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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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so sicher. Schätze, es hat zum Teil auch mit dieser Ehre zu tun — aber trotzdem sind sie alle Neidhammel.«
    »Verstehst du denn nicht?«, sagte Magdalena. »Es geht um Ehre. Wir machen das nicht für Geld, du und ich. Wir machen es für die Ehre. Da kommt jemand wie Maurice in die Praxis, mit einer Sucht, die nach und nach sein Leben auffrisst. Ein Milliardär — und, ruht er deshalb in sich selbst? Er ist ein Wrack! Letzte Woche auf der Miami Basel habe ich bestimmt hundertmal gesehen, wie er versucht hat, sich zwischen den Beinen zu kratzen, ohne dass es einem auffällt. Er ist mitleiderregend … und völlig abhängig von dir. Was ist mehr wert, sein ganzes Geld oder deine Fähigkeit, Menschen heilen zu können? Er ist da unten und du da oben.« Sie streckte die eine Hand nach unten und hielt die andere etwa einen Meter höher. »Es spielt keine Rolle, wie viel Geld du hast. Du bist Dr. Norman Lewis. Du hast eine Gabe . Verstehst du das nicht?«
    Norman nickte kaum sichtbar, schaute auf den Boden und sagte kein Wort. War das Bescheidenheit angesichts der Tatsache, dass sie ihm gerade eine so große Bedeutung im Leben der Menschen zugeschrieben hatte? Anwandlungen von Bescheidenheit hatte sie bei ihm noch nie bemerkt. Sein Blick war nach unten gerichtet … worauf? Anscheinend auf den Teppichboden. Ein perfekter Teppichboden, praktisch, mit feinem weißem Windowpane-Karo auf waldgrünem Grund. Nicht schlecht … und vielleicht eine Fünf-Sekunden-Betrachtung wert.
    »Worüber denkst du nach, Norman?«
    »Ach … nichts …« Er schaute sie immer noch nicht an, und sie hatte noch nie erlebt, dass seine Stimme so verklungen war wie gerade.
    Ein widerwärtiger Gedanke schlich sich in ihren Kopf. Er war so widerwärtig, dass sie ihn am liebsten sofort wieder vergessen hätte. Maurice hatte pro Woche drei Termine bei Norman, das machte pro Woche fast $3 000 Honorar. Soweit sie das beurteilen konnte, machte Maurice nicht die geringsten Fortschritte, in mancher Hinsicht verschlechterte sich sein Zustand sogar. Seine leprösen Genitalien waren eine Katastrophe — sein Drang, sich Pornos anzuschauen und zu masturbieren, schien mit jeder Woche heftiger zu werden. Die ganze Geschichte war so widerwärtig, dass sie sich weigerte, noch länger darüber nachzudenken. Warum versuchen, Norman zu analysieren? Das ging zu weit. Norman war sicher einer der renommiertesten Psychiater im Land. Wie konnte sie sich anmaßen, seine Motive anzuzweifeln … oder gar sich zu fragen, ob er vielleicht davon profitierte, Maurice einer derart langen Therapie zu unterziehen. Das war das Widerwärtige daran! Wie konnte sie ihrer Fantasie nur so die Zügel schießen lassen? Das würde sie nicht zulassen. Und doch begann sie sich zu fragen, wer aus dieser Arzt-Patient-Beziehung den größeren Nutzen zog. Wie hatte Norman es geschafft, für sein Zigarettenboot einen Liegeplatz in der berühmten Marina auf Fisher Island zu bekommen? … Maurice … Wie hatte er es geschafft, bei dem irren Andrang für die Miami Basel einen der vordersten Plätze in der Warteschlange zu ergattern? Maurice. Wie hatte er es geschafft, von einer der prominentesten Persönlichkeiten der Kunstwelt Miamis, Sergej Koroljow, zu einem Dinner ins Chez Toi eingeladen zu werden? … Weil Sergej auf der Miami Basel gesehen hatte, dass er zu Maurice’ Entourage gehörte … Jeder, der nicht erkannte, dass Norman ein schamloser Trittbrettfahrer war, musste blind sein.
    Sie suchte nach einer Möglichkeit, wie sie Norman auf das Thema ansprechen konnte, ohne dass es zu sehr auffiel. Sie stellte ihm eine ganz simple Frage. »Glaubst du, dass Maurice am Freitagabend auch kommt?«
    Es war, als hätte sie den Schalter umgelegt, der Norman zurück in die Realität beförderte. »Oh ja, sicher! Er hat mich schon darauf angesprochen. Er glaubt, dass Koroljow ein wichtiger neuer Freund von ihm werden könnte. Außerdem ist er ganz vernarrt ins Chez Toi. Und wie! Es hat exakt den Nimbus, den Maurice für sehr wichtig hält. Ich kenne es, es ist genau das, was auf Menschen wie Maurice Eindruck macht.«
    »Nimbus?«, sagte Magdalena.
    »Einen besonderen Ruf, ein gewisses gesellschaftliches Niveau.«
    »Nimbus«, sagte Magdalena mit tonloser Stimme.
    »Die geben eine schwarze Mitgliedskarte aus. Mit der hast du Zutritt in die Cocktail-Lounge im ersten Stock. Ohne lassen sie dich da nicht rein.«
    »Hast du so eine Mitgliedskarte?«
    Norman hielt kurz inne. »Nein … eigentlich nicht. Aber

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