BACCARA EXKLUSIV Band 47
das Prickeln verstärkte sich noch.
„So ist es richtig“, lobte er sie erneut und fügte dann hinzu: „Wir werden nur einen kurzen Ritt machen.“
Sie nahm die Zügel, die er ihr reichte.
„Entspannen Sie sich.“
Sie sollte sich entspannen, wo doch dieses Tier unter ihr mehr Kraft hatte als ihr erstes Auto? „Das können Sie leicht sagen. Sie fürchten ja auch nicht um Ihr Leben.“
Wayne lachte leise. Dann stieg er mit einer geschmeidigen Bewegung auf das andere Pferd. Ihr stockte dabei der Atem. Er schien so ruhig und kontrolliert – so gelassen.
„Wir werden langsam und vorsichtig vorgehen“, versprach er ihr, als er losritt.
Ohne dass sie etwas tat, folgte Grandpa seinem Pferd. Bei den ersten Schritten wäre sie fast heruntergefallen, bei jeder Bewegung des Pferdes schwankte sie von einer Seite zur anderen. Doch schon nach ein paar Minuten hatte sie sich daran gewöhnt.
„Jetzt können Sie aufhören, sich auf die Lippen zu beißen. Glauben Sie mir, Grandpa ist so sanft wie ein Lamm.“
Wie gut, dass Wayne nicht wusste, dass es gar nicht die Reitstunde war, die sie so sehr beunruhigte. Er ritt vor ihr her, und sie war ihm dankbar, dass er langsam ritt. Nach einer Weile begann sie sich dann tatsächlich zu entspannen.
Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, und allmählich war Cassie in der Lage, auch ihre Umgebung wahrzunehmen. Ein Habicht kreiste über ihnen, und die Luft duftete nach Sommer.
Wayne sah sich um. „Alles in Ordnung?“, fragte er.
„Ich glaube, ich werde es überleben.“
„Sie sind ein Naturtalent.“
Seine Anerkennung tat ihr gut. Sie hatte gar nicht gewusst, dass ihr so viel an seiner Meinung lag.
Einige Minuten später näherten sie sich einem kleinen Fluss, das Wasser plätscherte munter über einige dicke Steine. Wayne zog die Zügel an, und sein Pferd blieb stehen. Grandpa tat es ihm gleich. Er senkte den Kopf und begann, Gras vom Wegesrand zu fressen, wobei er Cassie beinahe die Zügel aus der Hand riss.
Wayne stieg ab und kam zu ihr hinüber, um ihr aus dem Sattel zu helfen. Er legte ihr die Hände um die Taille, hob sie hoch und ließ sie dann an seinem Körper hinuntergleiten. Als ihre Füße den Boden berührten, hielt er sie noch einen Augenblick fest.
„Danke“, hauchte sie atemlos.
Langsam trat er einen Schritt zurück.
Etwas geschah mit ihr, etwas, das sie ebenso erregte wie fürchtete. Sie reagierte auf ihn, wie eine Frau auf einen Mann reagiert. Es wäre viel besser gewesen, wenn sie höflich Abstand gewahrt hätte. Doch er war ein so männlicher, so ungemein attraktiver Mann …
Sie wandte sich ab und ging zum Ufer des Flusses. Aber schon einen Augenblick später trat Wayne neben sie. Angestrengt suchte sie nach etwas, um diesen Augenblick zu überbrücken. Auf keinen Fall sollte Wayne merken, wie stark er auf sie wirkte.
„Ist das alles Ihr Land?“, fragte sie.
Er schob mit dem Daumen den Hut in den Nacken. „Bis zum Horizont“, antwortete er.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht nahm sie gefangen. Stolz las sie darin, doch da war noch mehr. „Und Sie lieben es, nicht wahr?“
„Ja, jeden Morgen davon.“ Er sah zu den fernen Hügeln.
Sie wusste bereits, wie viel ihm an seiner Familie lag, und jetzt begriff sie, dass seine Liebe zu dem Land dazugehörte. Wayne war ein Mann, der viel komplexer war, als sie zuerst geglaubt hatte. Er war tiefer Gefühle fähig, und ihr Eindruck, dass sie ihn anfangs nicht richtig beurteilt hatte, verstärkte sich noch.
Als sie unangekündigt und uneingeladen in seinem Haus erschienen war, war sie in das Territorium eingedrungen, das er mit all seiner Kraft beschützte. Doch wenn er sie nicht länger als seine Feindin betrachtete, dann konnten sie vielleicht sogar Freunde werden.
Der Gedanke gefiel ihr. Freunde misstrauten sich nicht. Und Freunde küssten sich auch nicht im Schutz der Nacht. Sie versuchte, sich an diesen Gedanken zu klammern wie an einen Rettungsring.
„Sie müssen auf das, was Sie erreicht haben, sehr stolz sein“, fuhr sie nach einer Weile fort.
Er trat noch einen Schritt näher. Der Wind wehte ihr den Duft seines Aftershaves zu, und als Wayne ihr nun in die Augen schaute, dachte sie an den Moment, wo er nach dem seidenen Band an ihrem Nachthemd gegriffen hatte.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendwie sagte ihr ihr weiblicher Instinkt, dass es nicht Freundschaft war, was er von ihr wollte.
Er hatte so lange geschwiegen, dass sie schon nicht mehr mit einer Antwort
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