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Babylons letzter Wächter (German Edition)

Babylons letzter Wächter (German Edition)

Titel: Babylons letzter Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Reich
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anderen einen Cracker mit einem Klacks Kaviar. Er trug einen maßgeschneiderten Smoking. Die Fliege hatte sein Hausmädchen gebunden. Äußerlich unter-schied er sich nicht von den Restaurantbesitzern, Plattenbossen und Unterweltgrößen. Nur durch seine Aufrichtigkeit.
    Douglas musste schmunzeln. Sie verabscheuten ihn, weil er ein schmutziges Geschäft betrieb. Dabei zählten sie zu seinen besten Kunden. Solange in diesem Land eine Doppelmoral herrschte, würde er seine Toys an den Mann bringen. Oder die Frau. Denn sein umfangreiches Dildosortiment war marktführend. Im Internet fiel es den Leuten leichter, sich gehen zu lassen. Er erreichte Kunden, die nie in ihrem Leben einen Sexshop betreten würden. Aber im Onlinestore… da sah einen weder Nachbar, noch Kollege. Die Kunden schätzten das diskrete Einkaufserlebnis.
     
    *
     
    Am Anfang war ein Staubkorn… aus dem später das Universum wurde. So oder ähnlich begann es auch mit Douglas Firma. Die Highschool war für ihn die Hölle gewesen. Seine Mitschüler sahen in ihm nur einen langweiligen Nerd, der zuviel Zeit am Computer verbrachte. Freunde hatte er damals nie besessen, und auch sonst rauschte das gesellschaftliche Leben an ihm vorbei. Er ging nicht zum Abschlussball, da er keine Begleiterin fand. Frauen nahmen von ihm keine Notiz. Er war ein übergewichtiges Nachtschattengewächs mit einer dicken Brille. Nachts flüchtete er sich in die Traumwelten des Nets. Wenn er online ging, machte er eine Verwandlung durch. Das Fett schmolz dahin. An seinen dünnen Ärmchen wuchsen Muskeln. Die Brille, sein schlimmstes Hass- und Spottobjekt, brauchte er nicht mehr. Oder vielmehr sein Avatar. Im virtuellen Leben war alles perfekt. Er konnte sich selbst ausprobieren. Jede neue Rolle war nur einen Mausklick entfernt.
    Natürlich entdeckte er wie jeder Junge in seinem Alter sehr schnell die Internetpornografie. Sie zog ihn geradezu magisch in ihren Bann. Doch anders als seine Altersgenossen sah er mehr in ihr. Das Portal in eine andere Welt. Eine Welt, wo auch er Bedeutung und Anerkennung ernten konnte. Nachts, wenn sein Eltern schliefen, durchquerte er die Adult Video News AVN, das Branchenblatt schlechthin, wenn es um die neusten Trends oder Umsatzzahlen der Pornoindustrie ging.
    Andrew Conru. Bill Asher. Hugh Hefner. Wurden zu seinen neuen Vorbildern.   Mit einem Kaufkraftpotenzial von fünfzehn Milliarden Dollar pro Jahr war Pornografie zum Motor der amerikanischen Wirtschaft geworden. Wie viel sich doch mit Sex verdienen ließ! Und Prostitution war noch gar nicht mit eingerechnet.
    Nach der Schule zog er in die elterliche Garage. Auch ihm stand ein Stück vom Kuchen zu. Er besuchte einen Programmierkurs an der Volkshochschule. Sein Vater glaubte, er wolle seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Das hatte Douglas auch vor, wenn auch in anderer Hinsicht. Er lernte HTML und Javascript. Php und css. Die Fremdsprachen der Zukunft. Eintrittskarte in den Wirtschaftsolymp. Binnen weniger Monate hatte er seinen Internetshop fertig gestellt. Weltweit konnten die User Reizwäsche, Dildos und Filme bestellen. Binnen drei Tagen wurde die Ware in einem neutralen Paket zugeschickt. So jedenfalls laut Douglas allgemeinen Geschäftsbedingungen. In Wirklichkeit kam er kaum nach. Er hatte die Logistik einfach komplett vergessen.
    „Douglas, was sind das für komische Kartons in der Garage?“
    „ Tut mir Leid. Ich hätte dich fragen sollen, bevor ich meine Ware hier eingelagert habe.“
    „ Bis unter die Decke! Wenn das dein Vater sieht, rastet er aus.“
    „ Ich verspreche dir, mich demnächst nach einer neuen Halle umzusehen.“
    Maria Winchester griff sich eine der bunten Verpackungen heraus. Ihre Augen weiteten sich.
    „Taschenmuschi?“
    „ Mutter…“
    „ Und hier. Ergonomische Dildos aus hautsympathischen Jellymaterial?! So einen Schweinkram will ich in meinem Haus nicht sehen!“
    „ Das ist kein Schweinkram, sondern Produkte meines Shops.“
    „ Was für ein Shop? Wenn du einen Laden hättest, würde ich es wissen.“
    „ Mutter, ich verkaufe die Ware übers Internet.“
    „ Die ganze Welt kann sehen, was für eine Drecksau du bist! Geh mir aus den Augen, du bist eine Schande für unsere Familie!“
     
    *
     
    Douglas brach mit seinen Eltern. Er mietete sich eine alte Fabrikhalle mit zwei Etagen an. Das Erdgeschoss war so groß, dass sich seine Ware zwischen den rostigen Stahlträgern verlor. Aber er würde den Platz bald brauchen. Im ersten Stock

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