BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
nach unten, weil sie Hunger hatten. Das Gewitter war längst abgezogen, aber heftiger Regen und Sturmböen peitschten noch immer ums Haus. In der Küche fanden sie Ellie vor, die Wirtschafterin von Summerhill. Sie sprach ins Funkgerät und wirkte ganz aufgeregt.
Lucy ging zu ihr hinüber. „Was ist los?“
Ellie starrte sie an. „Was machst du denn hier?“ Ihr Blick wanderte zu Ethan, und sie schien irritiert, als sie merkte, wie unordentlich sie beide angezogen waren. „Ich dachte, du wärst in der Stadt. Dein Wagen …“
„Er steht vor den Stallungen. Ellie, was ist los?“
„O Lucy, ein furchtbares Chaos. Es gab einen Unfall.“
Ellie sprach erneut in das Funkgerät in ihrer Hand. „Summerhill an Tom, kannst du mich hören, Tom?“
Wieder rauschte es schwach, nichts war zu verstehen. „Ich bekam den ersten Funkspruch gegen zehn“, erklärte Ellie. „Sein Funkgerät war nass und gab langsam den Geist auf. Es hat einen Erdrutsch gegeben. Die Hütte, in der sie waren – Craiglea –, war nicht mehr sicher. Sie wollten versuchen, sich zur Furt durchzuschlagen. Zu diesem Zeitpunkt fand Tom die Chancen recht gut. Aber er irrte sich. Soweit ich verstehen konnte, wurde einer oder sogar beide Jeeps von einer Flutwelle in den Fluss gespült.“
„O nein“, flüsterte Lucy.
„Ist jemand verletzt?“, wollte Ethan wissen.
„Der Empfang war zwar schlecht, aber vermutlich nicht. Ich glaube, er hat gesagt, sie seien alle im Wasser gelandet und haben alles verloren. Gewehre, Proviant, Schlechtwetterkleidung, alles. Er hat nur das Funkgerät gerettet.“
Lucy und Ethan sahen sich schuldbewusst an. Während sie sich miteinander vergnügten, hatten sie überhaupt nicht an die Jäger gedacht. Und nun waren diese Menschen, die ihnen nahestanden, in Gefahr.
„Ellie, hast du die Rettungseinheit alarmiert?“
„Ja. Die hiesige Polizei ist allerdings ausgelastet. Der Fluss ist über die Ufer getreten. Sie haben zusätzlich Unterstützung aus der Stadt angefordert.“
„Gibt es noch andere Jagdhütten?“, fragte Ethan.
„Auf welcher Seite des Flusses waren sie, Ellie?“
„Auf der Bergseite. Fernlea wäre die nächstgelegene.“
Lucy sah Ellie bestürzt an. „Das ist meilenweit entfernt. Das werden sie bei diesem Wetter nie zu Fuß schaffen.“
Noch während sie das sagte, tauchte eine verschwommene Erinnerung in ihren Gedanken auf. Sie beachtete sie nicht weiter.
„Und sie ist auch nicht leicht zu finden. Sie liegt mitten in den Bergen. Zu dumm.“ Ellie überlegte. „Warum bloß sind sie nicht in Craiglea geblieben und haben das Beste daraus gemacht? Ich habe um drei mit Tom gesprochen, sobald ich wusste, dass das Unwetter heranzog. Er wollte Mr. Anderson noch eine besondere Aussicht zeigen.“
„Was machen wir jetzt, Ellie?“
Die Wirtschafterin sah von einem zum anderen. „Wir bleiben hier und warten. Es ist an der Polizei zu entscheiden, ob die Rettungseinheit eine Flussüberquerung bei Dunkelheit riskieren kann, noch dazu bei dem Sturm. Wir müssen einfach hoffen, dass Tom und die anderen irgendwo Schutz finden und sich warm halten können.“
„Wie viele sind es eigentlich?“, wollte Ethan von Lucy wissen.
„Tom, Stacey, Magnus und Mr. Endo, ein Gast aus Indonesien.“
„Du liebe Zeit“, rief Ellie plötzlich. „Ich glaube, wir sollten Mrs. Anderson und Mrs. Endo Bescheid sagen. Marie, Staceys Frau, habe ich schon informiert.“
„Ich gehe zu Juliette, du übernimmst Mrs. Endo. Ethan, bitte koche Kaffee. Und achte auf das Funkgerät.“
„Sollten wir nicht nach ihnen suchen?“, fragte Ethan.
Ellie schüttelte den Kopf. „Für eine Nacht sind genug Abenteurer in der Wildnis unterwegs. Die Polizei sollte bald hier sein. Beten wir, dass der Sturm nachlässt.“
10. KAPITEL
Ethan kochte Kaffee und versuchte, dem Funkgerät mehr als ein Rauschen zu entlocken, vergeblich. Bald kamen Juliette und die Indonesierin mit Lucy und Ellie in die Küche. Juliette gab zu, wach gelegen und sich wegen des Unwetters Sorgen gemacht zu haben. Die Indonesierin tat Ethan leid, denn ihr Englisch war schlecht, und es war unklar, wie viel sie verstand.
Während sie auf die Polizei warteten, wagten er und Lucy sich in den Regen hinaus, um nach den Pferden zu sehen. Zu ihrem Entsetzen war der Fluss, der sonst in zweihundert Metern Entfernung dahinfloss, bis in unmittelbare Nähe der Stallungen angestiegen. Sie brauchten fast eine Stunde, um das halbe Dutzend Pferde zu der etwas höher gelegenen
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