Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
Medizinstudium, ich hatte nicht mal annähernd fünfundzwanzigtausend Dollar für ein ›Kunstwerk‹ übrig. Ich habe praktisch von der Hand in den Mund gelebt. Genauso die acht Jahre als Assistenz- und Krankenhausarzt nach dem Studium. Dann mache ich schließlich meine eigene Praxis auf, fange an ein bisschen Geld zu verdienen und mich freizuschwimmen, und diese Österreicher, die — tja, die waren inzwischen abgegangen wie Raketen! Vor ein paar Jahren ist genau das Gemälde für 25 Millionen verkauft worden. Eine tausendfache Wertsteigerung.«
    Er hielt inne … Der skeptische, zaghafte Blick, mit dem er Magdalena anschaute, schien zu sagen, Ich weiß nicht, ob ich ihr das alles erzählen soll oder nicht. Anscheinend hatte er sich entschieden, Ach was, scheiß drauf, weil er ihr dann alles erzählte.
    »Früher«, sagte er, »da haben die Leute geglaubt, dass alle Ärzte reich sind. Wenn man da wohnte, wo die Ärzte wohnen, dann wusste man, das ist das beste Viertel der Stadt. Das stimmt nicht mehr. Wenn man auf Honorar arbeitet, dann kann man kein echtes Geld machen. Ärzte, Anwälte — wir bekommen Geld für die Zeit, die wir für einen Fall aufwenden, pro Stunde soundso viel. Wie Geigenlehrer oder Schreiner. Wenn du Urlaub machst oder auf die Jagd gehst oder schläfst — kein Honorar. Und jetzt schau dir Leute wie Maurice an. Spielt keine Rolle, ob die schlafen, vor sich hin träumen, Tennis spielen oder eine Kreuzfahrt machen. Oder ob sie das machen, was Maurice normalerweise macht, nämlich in jeder freien Sekunde zumindest mit einem Finger und einem Daumen seinen erigierten Phallus zu bearbeiten, ohne dass er einer seiner Herpespusteln zu nahe kommt. Selbst wenn er das Schlimmste tut, wozu er in seinem Zustand in der Lage ist, seine Firma, American ShowUp, arbeitet Tag und Nacht für ihn weiter. Die liefert Messestände, drehbare Plattformen, Bühnen, Zelte, die Ausrüstung für alles, was man sich vorstellen kann, für Automobilmessen und medizinische Kongresse, aber auch für ganz normale Tagungen. Glaub mir, wenn man so wie Maurice 80 Prozent dieser Branche in den USA kontrolliert, dann bringt das Milliarden. Deshalb braucht man ein Produkt . Deshalb gehe ich dauernd ins Fernsehen. Da geht’s nicht nur um die Publicity. Du musst zugeben, ich mache mich nicht schlecht im Fernsehen. Ich könnte mir vorstellen, auch so eine landesweite Sendung wie Dr. Phil zu machen. Der sahnt richtig ab damit. Er hat was in der Hand, das er verkaufen kann. Je mehr Sender seine Show übernehmen, desto mehr Geld macht er. Der arbeitet nicht mehr auf Honorar. Der ist jetzt ein Lizenzunternehmen. Der legt sich aufs Ohr oder macht Urlaub in Istanbul, und die ganze Zeit verdient sein Unternehmen weiter Geld. Mir schweben da auch noch einige Ableger vor, Onlinegeschichten wie E-Books, Kindle, so was, sogar Papierbücher — weißt schon … gedruckte.«
    Magdalena war verblüfft, ja schockiert. »Was redest du da, Norman? Du hast eine … eine … Berufung — Du hast etwas, das so viel … so viel wertvoller ist als das, was diese … diese Dr. Phils haben, die sind jetzt Schauspieler im Fernsehen. Ärzte — auch Schwestern — ich erinnere mich gut an den Tag, als ich meine rechte Hand gehoben habe — Ärzte und Schwestern leisten einen Schwur, ihr Leben den Kranken zu widmen. Ich erinnere mich an den Tag, weil ich stolz darauf bin. TV -Ärzte wenden sich vom hippokratischen Eid ab. Sie verschreiben sich dem Geldverdienen und dem Promidasein. Wenn ich an Dr. Phil denke, frage ich mich, was der seinen Kindern erzählt, was er macht? … vorausgesetzt, er hat Kinder.«
    Norman wirkte bedrückt. Vielleicht fühlte er sich sogar schuldig, was gar nicht zu ihm passte — was ganz und gar nicht zu ihm passte. Leise — leise für Norman — sagte er, »Sicher sagt er ihnen, dass er auf diese Weise viel mehr Menschen helfen kann, Menschen überall im Land, Menschen auf der ganzen Welt — vielleicht geht er sogar so weit zu sagen, ›heilen‹, ich helfe nicht nur der ganzen Welt, ich heile sie. Wenn mir meine Eltern das gesagt hätten, als ich sechs oder sieben war, hätte ich ihnen wohl geglaubt … Wie auch immer, du hast recht, Magdalena.« Auch das kam nicht sehr oft bei ihm vor. Vielleicht fühlte er sich tatsächlich schuldig. »Selbst wenn man nur ab und zu ins Fernsehen geht, so wie ich, wird dir das von deinen Kollegen, anderen Ärzten, vorgeworfen. Früher hielt ich das einfach für Neid. Heute bin ich mir nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher