BACCARA EXKLUSIV Band 61
Rückblende sah sie jetzt ihr jüngeres Ich, schick gemacht, darauf bedacht, zu gefallen, und ganz aufgeregt, weil sie Dylan überraschen wollte. „Mein Haar war zurückgebunden“, murmelte sie und fragte sich, wieso ihr das Herz auf einmal so schwer wurde.
„Mit einem schwarzen Band“, ergänzte Dylan. „Du hattest ein schwarzes Satinkleid an.“
„Ich ging durch die Tür der Aula. Drinnen war es so laut. Die Musik, die Stimmen. Jemand tanzte auf einem Tisch.“ Sie schloss die Augen. „Es roch, als hätten alle ein Bad in Bier genommen.“ Sie erinnerte sich daran, wie sie nach Dylan gesucht, ihn aber nirgends gefunden hatte. Sie hatte dann eine Gruppe Leute gefragt, und sie deuteten auf den hinteren Teil der Aula. Sie ging weiter und entdeckte ihn schließlich. Seine Hände lagen auf den Hüften eines sehr hübschen Mädchens. Die beiden küssten sich hemmungslos und lüstern. Er presste sich eng an seine Tanzpartnerin, und sie strich ihm zärtlich durchs Haar – eine Geste, die Alisa als seltsam vertraulich empfand.
Sie hatte sich elend gefühlt. Sie fühlte sich sogar jetzt noch elend, wenn sie nur daran dachte. „Du hast sie geküsst“, flüsterte sie, öffnete die Augen und sah Dylan ungläubig an.
„Sie hat mich geküsst“, korrigierte er sie.
„Und ich dachte, du würdest nur mich lieben.“ Erneut stieg das Gefühl, betrogen worden zu sein, in ihr auf, so als wäre das alles gerade erst passiert.
„Das habe ich auch.“ Seine Miene war undurchdringlich.
„Nein“, entgegnete Alisa, überwältigt von ihrem Kummer. „Unsere Beziehung war etwas Besonderes. Wieso hast du das getan? Wie konntest du nur?“
Dylan fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Es liegt acht Jahre zurück, Alisa. Du hattest mich versetzt. Du wolltest mich nicht sehen, daher fragte ich mich, ob du das Interesse an mir verloren hättest. Ich hatte es nicht vor. Ich dachte sogar daran, auf die Party zu verzichten, aber mein Mitbewohner überredete mich. Ich trank ein paar Bier, und dieses Mädchen machte sich an mich heran.“
Aufs Neue empfand Alisa die Demütigung. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so verraten gefühlt wie damals. Immer wieder quälte sie das Bild von Dylan mit diesem Mädchen. Sie begann zu zittern.
„Alisa.“ Er streckte die Hand nach ihr aus.
Sie wich zurück. „Nein. Ich …“Verwirrt und verletzt schluckte sie. „Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber das war es nicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wieso hast du mir das nicht erzählt?“
„Wann denn? Im Krankenhaus vielleicht, als du auf der Intensivstation lagst und die Ärzte nicht wussten, ob du überleben würdest?“
Sie rieb sich die Stirn. „Vermutlich nicht. Aber schließlich bin ich aus dem Krankenhaus entlassen worden.“
„Dein Arzt riet mir, zu warten, bis du dich von selbst erinnerst. Du brauchtest keinen zusätzlichen Druck. Deshalb habe ich dich zu mir geholt.“
„Aber das war wichtig. Ich hätte das wissen müssen. Du hättest es mir erzählen müssen, bevor …“
„… bevor ich dich in meinem Bett fand und mit dir schlief. Bereust du es jetzt doch, Alisa?“ Er klang herausfordernd.
Ihr fiel das Versprechen wieder ein, das sie ihm gegeben hatte. Keine Reue. Doch sie war durcheinander und fühlte sich hintergangen. „Ich muss darüber nachdenken“, erklärte sie. „Ich muss herausfinden, was das alles zu bedeuten hat. Ich muss …“
„… gehen“, beendete er den Satz für sie mit versteinertem Gesicht. „Du musst gehen.“
Und das tat sie auch.
9. KAPITEL
In dieser Nacht schlief Dylan nicht. Ebenso wenig in der nächsten. Er mied sein Schlafzimmer, denn Alisas Duft hing noch in der Luft, und sobald er die Tür öffnete, fühlte er ihre Anwesenheit.
Er war so vorsichtig gewesen, hatte darauf geachtet, nicht von ihr abhängig zu werden und sich ständig ermahnt, daran zu denken, dass sie irgendwann wieder gehen würde. Und dabei hatte er einen großen Fehler begangen. Er hatte geglaubt, er würde sich selbst schützen, doch in Wirklichkeit war Hoffnung in ihm erwacht. Dylan hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass Hoffnung trügerisch war. Seine Mutter hatte gehofft, dass sein Vater wieder auftauchen und sich um sie kümmern würde. Dylan selbst hatte das auch gehofft, bis er seine Lektion gelernt hatte.
Hoffnung war eine der stärksten menschlichen Emotionen, und sie war kaum zu ersticken, sobald sie einmal in einem Menschen zu wachsen begonnen hatte. Sie ließ Menschen in
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