Back to Blood
angriffslustig an, wie er noch nie jemanden in seinem ganzen Leben angeschaut hatte … ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln. Aber Dio hielt dagegen. Er blieb in dem luxuriö sen Ochsenblutleder-und-Mahagoni-Maul seines Monsterdreh stuhls sitzen und starrte kühl zurück. Der Chief wollte die Augäpfel aus Dios Schädel lasern. Aber Dio zuckte nicht mit der Wimper. Keiner von beiden bewegte einen Muskel oder sagte ein Wort. Es war ein klassisches Patt, das zehn Minuten anzudauern schien. Tatsächlich dauerte es kaum zehn Sekunden. Dann drehte sich der Chief um, zeigte Dio sein breites Kreuz und stürmte aus dem Zimmer.
Im Lift nach unten spürte er sein Herz so schnell schlagen wie früher als junger Sportler. In der Lobby begegnete er Bürgern, die keine Ahnung davon hatten, dass er einen Stock höher schockgefrostet und eiskalt abserviert worden war. Hier unten flogen ihm die Hi, Chief! der unschuldigen Seelen entgegen wie immer. Ganz gegen seine Gewohnheit ignorierte er sie, die guten Seelen, seine Fans. Seine Gedanken waren mit etwas vollkommen anderem beschäftigt.
Als er aus dem dümmlich-lächerlichen Pan-American-Stuck-Rathaus trat, fuhr Sergeant Sanchez den großen schwarzen Escalade vor, und der Chief stieg auf der Beifahrerseite ein. Er merkte, dass Sanchez ihn anschaute. So erbittert und erregt hatte er ihn noch nie gesehen.
Sanchez wusste nicht recht, was er sagen sollte, war aber trotzdem neugierig, was passiert war. »Und Chief … ähhh … wie ist es gelaufen?«
Der Chief schaute geradeaus und sagte zwei Worte: »Gar nicht.«
Sanchez brannte die Frage auf der Zunge, » Was gar nicht?« … aber er traute sich nicht, so direkt zu fragen. Also nahm er all seinen Mut zusammen und sagte, »Gar nicht? Gar nicht was, Chief?«
»Gar nicht gut «, sagte der Chief, der weiter geradeaus starrte. Zwei Sekunden später sagte er zu der Windschutzscheibe, »Noch nicht.«
Sanchez erkannte, dass er nicht mit ihm sprach. Er unterhielt sich mit seinem großmächtigen Ich.
Der Chief zog sein iPhone aus der Brusttasche, tippte zweimal auf das Glasdisplay und hob es an sein Ohr. »Cat.« Befehlston, keine Telefonetikette. »Camacho — er soll in mein Büro kommen. Sofort!«
19
Die Hure
Als Magdalena aufwachte, befand sie sich in einem hypnopompischen Zustand. Etwas streichelte sie. Das beunruhigte sie nicht, aber es störte ihre Bemühungen, ganz aus ihrem halb bewussten Zustand aufzutauchen. Als sich dann die streichelnde Hand von ihrem Venushügel über den Bauch bis zum Nippel ihrer linken Brust bewegte, sah sie alles klar vor sich, obwohl ihre Augen noch geschlossen waren. Sie und Sergej lagen nackt in dem riesigen Bett seiner Maisonettewohnung in Sunny Isles — und sie konnte es nicht glauben. Sie konnte nicht glauben, dass ein Mann seines Alters so oft wieder zu Kräften kommen würde, bevor sie schließlich einschliefen. Jetzt öffnete sie die Augen, und sie sah mit dem ersten Blick auf den Spalt zwischen den fast lächerlich pompösen Vorhängen, dass es draußen noch dunkel war. Sie konnten höchstens ein paar Stunden geschlafen haben — aber offensichtlich war er schon wieder bereit. Das Koroljow Museum of Art … Sie war im Bett mit einem berühmten russischen Oligarchen. Todo el mundo wusste, wer er war und wie attraktiv er war. Sein Körper drängte sich an sie, und seine Hand streichelte sie hier … und da … und da und da und da, und sie spürte Verzweiflung. Sie war eine Hure des Koroljow Museum of Art in Gestalt eines Oligarchen, eines Fremden, der Englisch mit schwerem Akzent sprach. Aber dann wurden die Spitzen ihrer Brüste von ganz allein hart. Sie lag in einer Wolke seines himmlischen Eau de Cologne, und die Flut in ihren Lenden schwemmte alle Moral, alle Verzweiflung und alle anderen abstrakten Erwägungen hinweg. Der große wiedererstandene Jockey schwang sich in den Sattel ihres Beckens und ritt ritt ritt, und sie verschlang verschlang verschlang ihn gierig mit ihren Lippen und dem Schlund ihres Beckens — alles ohne ein einziges Wort. Aber dann begann er zu stöhnen und sein Stöhnen mit gelegentlichen, scheinbar gequälten Rufen auf Russisch zu untermalen. Er war erstaunlich. Er schien ewig durchhalten zu können, so lange, bis schließlich gegen ihren Willen Geräusche aus ihrem Mund drangen … »Ah … ah … ahh … ahhh … Ahhhhhhh« … während sie wieder und wieder kam … Als er schließlich neben ihr lag, konnte sie wieder klar denken. Die Uhr auf dem
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