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Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben

Titel: Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Schuller
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trotzdem irgendwie immer bewundert. Es gibt ja viele Künstler da draußen, die nur darauf warten, einen Plattenvertrag zu unterschreiben. Und hinter Amys verplantem Geist verbarg sich lediglich ein Teil von ihr, der sich einfach nicht sicher war, ob sie sich so einer Sache wirklich hingeben sollte. Denn sie dachte ja, sie würde damit irgendjemandem gegenüber nachgeben. Aber ich hatte ihr gesagt: ›Du gibst niemandem gegenüber nach, du hast jetzt eine Basis, die es dir erlaubt, genau das auszudrücken, was du eigentlich machen willst.‹ Die Wahrheit ist: Amy war schwierig und kompliziert. Sie konnte
sehr anstrengend sein, und sie war sehr stolz. Sie liebte es, dich herauszufordern. Und sie hat sich ständig gegen irgendwas gewehrt.«
    Lucian Grainge, der mächtige Vorsitzende von Universal, verstand Amy vom ersten Augenblick an – er liebte sie, wie Godwyn meinte. Die Unterschrift war im Grunde bloß noch eine Formsache, trotz des Fauxpas. Amy war 19 Jahre alt und durfte den Vertrag selbst unterzeichnen.
     
    Am Beispiel des Zustandekommens dieses Plattenvertrags mit Island Records lässt sich auch dokumentieren, wie sehr die kurze Lebensgeschichte von Amy von sich widersprechenden Wahrheiten genährt wird: Denn es existieren gleich vier verschiedene Versionen darüber, wie dieser für Amy zukunftsweisende Vertrag eingefädelt wurde.
    Die erste Version: Gary »G Major« Noble hatte den Deal mit »seinem guten Freund« Darcus Beese von Island Records arrangiert. Er spielte ihm ein paar von Amys Songs vor, worauf hin der begeisterte Label-Boss wie ein Undercover-Agent »rein zufällig« im Studio auftauchte und ihr dann wenige Wochen später den unterschriftsreifen Vertrag präsentierte.
    Die zweite Version konnte man in der Amy-Winehouse-Titelgeschichte des Magazins »Spin« aus dem Jahre 2007 lesen: Danach war Beese ins Büro »der beiden Nicks« geschlichen, um herauszufinden, wer sie betreute.
    »Weil sie so ein Geheimnis um Amy machten«, wurde der Island-Records-Chef in dem Magazin zitiert. »Doch ich hatte noch nie eine Künstlerin getroffen, die solche verdammt guten Texte schreiben konnte. Ich musste sie haben, also machten wir gleich den Vertrag. Sie ist Etta
James, sie ist Aretha Franklin, sie ist Mahalia Jackson, sie ist Courtney Love …«
    Version drei: Nachdem Beese und Amy sich »informell« getroffen hatten (und Beese dadurch etwaigen Mitbewerbern gegenüber einen Vorsprung besaß), war sie von ihm eingeladen worden, um vor »einer einschüchternden Ansammlung von Label-Bossen« zu singen. Dabei wurde sie von einem Gitarristen begleitet. In einer (weiteren) Amy-Winehouse-Dokumentation mit dem Titel »I Told You I Was Trouble« sagte Beese, er und seine Kollegen wären bei diesem Privatkonzert von ihrer Stimme und ihrer Präsenz geradezu hingerissen gewesen. Alle hätten das Gefühl gehabt, Amy wäre eine phänomenale Künstlerin, auch wenn sie ihren ganz persönlichen Groove noch finden müsste.
    Die vierte Version schließlich ist wohl die wahrscheinlichste: Danach hatten »die beiden Nicks« früh Wind davon bekommen, dass der Island-Records-Boss an Amy interessiert war. Daraufhin wurden von »Brilliant 19« im Sommer 2002 mit Stefan Skarbek und Matt Rowe zwei junge Songwriter engagiert (gelegentlich stieß der Producer Felix Howard dazu), die gemeinsam mit Amy weiteres Songmaterial aufnehmen sollten. Denn ihr Management wollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eine Richtung vorgeben, in die das geplante Debütalbum ungefähr gehen sollte. Mehr brauchbare Songs würden auch die zukünftige Verhandlungsposition stärken. Es war schließlich eine Pokerpartie, wobei Godwyn und Shymansky nicht nur einen Mitspieler (Island Records) an den Tisch bekommen wollten, sondern so viele wie möglich, die sich dann im besten Fall gegenseitig überbieten würden. Dafür
benötigte »Brilliant 19« natürlich auch ein verdammt starkes Blatt: Amy in Hochform.
    Für dieses Trio (und manchmal für das Quartett) wurde ein Tonstudio in den Londoner Mayfair-Studios gebucht, auf unbegrenzte Zeit. Nicht zuletzt war dies auch ein elegantes und psychologisch geschicktes Manöver ihres Managements, indirekt den Druck auf seine hypersensible Künstlerin zu erhöhen, indem es plötzlich eine Menge Geld in die Hand nahm.
    Amy konnte sich selbstverständlich denken, was das hieß, doch sie begegnete dieser neuen, aufregenden Situation auf ihre Weise – mit dem für sie typischen Eigensinn: Sie lenkte sich ab, begann

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