Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
»auf so eigentümliche Art« benutzen … oder »meines Wissens«. Er hatte nicht einen einzigen Freund, der jemals »meines Wissens« gesagt hätte. Alle sagten einfach »soweit ich weiß«. Und wenn er wirklich mal so etwas wie »meines Wissens« hörte, dann kam ihm das instinktiv komisch und gekünstelt vor.
    »Egal«, sagte Ghislaine. »Ich musste Ihnen das alles er zählen, weil es entscheidend damit zu tun hat, was auf der de Forest passiert ist. Mein Bruder war dabei, als das passiert ist.«
    » Was passiert ist? — als der Lehrer diesen Jungen niedergeschlagen hat?«
    »Als er angeblich diesen ›Jungen‹ zu Boden geschlagen hat, ja. Dieser ›Junge‹ ist ein großer, ziemlich harter haitianischer Bursche, er heißt François Dubois. Er ist der Anführer einer Gang oder so. Die Jungen haben alle Angst vor ihm … und ich fürchte, zu ›alle‹ gehört auch mein Bruder. Ich bin sicher, dass es genau andersherum war. Der Lehrer, Mr. Estevez, ist ein großer Mann, aber ich bin sicher, dass Dubois ihn niedergeschlagen hat … und um das zu vertuschen, hat Dubois die anderen Jungen unter Druck gesetzt, damit sie der Polizei erzählen, alles hätte damit angefangen, dass Mr. Estevez ihn niedergeschlagen hat. Und mein armer Bruder gibt sich dafür her. Philippe versucht verzweifelt, von den harten Burschen anerkannt zu werden … Dieser Dubois hat Philippe und noch vier andere Jungen dazu gezwungen, ihn bei der Polizei zu decken. Alle anderen aus der Klasse sagen, sie wüssten nicht, was passiert ist, sie hätten nichts gesehen. So haben sie sich aus der Sache herausgewunden. So brauchen sie vor der Polizei nicht zu lügen und erregen auch nicht den Zorn von Dubois und seiner Gang.« Den Zorn erregen. »Ein Lehrer schlägt einen Schüler — das ist heutzutage eine ernste Angelegenheit. Kein einziger Schüler, nicht einer sagt aus, dass Dubois den Lehrer geschlagen hat. Mr. Estevez hat also nicht mal einen Zeugen, der für ihn aussagt, und Dubois hat vier oder fünf. Und dann wird Mr. Estevez von der Polizei aus dem Schulgebäude geführt. Die Hände auf dem Rücken, in Handschellen.«
    »Und was hat Philippe gesagt, was passiert ist?«
    »Darüber wollte er weder mit mir noch mit meinem Vater reden. Er sagt, er hat nichts gesehen, und er will nicht drüber reden. Ich wusste sofort, dass da was im Busch ist. Ich meine, wenn in der Schule irgendwas Spektakuläres passiert — oder auch nur irgendwas annähernd Spektakuläres — dann sprudelt das aus einem Jungen doch nur so heraus. Wir haben nur aus ihm herausgekriegt, dass alles damit angefangen hat, dass dieser Dubois zu Mr. Estevez irgendwas auf Kreolisch gesagt hat und dass alle Haitianer in der Klasse angefangen haben zu lachen. Mr. Estevez —«
    »Moment, Moment«, sagte Nestor. »Er redet nicht mit Ihnen — woher wissen Sie dann, dass dieser Dubois ihn und die vier anderen Jungs dazu angestiftet hat, für ihn zu lügen?«
    »Mein Vater und ich haben ein Gespräch belauscht, das er auf Kreolisch mit einem Jungen aus seiner Klasse geführt hat, Antoine, einer aus Dubois’ Gang. Sie wussten nicht, dass wir im Haus sind. Ich verstehe kein Kreolisch, aber mein Vater hat gesagt, dass sie über die anderen vier gesprochen haben.«
    »Wer sind die vier?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Ghislaine. »Ein paar andere Jungs aus ihrer Klasse. Ich kenne keinen von denen. Sie haben nur die Vornamen genannt …«
    »Erinnern Sie sich an die Vornamen?«
    »Einen weiß ich noch, weil er englisch war … ›Fat Louis‹.«
    »Und die anderen drei?«
    »Hmm, ich glaube, einer hieß Patrice. Ja, und die beiden anderen … die fingen mit H an … So viel weiß ich noch … hmmm … Hervé und Honoré! … Genau, Hervé und Honoré.«
    Nestor zog Notizblock und Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und notierte sich die Namen.
    »Was wollen Sie jetzt machen?«
    »Weiß ich noch nicht genau«, sagte Nestor. »Aber ich habe eine Idee.«
    Ghislaine senkte den Blick und verschränkte ihre Finger. »Verstehen Sie jetzt, warum ich mit der Polizei nicht darüber sprechen wollte? Soweit ich weiß, sind Sie verpflichtet, diese Informationen weiterzugeben, und vielleicht reicht das ja schon, um Philippe in Schwierigkeiten zu bringen.«
    Nestor fing an zu lachen. »Selbst wenn ich mich jetzt als knallharter Bulle entpuppen sollte, Ihrem Bruder droht im Augenblick keine Gefahr. Erstens geht das, was Sie mir gerade erzählt haben, nicht mal als Hörensagen durch. Was ich habe, sind die

Weitere Kostenlose Bücher