Babylon: Thriller
wütend um. »Wo sind seine Papiere und der Computer? Wo sind die Sachen abgeblieben?«
»Das werden wir gleich erfahren.«
Obgleich ich vorher angerufen hatte, um mich zu vergewissern, dass er auch zugegen war, hatte ich Reed mit voller Absicht nicht Bescheid gesagt, dass wir ihm einen Besuch abstatten wollten. Ihn unvorbereitet zu überfallen, brachte ihn vielleicht dazu, sich zu verplappern.
Reed kaschierte seine Überraschung, uns zu sehen, mit einem hastigen Lächeln, schob den Sessel zurück und erhob sich. »Laurel«, sagte er, »wie geht es dir? Ich war total geschockt, als ich das mit Hal hörte. Es tut mir so leid. Kann ich dir irgendwie helfen? Du musst es nur sagen.«
Er kam um den Schreibtisch herum und wollte sie umarmen, doch sie schob ihn von sich. »Du warst geschockt, Colin? Wenn Hal in Gefahr gewesen wäre zu ertrinken, hättest du ihm doch noch den Kopf unter Wasser gedrückt. Du wusstest genau, wie verletzbar er war, und hast ihm trotzdem seinen Job weggenommen. Ich mache dich für das, was passiert ist, verantwortlich.«
Als er erkannte, dass gespieltes Mitgefühl ihm nicht nützen würde, nahm Reed wieder seine allgemein übliche abweisende Haltung ein. »Ich kann mich nicht erinnern, mit euch beiden einen Besuchstermin vereinbart zu haben.« Er warf mir einen unfreundlichen Blick zu. »Hal war ständig von Drogen benebelt. Er schaffte es noch nicht einmal, die wenigen Stunden zu unterrichten, für die wir ihn eingeteilt hatten.«
Dem konnte ich nicht widersprechen, aber ich hatte nicht vor, ihn das wissen zu lassen. »Es freut mich, dass dir Laurels Gefühl so sehr am Herzen liegen. Wo sind Hals Sachen? Sein PC ist verschwunden. In seinem Büro ist nichts zurückgeblieben.«
»Der Computer ist Eigentum der Universität. Wir haben sämtliche Verzeichnisse gelöscht und ihn bereits jemand anderem gegeben.« Er deutete zur Tür. »Draußen stehen einige Plastikkisten mit seinem Papierkram und anderen Dingen. Laurel, du kannst sie gerne mitnehmen.«
»Du bist ein Arsch, Colin.« Laurel stürmte durch die Tür nach draußen und bückte sich, um das Material zu inspizieren.
»Und?« Er funkelte mich jetzt an und machte aus seiner Abneigung keinen Hehl. Wut stand dem Mann nicht gut zu Gesicht. Seine klobige Nase kräuselte sich unschön und seine fleischigen Lippen verzogen sich zu einer hässlichen Fratze.
»Die Blondine, die du auf Hals Party angebaggert hast – Eris Haines. Ich muss sie unbedingt sprechen.«
»Frag mich was Leichteres. Ich habe Sie noch nie zuvor gesehen. Sie ist mir den ganzen Abend lang nachgestiegen. Ich hatte Mühe, sie abzuschütteln.«
Ich brach in schallendes Gelächter aus. »Colin, ich bitte dich .«
»Ich habe dazu nicht mehr zu sagen, John.«
»Ich frage mich, wie deine Frau darüber denken würde.«
»Du Arschloch. Dazu wärest du glatt fähig, nicht wahr?« Er wandte sich um, kramte zwischen einigen Papieren auf seinem Schreibtisch und fand eine Visitenkarte. »Das ist alles, was ich habe. Bedien dich.« Er hielt sie mir hin.
Das Logo auf der Karte lautete TRANSFORMATIONS in goldenen Lettern. Darunter, in Schwarz, waren Eris’ Name, Telefon- und Faxnummer zu lesen. Sonst nichts.
»Da ist noch etwas: Die steinerne Schrifttafel, die Hal in seinem Büro im Schreibtisch eingeschlossen hatte. Hast du sie genommen? Sie wurde meinem Bruder gestohlen. Ich habe bereits mit dem FBI gesprochen. Es ist besser, du rückst sie auf der Stelle heraus.«
Ich hatte es mit einem Schuss ins Blaue versucht. Der Ausdruck totaler Verwunderung in seinem Gesicht sagte mir, dass er nichts darüber wusste.
Dreizehn
Phillip Anthony, ein englischer Importeur, der sich vor zwanzig Jahren in der Stadt niedergelassen hatte, verkaufte in seiner Galerie in der Zehnten Straße Ost, kurz hinter dem University Place, Drucke und Gemälde. Gegründet hatte er die Galerie mit Claire Talbot, nacheinander seine Geschäftspartnerin, Ehefrau und Exehefrau. Man konnte ihren Namen immer noch ganz schwach auf der Klinkerwand lesen, wo er die Messinglettern hatte entfernen lassen.
Ich hatte zuerst Claire gekannt. Sie hatte für einige Zeit zu unserer Freundesgruppe an der Columbia University gehört. Wir waren ständig in Kontakt geblieben, weil unsere berufliche Tätigkeit uns des Öfteren zusammenführte. Ich hatte es seinerzeit begrüßt, dass sie sich von Phillip trennte. Er war auch über kurze Zeitspannen einfach unerträglich.
Phillip benutzte die Galerie hauptsächlich als
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