BACCARA EXKLUSIV Band 67: DEIN SINNLICHSTES VERSPRECHEN / MIT DIR EIN LEBEN LANG / JEDEN TAG EIN BISSCHEN MEHR / (German Edition)
ansah, doch diese Freude hatte den faden Beigeschmack eines verfaulten Knochens, den man einem hungrigen Hund vorwirft. Was änderte das an der Tatsache, dass er Jodie nicht bei ihr lassen wollte? Fünf Tage noch …
Es tat weh, und dass Carl Tannon in der Lage war, sie so tief zu verletzen, erschütterte Kirby bis ins Mark.
„Kennen Sie die Leute?“ Wenn er nicht gefragt und sie damit wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt hätte, hätte sie gar nicht bemerkt, dass sie geistesabwesend das Pärchen am Tisch gegenüber angestarrt hatte.
„Nein, ich war nur in Gedanken.“
„Und woran haben Sie gedacht?“ Er berührte ihre Hand, und Kirby zuckte zurück. Seitdem sie ihn gebeten hatte, die Hände von ihr zu lassen, hatte er keinen Versuch mehr gemacht, ihr nahezukommen, jedenfalls nicht auf eindeutige Weise. Doch allein seine Nähe und all die kleinen scheinbar zufälligen Berührungen brachten sie aus der Fassung. Wenn er hinter ihr stand, während sie ihm zeigte, wie man ein Baby wickelte … Sein Atem in ihrem Nacken, während er zuschaute, wie sie Jodies Haar kämmte … Manchmal hatte sie den Eindruck, dass er mit ihr spielte. Und manchmal gefiel ihr das sogar.
„Mom ist mit ihren Gedanken heute ganz woanders“, sagte er zu dem Kind, das in seinem Hochstuhl vor und zurück wippte.
„Ich dachte daran, dass das Paar dort drüben aus der Entfernung einen so glücklichen Eindruck macht.“
„Warum sollten sie es auch nicht sein?“
„Nun, sie könnten geschieden sein und der Kinder zuliebe diese Harmonie vortäuschen. Vielleicht sind sie aber noch verheiratet und können einander nicht mehr ausstehen. Mag sein, er betrügt sie, und sie ahnt nichts davon.“
Möglicherweise will er ihr am Dienstag ihr Kind wegnehmen, ergänzte Kirby in Gedanken, und sie kann nichts dagegen tun.
„Nehmen Sie in jeder Situation immer nur das Schlimmste an?“
„Nein, aber ich versuche realistisch zu sein. Sehen Sie uns an. Machen wir nach außen nicht den Eindruck einer netten kleinen Familie? Einer Familie, wie sie einem aus den Schaufenstern eines Fotoateliers entgegenlächelt? Aber wir sind keine Familie. Wir sind überhaupt nichts.“
In letzter Sekunde brachte Carl den Schokoladen-Shake aus Jodies Reichweite. „Wie heißt der Kerl?“, fragte er völlig unvermittelt.
„Welcher Kerl?“, murmelte Kirby verwirrt.
„Der, der Ihnen beigebracht hat, realistisch zu denken.“
„Vielleicht bin ich ja so geboren“, gab Kirby wenig überzeugend zu bedenken.
„Niemand wird so geboren. Solange wir noch keine schlechten Erfahrungen gemacht haben, glauben wir daran, dass das Gute überwiegt. Das Leben und die Menschen, denen wir begegnen, verhärten uns und lehren uns eine skeptischere Sicht auf die Dinge. Allmählich verlieren wir das uns angeborene Vertrauen.“
Es klang so echt, was er sagte, hörte sich nach eigenem Erleben an. Kirby ließ ihre Gabel mit den Pommes frites sinken und blickte ihn aufmerksam an. „Anscheinend haben Sie ein paar solcher Leute auch schon getroffen.“
„Das habe ich. Mehr als nötig gewesen wäre.“
Das lustige Funkeln seiner Augen war plötzlich verschwunden, und Kirby fragte sich, wer wohl die tiefen Narben in seiner Seele hinterlassen haben mochte. Irgendetwas sagte ihr, dass das Verhalten ihrer Halbschwester nicht hatte ausreichen können, um ihn so zu verletzen.
„Ihre Eltern?“, fragte sie aufs Geratewohl.
Er lächelte, um seine wahren Gefühle zu verbergen, und in diesem Augenblick glich er einem kleinen Jungen, der behauptete, ein Mann zu sein. „Sagen wir, ich werde mich bemühen, meinem Kind ein liebevolleres Zuhause zu geben, als sie es taten.“
Mit Zeige- und Mittelfinger strich er sacht an den rosigen Bäckchen des Babys entlang, und wieder war Kirby von der Zärtlichkeit, mit der er die Kleine betrachtete, tief gerührt. „Das Gefühl kenne ich“, bemerkte sie sanft.
Ihre Blicke trafen sich, und wie immer, wenn er sie mit diesem rätselhaften Ausdruck ansah, glaubte sie, eine Verbindung zwischen ihnen zu erahnen, die über das gemeinsame Interesse an Jodie weit hinausging.
„Wie alt waren Sie, als Ihre Mutter gestorben ist?“, fragte Carl.
„Woher wissen Sie das mit meiner Mutter? Hat Emma Ihnen etwas darüber erzählt?“
Er nickte, und Kirby überlegte, ob sie Emma wegen dieser Offenherzigkeit böse sein sollte. Natürlich war der Tod ihrer Mutter kein Geheimnis, doch es war ihr nicht wohl bei dem Gedanken, dass Carl so viel von ihr wusste.
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