Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
Nick seinen Abschluss auf der Highschool machte. Sie mahnten und drängten ihn und ließen auch dann nicht locker, wenn der junge Nick manchmal das Interesse an der Schule verlor und aufgeben wollte. Als der Tag seines Abschlusses gekommen war, war es nicht seine Mutter, die bei der Schulfeier in der ersten Reihe saß, sondern Alice Majors, die ihm applaudierte.
Marcy war die zweite herbe Niederlage in seinem Leben. Und wie nach der ersten hatte ihm sein Schicksal auch jetzt wieder einen Ausweg aus der Enttäuschung gezeigt. Würde er diese Chance mit einem Kind, das definitiv seines war, verpassen, konnte er für alle Zeiten vergessen, jemals wieder so etwas wie eine Familie zu haben.
„Wie ich dir sagte“, antwortete Lilly, „ich werde dir nichts vorenthalten, was mit dem Kind zu tun hat. Das gilt auch jetzt schon.“
Dankbar blickte er zu ihr hinüber. Lilly lächelte zurück. Es war ein stilles, fast ernstes Lächeln, eines, das er bisher bei ihr noch nicht gesehen hatte, das sie aber schöner erscheinen ließ als je zuvor.
„Unser Sohn oder unsere Tochter wird zu Weihnachten da sein, hat der Doktor gesagt“, verkündete sie.
Nick war begeistert. Vor seinem geistigen Auge sah er schon den geschmückten Tannenbaum und die schön eingepackten Geschenke unter seinen Zweigen liegen. Das größte Geschenk aber würde dieses Kind sein. Es war einfach perfekt.
„Du hast es ja mitbekommen: In zwei Wochen habe ich wieder einen Termin bei Dr. Johnson“, fügte Lilly hinzu.
„Da möchte ich gern wieder mitkommen“, bemerkte er.
„Ich dachte mir so etwas schon.“ Lilly lachte gutmütig.
Nick war sich in diesem Moment sicher, dass sie ihr Versprechen halten würde. Sie würde ihn nicht ausschließen, wenn es um das Kind ging, mochte das Verhältnis zwischen ihnen beiden auch nicht einfach sein und ihre Ehe unter anderen Vorzeichen stehen, als sie beide sich das erhofft hatten.
Trotzdem war es ein wenig besser zwischen ihnen geworden. Die Spannung hatte sich gelöst. Es lag wohl auch daran, dass er mehr bei ihr erreichte, wenn er sie nicht drängte. Mit den Fohlen, die er auf der Ranch aufzog, war es ja auch nicht anders. Man durfte ihnen nicht von vornherein den eigenen Willen aufzwingen wollen. Das klappte nicht. Man musste Geduld haben, und Geduld, das wusste er, war nicht unbedingt seine Stärke.
„Stell dir vor, ich habe ein Buch mit Vornamen gekauft“, gestand Lilly. „Hast du da einen besonderen Favoriten?“
„Nein.“ In der recht kurzen Spanne, seitdem er wusste, dass er Vater wurde, hatten seine Gedanken sich ausschließlich darum gedreht, welchen Familiennamen das Kind bekam. „Du wirst schon den richtigen Namen finden.“
„Was?“ Lilly sah ihn mit einer Mischung aus Verblüffung und Belustigung an. Nick gefiel dieser Ausdruck in ihrem Gesicht, bei dem ihre grünen Augen heller zu strahlen schienen als sonst. Das war wieder die Frau, die er beim Tanzen in den Armen gehalten und die ihn so bezaubert hatte. Er fragte sich, wie sich die Dinge zwischen ihnen wohl entwickelt hätten, wenn sie an jenem Morgen nicht davongelaufen wäre und sie ihm die Schwangerschaft nicht verschwiegen hätte …
„Es muss nicht unbedingt alles nach mir gehen“, meinte er grinsend.
Lilly schnitt eine Grimasse. Einen Augenblick später musste sie zum zweiten Mal ein Gähnen unterdrücken.
„Ich habe dich länger wach gehalten, als ich wollte“, sagte er. „Du solltest dich jetzt wirklich hinlegen.“
„Wo soll ich denn schlafen?“
„Wo möchtest du?“
Für eine Sekunde war sie verwirrt. „Hast du ein Gästezimmer?“
„Ja, das hab ich.“ Was hatte er erwartet? Dass sie antworten würde „bei dir im Bett“? Nick fing sich schnell wieder und zwang sich, Vernunft anzunehmen, obwohl die Signale, die von seinem Körper kamen, unmissverständlich ganz andere waren. „Komm, ich zeige es dir.“ Er ging zu ihr hinüber, nahm ihre Hand und half ihr auf. Einen Moment lang standen sie so dicht beisammen, dass sie sich fast berührten. Auch Lillys Atem ging schwerer. Dann gingen sie nebeneinander die Treppe hinauf.
„Ist es hier?“, fragte sie, als sie im Obergeschoss vor der ersten Tür nach dem Treppenabsatz angekommen waren, und hatte die Hand schon auf der Klinke.
Nick hielt sie zurück. „Nein, nicht hier“, sagte er tonlos und schob sie schnell weiter. Er war plötzlich ganz ernst geworden.
Lilly wunderte sich. „Ist irgendetwas verkehrt mit diesem Zimmer?“
Er schüttelte den Kopf.
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