BACCARA EXKLUSIV Band 61
wusste ja, dass es so kommen würde. Es war nur eine Frage der Zeit.“
„Wie lange ist sie denn schon weg?“
„Ein paar Tage.“ Es kam ihm vor wie Jahre.
„Was hat sie gesagt, als du sie angerufen hast?“, erkundigte sich Michael.
Dylan, der gerade sein Glas zum Mund heben wollte, hielt mitten in der Bewegung inne. „Ich habe sie nicht angerufen. Sie meinte, dass sie Zeit zum Nachdenken braucht.“
Michael sah ihn an, als wäre er verrückt. „Und du willst sie ganz allein nachdenken lassen?“
„Nun, ja. Wenn sie mich dabeihaben wollte, wäre sie doch geblieben.“
Michael und Justin tauschten erneut einen Blick.
Gereizt leerte Dylan sein Bierglas. „Was ist?“
Justin räusperte sich. „Mir ist bekannt, dass du nicht gerade in dem Ruf stehst, dauerhafte Beziehungen zu führen, um es mal vorsichtig auszudrücken.“
„Ach nein? Aber du, was?“, konterte Dylan.
„Immerhin bin ich inzwischen mit der Frau, die ich liebe, verheiratet“, verteidigte sich Justin. „Und du nicht.“
Wütend über den Wahrheitsgehalt seiner Worte, ballte Dylan die Faust und schob sie in die Tasche. „Du bist also ein Experte, was Frauen angeht.“
Justin hob die Hand. „Ich nicht, aber ich habe ein paar Dinge gelernt. Eines davon ist, dass man eine Frau nicht allein lässt, wenn sie wütend auf einen ist. Man nennt das auf Nummer sicher gehen.“
„Er hat recht“, bestätigte Michael. „Frauen haben eine lebhafte Fantasie. Wenn ich mich von Kate zurückgezogen hätte, als ihr nach unserer Hochzeit Zweifel kamen, hätte sie mich auf der Stelle verlassen. Kate meint, es sei eines von diesen Mars-Venus-Sachen. Männer müssen sich einkapseln, Frauen müssen reden.“
Dylan dachte eine Weile über den Rat seiner Freunde nach. Dann sagte er: „Ihr habt gut reden. Ihr hättet sie mal toben sehen sollen, bevor sie ging.“
Justin runzelte die Stirn. „Wenn es dir nichts ausmacht, ohne sie zu leben, ist es auch nicht so wichtig.“
„Das war ihre Entscheidung“, verteidigte sich Dylan.
„Teilweise“, meinte Michael einschränkend. „Das hängt davon ab, ob du ein Feigling bist oder nicht.“
Dylan fuhr hoch. „Was soll das heißen?“
„Das soll heißen: Ganz gleich, was zwischen dir und Alisa in der Vergangenheit vorgefallen ist, sie wird nicht vergessen, dass du für sie da warst, als sie dich brauchte. Es sei denn, du lässt zu, dass sie es vergisst.“
„Ich will ihre Dankbarkeit nicht“, sagte Dylan, und es klang ein wenig überheblich.
Justin verdrehte die Augen. „Woher kommt denn diese Anwandlung von Stolz? Du kannst ihre Dankbarkeit zu deinem Vorteil nutzen. Willst du die Frau oder nicht? Willst du die Hände in den Schoß legen und sie wieder ziehen lassen? Das hast du schon einmal getan. Und hat dich das glücklich gemacht?“
„Nein“, gestand Dylan.
„Siehst du? Du bist kein zwanzigjähriger Student mehr. Wenn du Alisa willst, dann musst du alles zu deinem Vorteil nutzen, musst dafür sorgen, dass sie regelmäßig daran erinnert wird. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass eine Frau einen Mann bevorzugt, der zu ihr hält, ganz gleich, was kommt. Wenn du also diese Frau willst, musst du um sie kämpfen. Vertrau mir, ich habe diesen Kampf gerade selbst hinter mir.“
Michael nickte. „Ich ebenfalls. Es mag vielleicht unsinnig klingen, aber ich habe meiner Frau regelrecht den Hof gemacht. Bin mit ihr ausgegangen, habe sie angerufen, sie mit Geschenken überhäuft und so weiter. Hinterher stellte ich fest, dass diese alte Masche gar keine so schlechte Idee war. Aber es liegt ganz allein bei dir. Du musst dich jetzt entscheiden, ob du kämpfen oder kneifen willst.“
Während Alisa am Mittwochabend ihren Kleiderschrank aufräumte, beschäftigte sie sich in Gedanken mit Dylan. Sie versuchte, ihre Beziehung zu ihm zu analysieren. Doch jedes Mal, wenn sie daran dachte, wie schamlos er sie hintergangen hatte, dachte sie unweigerlich auch daran, wie rührend er sich während ihrer Krankheit um sie gekümmert hatte. Einerseits fand sie ihn herzlos, andererseits ließ er behinderten Kindern auf seinem Anwesen Reitstunden geben.
Man kann ihm nicht trauen, sagte sie sich. Aber warum würde sie sich dann in einem Notfall immer an ihn wenden?
Auf jeden Fall wusste er die Wichtigkeit der Liebe nicht zu schätzen. Schon möglich, sagte ihr eine innere Stimme, aber welche Liebe hatte er denn bis jetzt schon kennengelernt?
Er brauchte halt niemanden. Bei diesem Gedanken zog sich ihr Magen
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