du sie hier noch einmal sehen solltest, dann befördere sie nach draußen. Lass sie auf keinen Fall an mich ran.«
»In Ordnung«, sagte er, offensichtlich verärgert, dass er sich hatte hinreißen lassen, sich gegenüber jemandem zuvorkommend verhalten zu haben, den er für eine Freundin von mir gehalten hatte. »Sie saß in einem Rollstuhl. Was hast du denn erwartet, dass ich hätte tun sollen?«
»In einem Rollstuhl? Wie sah sie aus?«
»Älter. Schwarz gekleidet. Eine schwarze Jacke und ein langes Kleid. Viel zu heiß für dieses Wetter. Einer dieser Spezialwagen für Rollstuhl-Transporte hat sie vor dem Haus abgesetzt.«
Er hatte nicht von Eris gesprochen, sondern von Evelyn, unserer ehemaligen Haushälterin.
»Tut mir leid, Amir. Ich bin todmüde und hab dich missverstanden. Es war nett von dir, dass du sie nach oben gebracht hast. Hat sie eine Nachricht hinterlassen?«
»Als du nicht aufgemacht hast, hat sie das Warten aufgegeben und ist gegangen – ich meine: gefahren.«
Ich gab ihm eine Beschreibung von Eris und bat ihn, mir sofort Bescheid zu sagen, falls er diese Frau irgendwo sehen sollte. Amir konnte seinen Platz im Foyer nicht verlassen, daher weckten wir den Hausmeister und baten ihn, mich nach oben zu begleiten. Ich wollte sichergehen, dass mich keine weiteren bösen Überraschungen erwarteten.
Ich fand etwas vor, wenn auch nicht die Art von Überraschung, die ich befürchtet hatte. In der Wohnung hob ich eine Notiz auf, die jemand unter der Tür durchgeschoben hatte. Es war ein chamoisfarbenes Stück Papier, auf die Hälfte gefaltet und mit meinem Namen von Hand daraufgeschrieben. Es sah aus wie ein Zettel, der aus einem Notizbuch herausgerissen worden war. Der Sicherheitsdienst im Haus war etwa genauso zuverlässig wie ein Gewehr mit verbogenem Lauf.
Bitte kommen Sie morgen gegen 18 Uhr ins Khyber-Pass-Restaurant. Ich muss mit Ihnen über Samuel sprechen – dringend.
Unterschrieben war die Bitte von einem Tomas S. Zakar.
Zakar? Der Name klang vertraut. Einer von Samuels Assistenten im Irak. Ich hatte ihn nie persönlich kennengelernt, aber mein Bruder hatte ihn oft genug erwähnt. Ein Iraker und Kulturanthropologe. »Ein sehr intelligenter junger
Weitere Kostenlose Bücher