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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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farbenprächtige Blumen wie Fuchsien, Lavendel, gelbe Schwertlilien und hellrote Petunien … Nette Gegend! Er war im Nordosten Miamis, der sogenannten Upper East Side … wo jede Menge bessergestellte Latinos und Anglos wohnten — übrigens auch jede Menge schwule Latinos und Anglos. Direkt angrenzend im Westen, auf der anderen Seite des Biscayne Boulevard, lagen Little Italy, Liberty City, Little River, Buena Vista, Brownsville … Nestor konnte sich vorstellen, dass die Latinos und Anglos der Upper East Side Gott jeden Tag für den Biscayne Boulevard dankten, der sie von dem Ödland auf der anderen Seite abschirmte.
    »Sie haben Ihr Ziel erreicht«, sagte die unsichtbare Königin der magischen GPS -Sphäre.
    Nestor hielt am Straßenrand und schaute nach rechts. ::::::Was ist das? Hier … wohnt Ghislaines Familie?!:::::: Er hatte noch nie so ein Haus gesehen … Es hatte ein Flachdach, von dem man nur den Rand sehen konnte … weiße Stuckwände mit zwei schmalen schwarzen Streifen, die etwa dreißig Zentimeter unter der Dachkante das ganze Haus umfassten … ein paar Dutzend schmaler Fenster, die eins neben dem anderen einen riesigen Bogen bildeten, der sich von einer Seite des Hauses bis über die Hälfte der Vorderfront erstreckte. Er stand einfach da und gaffte, bis sich die Haustür öffnete und er ihre Stimme hörte.
    »Nestor! Hi! Kommen Sie rein!«
    Das Lächeln auf Ghislaines Gesicht! Die schiere unverhohlene Freude, als sie ihm entgegeneilte! Er wollte einfach stehen bleiben, die Brust aufgepumpt wie die des Prinzen in Schneewittchen, und die Arme ausbreiten, damit sie sich ihm an die Brust werfen konnte! Was für ein Anblick! Ghislaine! — in ihrer langärmeligen Bluse, den kürzer-als-kurzen Shorts, den herrlich langen, nackten Beinen! Erst in letzter Sekunde konnte er sich zurückhalten. ::::::Du bist hier, um Ermittlungen durchzuführen, verdammt, nicht um Weiber aufzureißen. Allerdings, niemand hat mich dazu bevollmächtigt — worum geht es hier eigentlich?::::::
    Sie stand jetzt direkt vor ihm, schaute ihm in die Augen und sagte, »Sie sind zehn Minuten zu früh!« — als sei das das liebevollste Kompliment, das eine Frau einem Mann machen konnte. Er war sprachlos.
    Zu seiner Verwunderung nahm sie seine Hand — allerdings nicht, um sie zu halten, sondern nur, um ihn zum Haus zu ziehen. »Na los, gehen wir rein! Möchten Sie einen Eistee?« — und dabei strahlte sie ihn die ganze Zeit lächelnd, mit der reinsten und schutzlosesten Liebe an. So kam es Nestor zumindest vor.
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer, in das durch die vielen Fenster das Licht strömte. Die anderen Wände füllten vom Boden bis zur Decke Bücherregale, die nur unterbrochen wurden von einer Tür und einigen Lücken, in denen drei riesige Werbeplakate hingen, auf denen Männer mit Hüten zu sehen waren, nach den Hüten zu urteilen europäische Plakate, für die sie warben: »Chapeaux-Mossant«, »Manolo Dandy«, »Princeps S.A. Cervo Italia« …
    »Schauen Sie sich ruhig um!«, sagte Ghislaine. Aus ihrer Stimme klang unerklärliche Begeisterung. »Ich hole den Eistee!«
    Als sie mit dem Eistee zurückkam, sagte sie, »Und, wie finden Sie es?«
    »Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte Nestor. »Das ist das … das erstaunlichste Haus, das ich je gesehen habe.« Er hatte erst »eigenartigste« sagen wollen.
    »Alles Daddys Werk«, sagte Ghislaine. Sie verdrehte belustigt die Augen: Tja, was will man machen? »Alles Art déco, innen und außen. Wissen Sie, was Art déco ist?«
    »Nein«, sagte Nestor und schüttelte leicht den Kopf. Wieder so eine Sache, bei der er sich in Ghislaines Gegenwart — hmmmmmnicht gerade unwissend, aber unkultiviert vorkam.
    »Das ist ein französischer Designstil aus den Zwanzigerjahren. Heißt auf Französisch ›Les Arts décoratifs‹. Dass das Französisch ist, bedeutet eine Menge für Daddy. Ich bin sicher, es ist auch der Grund, warum er das Haus überhaupt gekauft hat. Es ist nicht sehr groß und auch nicht gerade eindrucksvoll, aber es ist ein original Art-déco-Haus. Die Sessel hier und der Couchtisch sind authentische Art-déco-Möbel.« Sie deutete auf einen der Sessel und sagte, »Warum setzen wir uns nicht?«
    Sie setzten sich in die Art-déco-Sessel. Sie nippte an dem Tee und sagte, »Allein die Sessel haben Daddy ein Vermögen gekostet. Es ist eins von Daddys zentralen Anliegen« :::::: zentralen Anliegen :::::: »dass Philippe und ich unsere französischen Wurzeln

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