BACCARA EXKLUSIV Band 45
hochflatterte.
Sunny legte die Hände auf Chase’ Brust und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Erschrocken sah sie dann, dass Gracie Chase’ Jackettärmel beschmutzte. „Oh!“, rief sie und lief um den Küchentresen. „Nicht bewegen! Ich hole etwas zum Abwischen. Am besten Sodawasser, damit kein Fleck zurückbleibt.“
„Machen Sie sich deswegen keine Sorgen“, beruhigte Chase sie und fragte sich, ob er dem Vogel danken oder ihn verfluchen sollte. Vorsichtig zog er das Jackett aus und legte es auf den Tresen. „Ich werde es reinigen lassen.“
Sunny blickte bestürzt auf den Ärmel. „Es ist Kaschmir, nicht wahr? Ich bezahle Ihnen die Reinigung.“
„Zur Hölle!“, wiederholte Jason, als Gracie kurz auf seinem Kopf landete.
Chase prustete und bemühte sich, es als Husten zu tarnen. Vielleicht wäre ihm das auch gelungen, wenn er in diesem Moment nicht zu Sunny gesehen hätte. Sie schien ein Lachen ebenfalls kaum unterdrücken zu können, und er warf ausgelassen den Kopf zurück, und sie lachten beide aus vollem Hals, als ein Mann hereinkam, ein Skateboard in der einen, einen Kassettenrecorder in der anderen Hand.
„Was ist so komisch?“, fragte er.
Während Sunny es ihm erzählte und sie einander vorstellte, musterte Chase Hector Rodriguez. Der junge Mann war etwa einen Meter achtzig groß und hatte die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er trug einen Ohrring, und den linken Unterarm zierte eine Tätowierung. Ein rascher Blick zu Jason verriet ihm sofort, wie fasziniert der Junge von Hector war, und er seufzte innerlich. Hector und er gaben sich die Hand. Sein Händedruck war fest, und Sunnys Assistent sah ihn dabei freundlich und mit intelligentem Blick hinter seiner Drahtgestellbrille an.
„Hector ist ein Zahlenzauberer“, erklärte Sunny den Kindern.
„Wie zaubern Sie Zahlen?“, wollte Jason wissen.
„Mit meinem Computer. Komm mit, ich zeig’s dir.“
Während die zwei zu Hectors Arbeitstisch gingen, flüsterte Sunny ihm zu: „Er ist wirklich sehr nett, auch wenn er nicht … äh …“
„Sie meinen, obwohl er weder Aktentasche noch Anzug trägt? Keine Sorge, ich trage auch nicht ständig Anzüge“, flüsterte er zurück und zwinkerte ihr zu.
Sunny schoss das Blut in die Wangen. Musste dieser Mann sie unbedingt an die Szene mit dem Handtuch erinnern?
„Sie sind sehr loyal, nicht wahr?“, sagte er.
„Ich habe nie großartig darüber nachgedacht.“
Viel zu aufmerksam sah er sie an. „Ja, das glaube ich Ihnen. Nun, sprechen wir über den Grund meines Besuchs.“
„Gern.“ Erleichtert holte sie ihre Geschäftsformulare aus der Schublade. „Die habe ich Ihnen ja bereits gestern schon gezeigt.“ Sie legte sie vor ihn auf den Tresen. „Die Checkliste soll verhindern, dass sich beim Aufschreiben Fehler einschleichen. Aber der Kunde muss sie auch genau ausfüllen. Wenn Sie zum Beispiel Ketchup wollen, müssen Sie hier die Marke und die Größe der Flasche angeben.“
„Ich bin nicht wegen Ihres Lebensmittelservice hier.“
„Aber ich dachte …“ Sunny runzelte die Stirn und stemmte dann die Hände in die Hüften. „Falls Sie noch immer glauben, ich würde Ihnen ein Interview ermöglichen …“
„Nein, deswegen bin ich auch nicht hier“, unterbrach Chase sie und warf einen Blick zum anderen Ende des Zimmers. Die Kinder standen neben Hector und waren völlig gefesselt von dem Computer. „Seit die beiden heute Morgen aufgewacht sind, fragen sie nach Ihnen.“
„Emma spricht wieder?“
„Nein, sie weinte. Die Wahrheit ist, dass sie erst aufgehört hat zu weinen, als ich ihr versprach, wir würden zu Ihnen fahren.“ Dass auch er mit dem Gedanken an sie aufgewacht war und sie unbedingt hatte wiedersehen wollen, verschwieg er ihr.
„Das tut mir leid. Aber sie hat bestimmt nicht nur meinetwegen geweint, sondern wegen der gesamten Situation.“
„Mag sein, aber außerdem mache ich mir auch um Jason Sorgen. Er ist die ganze Zeit so brav. Früher hat er seine Eltern zum Wahnsinn getrieben, und nun ist er so ernst. Als Sie gestern bei uns waren, hat er zum ersten Mal seit der Beerdigung wieder gelacht.“
„Es braucht Zeit, bis die Kinder sich an die Umstellung gewöhnt haben. Alles in ihrem Leben hat sich von einem Moment zum anderen vollkommen verändert.“
Sunny Caldwell sprach lediglich aus, was er sich schon selbst gedacht hatte. Warum empfand er ihre Worte dann so tröstlich? „Ich habe jedenfalls beschlossen, Mrs. Winthrop vorerst nicht
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