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Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. J. McIntosh
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zum Ende des Sommers.« Er sah mich an. »Eine schlimme Sache, das mit Hal Vanderlin.«
    »Es war furchtbar.« Ich warf einen kurzen Blick zu Laurel. Ein leichtes Erröten war der einzige Hinweis darauf, dass sie sich über Phillips Bemerkung ärgerte.
    »Ich habe irgendwelche Gerüchte über ein Drogenproblem gehört.« Er zwinkerte vielsagend.
    Ich hatte kein Interesse daran, die Gerüchteküche der Kunstwelt über Gebühr anzuheizen und wechselte das Thema. »Erzähl uns von deinem Projekt.«
    Anthony streckte seinen dünnen Arm aus und deutete auf die Erschaffung Adams. »Es gibt einige interessante Spekulationen darüber, was Michelangelo mit dieser Szene ausdrücken wollte.«
    »Sie meinen die Pop-Analyse«, sagte Laurel. »Dass nicht Gott Adam erschafft, sondern dass es umgekehrt ist. Adam, der die Menschheit symbolisiert, erschafft Gott nach seinem Ebenbild.«
    »Ja.« Phillip belohnte sie mit einem Lächeln, das schon fast ein lüsternes Grinsen war. »Aber ich glaube, das ist viel zu simpel. Ein amerikanischer Arzt, Frank Meshberger, sagt, dass Michelangelo durch die Form von Gottes Gestalt und den Faltenwurf seines Gewandes die Windungen des menschlichen Gehirns darstellen wollte. Maler der Renaissance wussten, wie das menschliche Gehirn aussieht. Sie haben Leichen seziert. Der Kopf Gottes wird von der linken Seite im Profil dargestellt, und in der linken Hemisphäre befindet sich das aktive Sprachzentrum. Sein Kopf steht über dem Fasciculus arcuatus , der zentralen Sprachverarbeitung im menschlichen Gehirn.« Er deutete dramatisch zur Decke.
    Ich musste mir ein Lachen verbeißen.
    »Daraus ergibt sich für mich folgende Theorie«, fuhr er fort. »Während Michelangelo scheinbar das aus dem Alten Testament bekannte Märchen von der Schöpfung illustriert, wollte er mit seinem aufwieglerischen Pinsel tatsächlich Folgendes ausdrücken. Die Fähigkeit des Menschen, zu sprechen, zu denken, sich in Symbolen und abstrakten Denkmodellen auszudrücken, beweist seinen Aufstieg aus der Welt des Profanen, aus der Tierwelt. Daher liegt das Göttliche im Menschen und nicht außerhalb seiner. Adam streckt die Hand nach der Macht des Wortes und nicht nach einem mythischen Gott aus.«
    Als er eine kurze Atempause machte, ergriff Laurel schnell das Wort. »Hätte ein Bildhauer des sechzehnten Jahrhunderts so etwas wissen können – zum Beispiel, wo sich beim Menschen das Sprachzentrum befindet?«
    »Vielleicht trauen wir dem Künstler einfach zu wenig zu.« Phillip massierte geistesabwesend sein Kinn und fand zunehmend Gefallen an dem Thema. »Einen fröhlichen alten Revoluzzer, so würde ich Michelangelo nennen.«
    »Das ist ziemlich weit hergeholt, Phillip«, sagte ich. »Du brauchst dir doch nur das Bild genau anzusehen. Adams Gestalt ist schlaff, träge, als erwache er gerade zum Leben. Sämtliche Energie und Kraft sind in der Darstellung Gottes konzentriert. Michaelangelo hatte seine Differenzen mit der religiösen Hierarchie, aber er war immer noch gläubig.«
    »Dann sieh dir doch die restliche Decke an«, beharrte Phillip. »Was haben heidnische Wahrsager in einem Bild zu suchen, das unwidersprochen als bedeutendstes christliches Kunstwerk angesehen wird? Die Orakel. Wirklich erstaunlich. Eine libysche Seherin befindet sich direkt neben der Schöpfungsszene. Er hat damit heidnische Priesterinnen mit Propheten des Alten Testaments auf eine Stufe gestellt.«
    »Wollen Sie behaupten, dass Michelangelo sich für den Paganismus starkgemacht hat?«, fragte Laurel.
    »Genau. Die Kirche hat Heiden unbarmherzig verfolgt, aber ironischerweise tummeln sie sich dank Michelangelo und seinem künstlerischen Genie im Zentrum der Kirche.«
    Ich hatte genug von seinem belehrenden Tonfall. »Hör mal, Phillip, Laurel und ich haben uns mit Dürers Holzschnitt Melencolia 1 beschäftigt. Kannst du uns etwas darüber erzählen? Du bist schließlich der Experte auf diesem Gebiet.«
    Ich hatte genau die richtige Ader getroffen. Er spreizte sich wie ein balzender Pfau. »Ah, Melencolia 1 , einer der drei Meisterstiche – seine schönsten Zeichnungen. Ich war immer der Meinung, dass Dürer gleichrangig neben Leonardo da Vinci steht. Er war auch ein bemerkenswerter Maler und Mathematiker. Er schrieb zwei Bücher über Geometrie. Um seine Arbeit richtig zu würdigen, musst du den Mann in seinem kulturellen Kontext betrachten.«
    Und schon ging es wieder los. Konnte er nicht einfach auf den Punkt kommen?
    »Dürer wurde von seinem Vater

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